Norderstedt. Zur Kickbox-Gala des Norderstedter SV kommen 750 Kampfsportfans. Mit Tom Minners und Tarkan Tatar holen zwei Lokalmatadore den DM-Titel

Gegen 18.30 Uhr füllte sich die Moorbekhalle. 750 Zuschauer wollten in Norderstedts größter überdachter Sportstätte die erste Kickbox-Gala des Norderstedter Sport- und Freizeitvereins erleben. Die Organisatoren um NSV-Geschäftsführer Steffen Liepold und Boxtrainer Axel Bösselmann hatten sich ins Zeug gelegt und die Halle in eine Boxarena umgewandelt. Wo sonst Volleyball und Tischtennis gespielt wird oder Tanzevents stattfinden, war nun alles auf die Allroundkämpfer abgestimmt.

Am frühen Abend ließen es die Hauptakteure des K1-Teams vom Ausrichter NSV – Tarkan Tatar, Felix und Tom Minners sowie Europameister Maurice Lohner – noch ruhig angehen. Während sich im Ring die ersten Nachwuchsfighter duellierten, entspannten die vier Mitglieder des Teams „Day of Destruction“ im Umkleidetrakt der Halle, verbanden sich gegenseitig die Hände und begannen allmählich mit dem Aufwärmtraining.

Den Auftaktkampf des Abends bestritt vor heimischem Publikum Philipp Lohner, der jüngere Bruder des amtierenden Europachampions Maurice Lohner. Der 17-Jährige verkaufte sich in seinem fünften Kampf ausgezeichnet und setzte sich in der Gewichtsklasse bis 71 Kilogramm nach Punkten gegen Philipp Danker (C-Klasse, Förde Fighter) durch.

Axel Bösselmann hatte anschließend einen besonderen Grund zur Freude, denn sein Sohn Vincent, 18, überzeugte in einem weiteren C-Klassekampf bis 64 Kilogramm gegen Özgür Uzzi Arslan (Team Attila). „Vincent hat sich gerade gemacht. Das war super. Ich bin fast ein wenig überrascht, was er da heute abgeliefert hat“, sagte der stolze Vater.

Noch höher ging der Puls bei Coach Bösselmann und DOD-Manager Ralf Stege, als die nächsten beiden Fights anstanden. Tarkan Tatar verteidigte seinen Deutschen Meistertitel im Verband IPTA souverän gegen Ramazan Bakis (Thai Attack) und feierte damit bereits seinen dritten nationalen Titel. „Ich habe schon 2012 und 2014 gewonnen“, sagte der 21-jährige Fuhlsbütteler stolz.

Als dann Tom Minners den Ring in der Moorbekhalle betrat, stieg auch bei Steffen Liepold die Anspannung. „Ich hab die Jungs ja mal beim Handball trainiert. Als Tom gekämpft hat, war ich schon sehr aufgeregt“, sagte Steffen Liepold, der beim Norderstedter SV und heute beim HandballTeam Norderstedt als Übungsleiter tätig ist und die beiden Minners-Zwillinge seit ihrer Jugend kennt.

Tom Minners bekam es im Kampf um den DM-Titel im A-Klassekampf bis 67 Kilogramm mit Talha Yalcin vom Bekir Gym zu tun. „In den ersten zwei Runden war ich zu dicht dran. Dann hat Axel mir gesagt, ich soll weiter weg gehen; das hab ich auch getan“, sagte der 20-Jährige, der wie sein Zwillingsbruder Felix bei der Firma Jungheinrich als Industriemechaniker arbeitet.

Der Kampf um die DM-Krone wurde für Tom Minners zum Triumphzug. In Runde vier wurde der Fight nach technischem K.o. zugunsten des Norderstedters abgebrochen. Minners jubelte über seinen zweiten DM-Sieg und präsentierte den schweren Gürtel anschließend seinen begeisterten Fans.

„Ich habe zuletzt sechsmal pro Woche trainiert und sehr diszipliniert gelebt. Jetzt mache ich erst einmal Sommerpause“, sagte Tom Minners erschöpft aber überglücklich. Mutter Ulla blieb übrigens während des Fights außerhalb der Halle. „Ich bin sehr stolz auf meine Jungs. Aber ich mag mir das nicht anschauen“, sagte sie lachend.

Die beiden letzten Kämpfe des Abends endeten mit Enttäuschungen für die Norderstedter. Felix Minners, der zwei Minuten ältere Bruder von Tom, bekam es im Kampf um die internationale deutsche Meisterschaft WFCA mit dem Tschechen Tigram Movsisyan (Team Sniper) zu tun. Das Duell musste nach vier Runden abgebrochen werden, da der NSVer eine blutende Wunde über dem Auge hatte und nicht weiterkämpfen konnte.

Auch Europameister Maurice Lohner (bis 67 kg) zog im letzten Duell des Abends den Kürzeren. Der 19-Jährige, der sich in den vergangenen zwei Wochen mit einer Erkältung herumplagte, musste sich dem Schweden Youssef Assouik (Siam Athlet Nation) geschlagen geben. „Ich habe wirklich alles gegeben. Jetzt tun mir meine Beine weh“, sagte Maurice Lohner nach fünf extrem harten Runden. Auch Trainer Bösselmann gab anschließend fair zu. „Der Gegner war einfach besser.“

Steffen Liepold zog kurz vor Mitternacht eine erste Bilanz. Die Kosten von rund 22.000 Euro werden wohl über Sponsoren und Zuschauereinnahmen gedeckt. Trotzdem ist Liepold mit der Resonanz auf die NSV-Premiere nicht zufrieden. „Wir haben eine tolle und hochklassige Veranstaltung erlebt, die sehr fair abgelaufen ist. Ein paar mehr Zuschauer und Sponsoren hätten es schon sein können. Es gab keinerlei Probleme, auch nicht abseits des Ringes. Schade nur, dass dieser Sport offensichtlich noch nicht die Akzeptanz hat, die er verdient.“