Henstedt-Ulzburg. Die Handballerin des SV Henstedt-Ulzburg setzt eine Familientradition fort, obwohl sie sich schon zweimal das Kreuzband gerissen hat.

Pechvogel und Stehaufmännchen – Handballerin Anna Nowatzki verkörpert beides. Die Drittliga-Spielerin des SV Henstedt-Ulzburg hat bereits eine umfangreiche Krankenakte vorzuweisen. Doch trotz teils heftiger gesundheitlicher Rückschläge hat die 19-Jährige nie darüber nachgedacht, ihrem geliebten Sport adieu zu sagen.

Anfang November gab die sympathische Rückraumspielerin ihr abermaliges Comeback für den SVHU. Und sie hofft, das Verletzungspech nun ein für alle Mal hinter sich gelassen zu haben...

In den Tagen vor Weihnachten herrschte geschäftiges Treiben in der Fleischerei Nowatzki in Henstedt-Ulzburg. Der Familienbetrieb machte guten Umsatz – und konnte sich auf Unterstützung aus den eigenen Reihen verlassen.

Anna Nowatzki, die Tochter von Chefin Stefanie und Enkelin der Firmengründer Hannelore und Hans-Jürgen Nowatzki, packte im elterlichen Betrieb mit an. „Es bringt mir immer wieder Spaß, hier mitzuhelfen, wenn es mein Kalender zulässt“, sagt die angehende Kauffrau für Mediengestaltung, „gerade in der Zeit vor Weihnachten gibt es bei uns traditionell sehr viel zu tun. Ich habe das ja von klein auf so kennengelernt.“

Tradition ist ein Begriff, der in ihrer Familie nicht nur auf die eigene Fleischerei zutrifft. Anfang der 1970er-Jahre gründeten Hannelore und Hans-Jürgen Nowatzki die Handballabteilung des MTV Henstedt, deren Frauenmannschaft stieg bis in die Oberliga auf.

Tochter Stefanie Nowatzki lief einige Jahre später für Holstein Kiel in der 2. Bundesliga auf und war am Ende der aktiven Handballzeit auch für den
SC Kisdorf aktiv. „Dort hat Anna in einer Ballspielgruppe angefangen, sie ist dann mit dem Schritt auf das Gymnasium zur damaligen HSG Henstedt-Ulzburg gewechselt“, erinnert sie sich an die sportlichen Anfänge ihrer Tochter. „Sie ist in die Landesauswahl berufen worden, hat sogar an einer Sichtung für den Bundeskader teilgenommen und später mit der B- und A-Jugend des SVHU in den Finalturnieren um die Deutsche Meisterschaft gespielt.“

Den ersten Rückschlag musste das Handballtalent im August 2016 verkraften. Bei einem Vorbereitungsturnier mit der A-Jugend des SV Henstedt-Ulzburg in Dänemark riss sich Anna Nowatzki das vordere Kreuzband im rechten Knie – die schwere Verletzung war der Beginn einer zweijährigen Leidenszeit.

„Bei der anschließenden Operation sollte eine neue Methode zur Rekons­truktion meines Kreuzbandes durchgeführt werden, aber es hat leider nicht funktioniert wie geplant. Drei Monate später mussten die Bohrlöcher im Knochen noch einmal nachgebessert werden, ehe mir im Februar 2017 bei meiner dritten OP endlich ein neues Band eingesetzt werden konnte.“

Weil die Saison für die dynamische Rückraumspielerin ohnehin gelaufen war und das Abitur im Vordergrund stand, brach die Verbindung zum Handball zunächst ab. Im Herbst wurde sie von Frank Hamann, dem damaligen Co-Trainer des Drittliga-Teams, zum Training der Frauenmannschaft eingeladen. „Darüber habe ich mich damals riesig gefreut“, erinnert sich Anna Nowatzki an das für sie selbst ein wenig überraschende Comeback.

Die endgültige Rückkehr auf das Spielfeld folgte im Dezember 2017, ehe es Anfang 2018 bereits den nächste Rückschlag gab. „Im Finalturnier um den Landespokals habe ich mir erneut das Kreuzband gerissen – diesmal im linken Knie. Und zwar ausgerechnet in der ersten Partie, in der ich frei aufspielen konnte. Das war besonders hart für mich. Schließlich wusste ich ganz genau, was im Aufbautraining auf mich zukommt. Die Verletzung hat mich damals sehr getroffen.“

Erneut begab sich die Nachwuchshoffnung unter das Messer und hatte in der anschließenden Reha-Phase mit sich selbst zu kämpfen. „Ich lag unmittelbar nach der Operation zwei Wochen lang auf dem Sofa und konnte mich nur mit Gehhilfen bewegen. Da hat man viel Zeit zum Nachdenken, zu viel Zeit.“

Als die SVHU-Handballerinnen im Sommer dieses Jahrs mit der Vorbereitung auf die neue Saison starteten, war Anna Nowatzki dann aber wieder mit dabei – trotz oder gerade wegen ihrer Verletzungshistorie. „Ich wollte anfangs eigentlich nur reinschnuppern und schauen, ob mir Handball überhaupt noch Spaß bringt. Aber schon im zweiten Training hatte ich Blut geleckt und den Sport wieder für mich entdeckt. Ich wusste, das ist mein Ding“, sagt sie.

Ihr Ehrgeiz hilft beim erneuten Comeback

Doch woher nahm sie die Motivation für das erneute Comeback? „Da hat sicherlich auch mein persönlicher Ehrgeiz eine Rolle gespielt. Ich dachte mir: Das kann es doch noch nicht gewesen sein. Ich wollte unbedingt etwas Positives aus der Situation machen. Wenn ich aufgehört hätte, wären die ganzen Anstrengungen zuvor doch nichts wert gewesen.“

Ganz ohne familiären Widerstand, gibt Anna Nowatzki mit einem Schmunzeln zu, sei die abermalige Rückkehr zum Handball aber nicht verlaufen. „Meine Mutter war anfangs dagegen. Auch Oma und Opa waren nicht besonders begeistert, dass ich es noch mal probiert habe. Andererseits bin ich durch sie ja überhaupt erst zum Handball gekommen. Und das treibt mich immer noch an.“