Henstedt-Ulzburg. Coach Jens Martens geht in seine 13. Saison beim SV Henstedt-Ulzburg. Ziel ist ein Platz im Mittelfeld der Schleswig-Holstein-Liga.

Die Fußballer des SV Henstedt-Ulzburg haben in der Punktrunde 2014/2015 der Schleswig-Holstein-Liga einen furiosen Endspurt hingelegt. Am 22. März, nach der ernüchternden 0:3-Heimniederlage gegen Flensburg 08, schwebte der Aufsteiger noch in akuter Abstiegsgefahr. Dann allerdings schöpfte die Mannschaft ihr Leistungsvermögen nahezu perfekt aus, gewann sechs der letzten zehn Partien und beendete die Saison als Tabellenzehnter – am Ende landete der SVHU sogar noch einen Platz vor dem Hallenmasters-Gewinner TuS Hartenholm.

Vater des Erfolgs ist Trainer Jens Martens, der sich auch durch massive Startprobleme, Verletzungspech sowie personelle Querelen nicht aus der Ruhe bringen ließ. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt lässt der
59 Jahre alte Oberstudienrat die abgelaufene Spielzeit noch einmal Revue passieren und wagt zudem einen Ausblick auf die Serie 2015/2016.

Hamburger Abendblatt: Herr Martens, vor Beginn der Punktrunde 2014/2015 galt der SV Henstedt-Ulzburg als ein sicherer Abstiegskandidat. Am Ende holte Ihre Mannschaft 46 Punkte und musste nicht einmal mehr um den Klassenerhalt zittern. Hat Ihnen der Verein schon einen Vertrag auf Lebenszeit angeboten?

Jens Martens: Nein, ich habe einen Kontrakt bis 2016. Unsere Entwicklung ist in der Tat bemerkenswert, denn im März und April 2014 war noch nicht einmal sicher, wie es mit dem Leistungssport beim SV Henstedt-Ulzburg weitergeht. Doch dank unserer Sponsoren Heinz Papenhagen und Michael Neu gibt es in der Fußballabteilung mittlerweile ein überzeugendes Konzept.

Sie haben unter anderem die Bundesliga-Fußballfrauen des Hamburger SV, aber auch die Herren von Holstein Kiel trainiert. Beim SVHU sind sie nun schon seit dem 1. Juli 2003 im Amt. Reizt es Sie nicht, noch einmal bei einem anderen Club zu arbeiten? Oder wollen Sie in Henstedt-Ulzburg in Rente gehen?

Martens : Grundsätzlich bin ich für alles offen. Mir ist vor allem wichtig, dass ich so arbeiten kann, wie ich es mir vorstelle, also ziel- und leistungsorientiert. Ich möchte die sportlichen Entscheidungen treffen und brauche beim Training keinen Hütchenaufsteller als Co-Trainer neben mir. Selbstverständlich werde ich die Entwicklung beim SVHU in der kommenden Saison genau beobachten; in der Winterpause müssen wir dann über 2016 reden.

Wie erklären Sie den deutlichen Aufwärtstrend in der zweiten Saisonhälfte?

Martens : Dafür gibt es mehrere Gründe: Der Spielplan war so getaktet, dass wir jeweils am Anfang beider Halbserien gegen starke Teams wie den TSV Schilksee, den Preetzer TSV, Eutin 08 und den SV Todesfelde antreten mussten. Vor allem zu Saisonbeginn war da für uns kaum was zu holen. Aber wir wussten, dass nach der Winterpause schon bald die Gegner auf Augenhöhe kommen würden. In den wichtigen Partien gegen die Konkurrenten im Abstiegskampf hat mein Team eine erstaunliche mentale Stärke und Konzentrationsfähigkeit bewiesen.

Es gab zwischenzeitlich erhebliche Unruhe im Kader. Josip Starcevic, Hakim Alioua, Mahmud Inci, Pierre Hallé, Benoit Kuate Nzuakue, Alexander Gretsov, Nils Niedermeyer und Cesar M’Boma standen aus unterschiedlichen Gründen urplötzlich nicht mehr zur Verfügung, Winter-Neuzugang M’Boma entpuppte sich gar als Totalflop. Haben Sie Fehler im Umgang mit diesen Spielern gemacht?

Martens : Fehler im Umgang mit Spielern kann man nie ganz vermeiden. Aber es war wichtig und richtig, dass sich die Mannschaftsverantwortlichen – damit sind Ligamanager Jens Fischer, der Spielerrat mit André Zick und Nils Großmann und ich gemeint – dazu durchgerungen haben, den Kader zu bereinigen. So ist es gelungen, ein hohes Maß an Geschlossenheit zu erreichen. Stellvertretend für alle anderen möchte ich an dieser Stelle Fin und Lasse Drews, Daniel Ahlers und Helge Schröter nennen. Das sind vier Jungs, die aus der Kreisliga gekommen sind und einen richtig guten Job gemacht haben.

