Norderstedt. Der 58-Jährige hält als hauptamtlicher Trainer die 160 Mitglieder starke Abteilung des größten Norderstedter Sportvereins zusammen.

Er ist ein Mann wie ein Baum. Seine breiten Schultern deuten an, dass Mohammed Atya etwas mit Basketball zu tun haben muss. Hat er auch, und zwar wie kein anderer bei TuRa Harksheide. Der gebürtige Palästinenser, der seit 1992 in Hamburg wohnt und 1999 die deutsche Staatsangehörigkeit erwarb, hält Spiel- und Trainingsbetrieb im größten Norderstedt Sportverein mit einem enormen Aufwand aufrecht und zusammen. Atya ist seit 2001 hauptamtlicher Trainer bei TuRa und Kenner eines Mannschaftsspiels, dem er zu einem beachtlichen Aufschwung verholfen hat.

Vereinsvorsitzende Andrea Mordhorst, die an der Spitze des knapp 4000 Mitgliedern starken Clubs steht, erinnert sich an die Anfänge: „Mohammed Atya war damals an einer Schul-AG tätig. So lernten wir uns kennen, und eines Tages fragte er mich, ob ich denn nicht den Posten der Pressewartin übernehmen könnte. Wir bräuchten bei TuRa dringend jemanden.“

Nach kurzem Zögern sagte Mordhorst zu, und damit änderte sich einiges in ihrem Leben. In den darauffolgenden Jahren, nachdem zunächst Hans Blunk und später Bernd Albers den Clubvorsitz abgegeben hatten, wurde sie zur Vereinschefin gewählt. Von da ab erfolgte ein reger Informationsaustausch mit dem Mann, der jetzt schon so lange für die Basketballsparte zuständig ist. Andrea Mordhorsts Sohn Eike (24) spielt übrigens im Harksheider Oberliga-Männerteam, wenn auch nicht regelmäßig.

Mohammed Atya (58) hat schwierige, gleichwohl erfolgreiche Zeiten hinter sich. Er wurde in Bagdad geboren, ging 1976 erstmals auf Korbjagd, studierte von 1978 bis 1982 und gehörte zum Kader der irakischen Nationalmannschaft. Er genoss auch damals schon großes Ansehen, war in Bagdad im dortigen Verein für Basketball verantwortlich und wurde zudem als bester Spieler des Landes ausgezeichnet.

„Vom Golfkrieg habe ich zum Glück nichts mehr mitbekommen“, sagt Atya, „die Zeit nach dem Einmarsch der Amerikaner war von Angst und Ungewissheit geprägt.“

Der Basketball-Coach emigrierte nach Dubai, von wo aus er Anfang der 1990er-Jahre schließlich nach Europa aufbrach. Heute lebt er mit der Jordanierin Aida und drei Kindern in Hamburg-Langenhorn.

Vater und zwei Töchter gelten als gut funktionierende Trainer-Gemeinschaft. Mohammed Atya coacht die Männer des TuRa Harksheide, die in der Oberliga aktuell Tabellenfünfter sind, außerdem die U9, U10, U12, U14 und U16. Die älteste Tochter Shams (28) kümmert sich um die weibliche U15 und U17. Tara ist 22 und betreut die männliche U18 sowie das zweite Männerteam. Mohammed Atya hat noch einen kleinen, 16 Monate alten Sohn. Tarek kann’s schon jetzt nicht lassen und probt zu Hause die ersten Würfe.

Harksheides Mr. Basketball, hat keinen leichten Job. Er muss ständig von einer Halle zur anderen pendeln, weil die 160 Basketballer des Vereins für ihre Übungseinheiten kein festes Domizil haben.

Montags trifft sich ein Teil der Aktiven in der Halle des Gymnasiums Harksheide, mittwochs und freitags in der Falkenberghalle sowie an Donnerstagen in der Moorbekhalle. Und an den Wochenenden sind die meisten dann ja sowie unterwegs, um ihre Punktspiele zu bestreiten. Mohammed Atya, der Moslem ist: „Meine Familie bekommt mich eigentlich kaum noch zu Gesicht. Die ständige Hin-und Herfahrerei kostet sehr viel Zeit.“

Clubchefin Mordhorst hofft, dass das Problem mangelnder Hallenkapazitäten in Norderstedt eines Tages entschärft wird – denn dann könnten die Basketballer endlich bessere Bedingungen antreffen. „Seit 2011 ist das Thema Hallenzeiten ausgereizt“, sagt die Vorsitzende, „die Identifikation mit dem Verein leidet damit.“

Der Abriss der maroden Tennishalle des TC am Falkenberg könnte vielleicht ein Ausweg sein, der nicht nur den Basketballern zugute käme. „Eine neue Dreifeldhalle für alle Sportler, das wär’s“, sagt Andrea Mordhorst. Die Basketballer und vor allem Mohammed Atya würden sich darüber freuen.

Da noch nichts entschieden ist, muss dieser aber erst einmal weiter mit dem Status quo leben. Atya sorgt unverdrossen dafür, dass sich auch die hohe Zahl ausländischer Sportler in der Abteilung zurechtfindet. An Trainingsabenden ist das Stimmengewirr vielfältig und vor allem international. Da gehen Spanier und Russen auf Korbjagd, Türken und Franzosen wirbeln durch die Halle. Auch ein junger Syrer gehörte unlängst zum Kader der Männer, er ist inzwischen aber nicht mehr dabei.

Integration, intensive Hilfe für Flüchtlinge, auch seitens der Eltern, sind üblich. „Hier fragt niemand, woher du kommst oder was du kannst. So läuft das hier nicht“, hebt der Trainer hervor.

Seine Schützlinge schätzen und respektieren ihn – und so ist es nicht verwunderlich, dass sich die jungen Spieler nach dem Training von ihrem Boss per Handschlag verabschieden...