Norderstedt. Verein stellt Zehn-Jahres-Konzept vor. Damenteam soll mindestens in der 2. Liga spielen, Scouting und Kooperationen gestärkt werden.
Bei den Gedanken an den nervenaufreibenden Saisonausklang spiegelt sich im Gesicht von Fußballtrainer Felix Karch immer noch das Anfang Mai gemeinsam mit den B-Juniorinnen des Hamburger SV erlebte Wechselbad der Gefühle wider. „Das waren emotional unglaublich intensive Wochen. Erst die Trauer über den Abstieg, dann die Meldung vom unverhofften Klassenerhalt. Meine Spielerinnen sind vor Freude emotional fast geplatzt. Gleich zweimal, denn dann haben wir ja den Hamburger Amateurpokal gewonnen.“
Der Grund für den zweiten Klassenverbleib in Folge in der Bundesliga Nord/Nordost lag in den Versäumnissen des Konkurrenten Osnabrücker SC begründet. Dessen Verantwortliche hatten den Stichtag für das Einreichen der Lizenzanträge zur Bundesliga nicht eingehalten. Der HSV, mit neun Punkten aus 18 Spielen eigentlich als Neunter in der Zehner-Staffel erster Absteiger, rettete sich. Ziel in der neuen Saison ist nun, so Karch (33), „ganz klar der Klassenerhalt auf sportlichem Weg“. Erneut, so die Botschaft, will man keinesfalls auf den Fehler eines anderen Vereins angewiesen sein, vielmehr aus eigener Kraft weiter an einer schlagkräftigen Truppe basteln.
Dies ist auch das Motto des neuen HSV-Konzeptes zum Mädchen- und Frauenfußball. Auf den Punkt gebracht, hat man sich an der Ulzburger Straße in Norderstedt vorgenommen, wieder eine große Nummer mindestens im norddeutschen Fußball zu werden. Dabei hilft dem Verein ein zweites ungewöhnliches Ereignis. Der Bramfelder SV verzichtete trotz der Meisterschaft in der Regionalliga Nord unter Erfolgstrainer Manuel Alpers (40), der mit seiner Damenmannschaft zudem ebenfalls den Oddset-Pokal holte, auf eine Meldung für die 2. Bundesliga. „Das wurde vom Vorstand dort so ohne Rücksprache mit uns entschieden. Natürlich hat mir das nicht gefallen“, sagt Alpers, der mit den Bramfelderinnen diverse Aufstiege gefeiert hatte.
Die Folge: Aufgrund der Vorkommnisse an der Ellernreihe sprach er mit dem HSV über einen Wechsel. „Natürlich haben wir uns seine Vorstellungen mit großem Interesse angehört“, sagt der aktuelle Trainer der Damen, Christian Kroll (31). Das Ergebnis sind ein neues, von Alpers mitentwickeltes Konzept und eine personelle Rochade. Der bisherige Bramfelder Erfolgscoach übernimmt im Tandem mit Kroll die Damenmannschaft des HSV, die in der abgelaufenen Saison als Zweiter der Oberliga Hamburg den Aufstieg um sechs Punkte verpasst hat. „In der nächsten Saison wollen wir Meister werden und in die Regionalliga aufsteigen“, sagt Alpers.
Mittel- bis langfristig lautet das Ziel, die Damenmannschaft mindestens in die zweite Liga zu führen, den Aufstieg der zweiten Mannschaft zu befördern, die B-Juniorinnen als gutes Fundament in der Bundesliga zu halten und auch in den Leistungsklassen darunter oben mitzumischen. Die Abmeldung des Damenbundesligateams im Jahr 2012 sei kein Thema mehr. „Das war ja vor der Zeit der jetzt aktiven Leute. Wir hören auch auf den Plätzen sehr positives Feedback. Da motiviert uns, den Frauen- und Mädchenfußball beim HSV zu stärken“, sagt Kroll.
Angelegt ist das Konzept auf zehn Jahre. Es enthält Punkte wie „Die Umsetzung eines HSV-Scoutings“ und den „Aufbau eines Kooperationskonzeptes mit Partnervereinen im Süden, Osten und Westen Hamburgs“. Auch der ohnehin schon recht hohe Leistungslevel der Trainer soll noch verbessert werden. „Wir brauchen in jedem Bereich Top-Leute mit den entsprechenden Lizenzen, damit eine Ausbildung der Spielerinnen auf sehr hohem Niveau gewährleistet ist“, sagt Alpers. Gehälter sollen den Spielerinnen weiterhin nicht gezahlt werden. „Davon sind wir weit entfernt, weil das so nicht machbar ist. Aber wir wollen ihnen eine gute Perspektive bieten. Lieber wollen wir Spielerinnen entwickeln als teuer einkaufen“, erklärt Kroll.
Dennoch gibt es die hehren Ziele nicht zum Nulltarif. Der Verein bemüht sich daher auf allen Ebenen, die nötigen Mittel bereitzustellen. So sind zum Beispiel die B-Juniorinnen schon ins Spitzensportkonzept des HSV als „Junior Top Team“ integriert. Dies beinhaltet zum Beispiel eine Förderung bei den Reise- und Fahrtkosten zu den Spielen oder die finanzielle Unterstützung von Trainingslagern. Das Spitzensportkonzept beruht dabei auf den drei Säulen Sponsorengelder, Förderbeiträge und Stiftungsunterstützungen. Weitere Gelder sollen möglichst eingeworben werden.
„Unsere Spielerinnen haben keine Aussicht auf Millionengehälter. Sie sind einfach mit Leidenschaft und Herz dabei, weil sie gerne Fußball spielen. Sie haben jede Förderung verdient“, sagt Karch. Damit es bald auch im Frauenfußball heißt: Der HSV ist wieder da.