Was sind die wichtigsten Lehren aus der abgelaufenen Spielzeit?

Martens : Dass man als Trainer auf der mittleren Leistungsebene nicht zu lange zögern darf, sich von individueller Qualität zu trennen, wenn die Chemie zwischen den Beteiligten nicht stimmt.

Ein ganz wichtiger Akteur in ihrem Team ist Mittelfeldspieler Maciej Kwiatkowski, der im September 2014 von Eintracht Norderstedt auf den Rhen kam und wohl einer der besten Sechser der SH-Liga ist. Bleibt er?

Martens : Er hat ein Angebot vom Verein und Bedenkzeit bis zum 15. Juni erhalten. Ich würde Maciej gern behalten, weiß aber auch, dass er in die Regionalliga möchte. Wir können ihm weder die Spielklasse noch das Geld bieten, das er sich wünscht, suchen dafür aber nach einer Möglichkeit, ihm und seiner Frau eine berufliche Perspektive zu bieten.

Der Torjäger des Teams, Ihr Sohn Jannick, hat seinen Vertrag verlängert. Außerdem kehrt der regionalligaerfahrene Defensiv-Allrounder Jan Kaetow zum SV Henstedt-Ulzburg zurück. Sind weitere Neuverpflichtungen geplant, und auf welchen Positionen besteht der größte Handlungsbedarf?

Martens : Unsere Planungen sind noch nicht abgeschlossen, zumal es mit Stürmer Mariusz Zmijak noch einen zweiten Wackelkandidaten gibt. Ich hätte gern noch Spieler für die Außenbahnen und den Angriff.

Mit Keeper Janik Flint und Stürmer
Timo Novak verlassen zwei hoffnungsvolle A-Jugendliche den Verein. Kann es sich der SVHU leisten, solche Talente ziehen zu lassen? Und wie wollen Sie dies künftig verhindern?

Martens : Mit Janik hatten wir gute Gespräche. Er wechselt zu TuRa Harksheide, weil er meint, keine Chance gegen unseren Stammkeeper André Zick zu haben und bei TuRa die größeren Spielchancen für sich sieht. Timo wird sich zusammen mit Taylan Güvenir und Leon Neumann den Regionalliga-A-Junioren von Eintracht Norderstedt anschließen. Ich kann diese Entscheidung nachvollziehen, da können wir als SVHU nichts machen. Dessen ungeachtet funktioniert die Zusammenarbeit mit der Eintracht, insbesondere mit Vereinspräsident Reenald Koch, vorzüglich. Mehrere Spieler sind ja auch schon den umgekehrten Weg gegangen.

Der frühere Ligamanager Oliver Wegmann hatte die Regionalliga als sportliches Ziel für den SVHU ausgegeben. War das realistisch oder nur ein schöner Traum? Und wohin soll die Reise der Fußballer mittelfristig gehen?

Martens : Er hatte 2007 eine Vision, das war damals auch in Ordnung.

Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat einmal gesagt: Wer Visionen hat, der muss zum Arzt gehen...

Martens (lacht): Olli Wegmann wollte was bewegen. Mittlerweile haben sich die Grundvoraussetzungen, um in der Regionalliga antreten zu können, massiv verändert. Um dort einigermaßen konkurrenzfähig sein zu können, ist ein Etat von mindestens 500.000 Euro erforderlich. Diese Spielklasse ist für uns stand heute unrealistisch, sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Wir wollen uns in der Schleswig-Holstein-Liga etablieren. Und zum zweiten Teil der Frage: Der Verein muss in der Winterpause 2015/2016 einen klaren Kurs vorgeben, welche Ziele mittelfristig in Henstedt-Ulzburg angestrebt werden. Dabei könnte auch die Gemeinde helfen, indem sie das seit vielen Jahren geplante Leistungszentrum im Ortsteil Henstedt baut.

Mit den Zweitliga-Handballern des
SV Henstedt-Ulzburg und den Zweitliga-Fußballfrauen gibt es im eigenen Club hochkarätige Konkurrenz im Kampf um Sponsoren. Wie können sich da die Schleswig-Holstein-Liga-Fußballer behaupten?

Martens : Das ist nicht mein Thema, aber eine schwierige Gemengelage, die auf Vereinsebene geklärt werden muss.

Wann beginnt beim SV Henstedt-Ulzburg die Vorbereitungsphase auf die kommende Serie?

Martens : Am Montag, 29. Juni.

Und zum Schluss noch ein Tipp: Wo landet ihre Mannschaft in der kommenden Saison?

Martens : Auf einem gesicherten Mittelfeldplatz.