Im ersten Regionalligaspiel des Jahres unterliegt Eintracht Norderstedt auswärts dem VfB Lübeck mit 0:1. Trainer und Team hadern mit der schlechten Chancenverwertung und einer Schiedsrichterentscheidung beim Gegentor.
Lübeck. Trainer Thomas Seeliger lächelte säuerlich. Auch das noch. „Herzlichen Gruß an den SC Norderstedt“, mit dieser historisch etwas überholten Willkommensformel begann die Pressekonferenz nach einem Spiel beim VfB Lübeck, welches für Fußball-Regionalligist Eintracht Norderstedt sowieso ein Trip zum Vergessen gewesen war. Denn es gab ausreichend Gelegenheiten, sich derartig nachhaltig an der Lohmühle zu verewigen, dass der eigene Vereinsname nicht verwechselt worden wäre. So aber mussten sich die Garstedter mit einer Partie arrangieren, die sie in der ersten Halbzeit hätten gewinnen können, nach Ansicht vieler Beobachter sogar müssen, letztlich aber unter umstrittenen Umständen mit 0:1 (0:1) verloren.
„Stefan Richter war in Altona mein Spieler, er ist eben abgezockt“, so beschrieb Seeliger aus seiner Sicht die Entstehung zum Tor des Tages in der 23. Minute. Lübecks Angreifer hatte einen Diagonalball vor dem zögerlichen Eintracht-Verteidiger Clifford Aniteye durch eine schnelle Bewegung sofort mitgenommen und mit einem Flachschuss Keeper Mirko Oest – die etatmäßige Nummer eins Johannes Höcker (Adduktorenprobleme) musste passen – überwunden.
Irgendetwas stimmte allerdings nicht, zumindest protestierte ganz Norderstedt vehement bei Schiedsrichter Eric Müller (Union 60 Bremen). Und dessen Assistent auf der rechten Seite (Allen Chen), so erzählte es nicht nur Thomas Seeliger, signalisierte dem Hauptreferee offenbar tatsächlich, dass Richter bei der Ballannahme regelwidrig den Arm benutzt habe. „Du warst zu weit weg“, soll Müller daraufhin erwidert haben, überstimmte den Kollegen und erkannte den Treffer folglich an.
Eine Stellungnahme zu dieser Schlüsselszene war von den Unparteiischen nicht zu bekommen. Wobei allerdings, und das musste den Verlierern zugute gehalten werden, bei weitem nicht nur die fragwürdige Entstehung des 0:1 kritisch angesprochen wurde. „Wenn wir so fahrlässig mit den Chancen umgehen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir hier als Verlierer vom Platz gehen“, sagte Coach Seeliger. Noch deutlicher formulierte es Kapitän Philipp Koch: „Der Schiedsrichter hatte nicht seinen besten Tag. Aber wir müssen nach der ersten Halbzeit mit 2:0 führen. Lübeck hat da nur einmal auf das gottverdammte Tor geschossen, sie spielen später nicht einmal Fünf-gegen-Eins-Konter aus.“
Yayar Kunath schießt am leeren Lübecker Tor vorbei
Wenn Matchwinner Richter clever war, dann war Norderstedt eben nicht cool genug. Dafür gab es eine Reihe von Beispielen. So wie Gerrit Pressel, der nach drei Minuten frei im Lübecker Strafraum auftauchte, es aber mit einem umständlichen Lupfer versuchte, anstatt mit seinem starken linken Fuß trocken abzuschließen. Der Ball trudelte fast schon in Zeitlupe am langen Pfosten vorbei, der mitgelaufene Jan Lüneburg schmiss sich vergeblich in Richtung Torlinie, um den missglückten Versuch noch zu erreichen.
Den bittersten Fehlschuss leistete sich jedoch Yayar Kunath vier Minuten nach dem 0:1. Deran Toksöz hatte aus 18 Metern stramm abgezogen, VfB-Schlussmann Jonas Toboll zur Seite abprallen lassen. Aus keineswegs spitzem Winkel hätte Kunath nun bloß noch das leere Tor treffen müssen – und zielte daneben. Philipp Koch fehlten schließlich (40.) nur Zentimeter, als er einen 20-Meter-Freistoß an den Innenpfosten zirkelte. Beim Nachschuss behinderten sich mehrere Norderstedter gegenseitig, sodass ein Lübecker klären konnte.
Derartig gute Chancen würden sich im zweiten Durchgang nicht mehr bieten. Dafür nahm die Kartenflut ihren Lauf. Insgesamt zehn Spieler auf beiden Seiten wurden mit Gelb verwarnt, die Nebengeräusche nahmen zu, das Match war hektisch und zerfahren. Und für Eintrachts Linksverteidiger Jan-Philipp Rose unfreiwillig bereits in der 71. Minute vorbei, als ihn Schiedsrichter Müller für ein Tackling an der eigenen Strafraumgrenze gegen André Senger mit einer Roten Karte in die Kabine schickte.
Jörg Franke, einst Manager sowohl beim VfB als auch der Eintracht, war nicht der Einzige, der später sagte: „Das war keine Rote Karte, er hat doch sogar den Ball gespielt.“ Ob es nun eine Notbremse oder ein grobes Foulspiel gewesen sein soll, wusste keiner so recht, sodass erst der Bericht des Referees Aufschluss geben wird. Rose war geknickt. „Ich musste da volles Risiko gehen. Aber ich denke, ich habe den Ball getroffen.“ Mit einer Sperre von zwei Begegnungen muss er dennoch nun wohl rechnen.
„Es war nicht unser Tag“, konstatierte Thomas Seeliger daher treffend. Die Hoffnung liegt nun auf dem ersten Heimspiel des Jahres am Mittwoch (19.30 Uhr) gegen Hannover 96 II. Vielleicht dann auch mit dem Debüt von Morike Sako – der Neuzugang fehlte grippekrank, sodass sich Jan Lüneburg als Solist in vorderster Front mit unzähligen Zweikämpfen aufrieb, ohne letztlich in 90 Minuten einen Torschuss abgegeben zu haben.
Eintracht Norderstedt: Oest – Heinemann (63. Kunter), Aniteye, Mandic, Rose – Koch – Kunath (63. Scharkowski), Browarczyk, Toksöz, Pressel (85. Meyer) – Lüneburg.
Tor: 1:0 Stefan Richter (23.).
Rote Karte: Jan-Philipp Rose (Eintracht/71./Notbremse).
Zuschauer: 1217 (Stadion an der Lohmühle).
Die Tabelle der Regionalliga Nord