Todesfelde. Der 51 Jahre alte Fußball-Lehrer, bis Oktober 2016 Trainer von Eintracht Norderstedt, pendelt bis zu viermal pro Woche nach Flensburg.
Es war eine Rückkehr in die Vergangenheit. Nicht zu den Wurzeln seiner sportlichen Karriere, wohl aber zu einer früheren Wirkungsstätte. Als Thomas Seeliger mit der von ihm trainierten zweiten Mannschaft des SC Weiche Flensburg 08 zum Oberliga-Match beim SV Todesfelde (1:1/Torschütze für die Gastgeber: Morten Liebert, 51. Minute) erschien, wurden beim ehemaligen Abwehrspieler von Fortuna Düsseldorf, dem SC Freiburg, VfL Wolfsburg und FC St. Pauli Erinnerungen an die letzte Etappe seiner Karriere als Fußballer wach.
Von 2005 an hatte der 51-Jährige in der Todesfelder Ligamannschaft gekickt, ehe er im Juli 2008 nach einem Kreuzbandriss die aktive Laufbahn beendete. Das Abendblatt sprach mit dem Fußball-Lehrer, der mit Ehefrau Kerstin und den Kindern Cara (8) und Niklas (12) in Norderstedt wohnt.
Herr Seeliger, fast auf den Tag genau vor einem Jahr sind Sie als Coach von Eintracht Norderstedt beurlaubt worden. Wie ist es Ihnen in den vergangenen zwölf Monaten gegangen? Denken Sie noch oft an die alten Zeiten an der Ochsenzoller Straße zurück?
Thomas Seeliger: Es war nicht nur für die Eintracht-Fans, sondern auch für mich eine grandiose Zeit. Nachdem ich Anfang September 2012 den Vertrag in Norderstedt unterschrieben hatte, wusste ich, dass dies kein Garantieschein für immer sein würde. Daher konnte ich ganz gut mit der Situation umgehen, als es Anfang Oktober 2016 plötzlich vorbei war.
Glauben Sie, dass die allgemein zunehmende Schnelllebigkeit im Profi-Fußball auch bei den Amateuren Einzug gehalten hat?
Das ist durchaus so. Früher ging alles ja doch ein wenig familiärer zu. Als sich die Eintracht vor einem Jahr zur Trennung von mir entschloss, hatte die Mannschaft als aktuelle Bilanz drei Siege, drei Unentschieden und vier Niederlagen stehen. Als leistungsorientierter Verein konnten die Norderstedter letzten Endes vielleicht nicht anders handeln.
Wie man hört und liest, ist Leistungsdenken inzwischen ja auch bei Ihrem neuen Verein in Flensburg angesagt.
Wäre dem nicht so, hätte ich auch zu einem Hamburger Oberligaclub gehen können. Ich möchte aber unbedingt für einen Verein mit Perspektive tätig sein, nur das macht für mich Sinn. In Flensburg gibt es einen stattlichen Kader, in dem einerseits Talente für Einsätze in der Regionalliga-Mannschaft aufgebaut werden und im gleichen Atemzug in der Oberliga eine gute Basis vorfinden. Ich arbeite eng mit Regionalliga-Coach Daniel Jurgeleit zusammen.
Machen Sie im Vergleich zur knapp fünfjährigen Ära in Norderstedt neue Erfahrungen im Umgang mit Spielern?
In der Vergangenheit haben Trainer vermutlich eher aus dem Bauch heraus entschieden und etwas weniger zielgerichtet gearbeitet. Das geht heute nicht mehr so. Man muss sich gerade auf die jungen Spieler konzentriert einstellen. Ein Coach sollte sich so verhalten, dass die jüngere Generation ihn als sozialkompetenten Partner ansieht und akzeptiert. Bei Weiche habe ich das Gefühl, dass Trainingsinhalte hervorragend angenommen werden.
Mal ehrlich gefragt: Übersteigen die weiten Fahrten nach Flensburg und zurück nicht das Maß des Zumutbaren?
Es ist tatsächlich nicht ganz ohne, wenn man dreimal die Woche jeweils rund 300 Kilometer hin und zurück im Auto unterwegs ist und außerdem auch noch zu den Oberliga-Punktspielen anreist. Manchmal übernachte ich im Hotel. Ich habe mir das aber alles so ausgesucht, deshalb besteht kein Anlass zum Jammern. Trotzdem denkt man ab und zu schon daran, dass es von der Haustür bis zum Edmund-Plambeck-Stadion nur knapp 400 Meter waren. Kürzer kann ein Weg kaum sein.
Apropos Eintracht: Wie beurteilen Sie den aktuellen Ärger um das Pokalspiel gegen Niendorf und den vom Sportgericht aberkannten Sieg Ihres ehemaligen Clubs? Wird die Verhandlung vor dem Verbandsgericht noch etwas ändern und der Norderstedter Protest Erfolg haben?
Das ist schon eine unerfreuliche, komplizierte Angelegenheit. Auf keinen Fall sollte die Eintracht jetzt in dem schlechten Licht stehen, fahrlässig gehandelt zu haben und den Schwarzen Peter in die Hand bekommen. Der Fehler liegt beim Norddeutschen Fußballverband, der die Spielberechtigung für Philipp Koch nicht richtig kommuniziert hat. Man kann verstehen, dass die Niendorfer Protest einlegten, das Urteil ist nicht unerwartet. Ich plädiere aber für einen fairen Kompromiss. Das Spiel sollte neu angesetzt werden.