Der 34 Jahre alte Keeper und promovierte Sozialwissenschaftler soll der Aktion “Schleswig-Holstein kickt fair“ Leben einhauchen.

Norderstedt. Wenn die Fußballer von Eintracht Norderstedt heute mit der Vorbereitung auf die restlichen Punktspiele in der Hamburg-Liga starten und um ihre Stammplätze kämpfen, will Torhüter Tim Cassel seinen Platz räumen und seinen bisherigen Stellvertreter Andre Zick unterstützen. "Wir beide verstehen uns sehr gut", sagt Cassel. Der 34-Jährige hat künftig einfach nicht mehr genug Zeit für den aktiven Fußball. Etwas verkürzt gesagt: Er ist Schleswig-Holsteins neuer Mann für Fairness auf den Fußballplätzen.

Seit dem 2. Januar 2007 steht der promovierte Sozialwissenschaftler hauptamtlich in Diensten des Schleswig-Holsteinischen Fußball-Verbandes (SHFV). Zunächst für zwei Jahre soll er der Aktion "Schleswig-Holstein kickt fair" Leben einhauchen.

"Ich werde jetzt häufig abends unterwegs sein müssen, kann deshalb nicht mehr so regelmäßig am Training teilnehmen", erläutert der frühere Zweitliga-Profi des VfB Lübeck seinen Verzicht auf den Stammplatz. Der Rückzug fällt allerdings nicht schwer, weil die neue Aufgabe mehr als reizvoll ist.

"Ich muss mit den Menschen zusammen vor Ort erarbeiten, wie wir Gewalt oder Rassismus auf den Plätzen zurückdrängen können", beschreibt Cassel sein neues Aufgabengebiet. Ein fertiges Handlungskonzept hat er dafür noch nicht. Aber wenn im April die geplante große Auftaktaktion von "Schleswig-Holstein kickt fair" in Norderstedt über die Bühne gehen wird, sollen die ersten Ansätze schon erkennbar sein.

"Ich mache jetzt Sozialarbeit im Fußball", so Tim Cassel. Dass er sich dafür auch bei Aktionen anderer Landesverbände Ideen holen wird, schließt er nicht aus. "Was Hamburg zum Beispiel mit dem Coolness-Training für junge Fußballer anbietet, ist eine tolle Sache", so der 1,94 Meter große Schlussmann.

Der in Timmendorf bei Malente aufgewachsene Torhüter setzte sich gegen fast 40 weitere Bewerber durch. Ein aus drei Personen bestehendes Gremium des SHFV-Vorstands lud ein Dutzend Kandidaten zu Gesprächen ein und entschied sich dann für den Norderstedter. Einer der Entscheidungsträger war dabei Eintracht-Vizepräsident Eddy Münch, der im SHFV-Vorstand "Beauftragter für soziale Belange" ist. "Tim war der beste Bewerber", so Münch, auch wenn die Entscheidung eine sportliche Schwächung des Norderstedter Teams bedeutet.

Mitentscheidend für die Auswahl Tim Cassels war zum einen die Tatsache, dass sich selbst seine Doktorarbeit mit der sozialen und kulturellen Bedeutung des Fußballs beschäftigt hat. Auch dass er als Aktiver alle Auswahl-Mannschaften Schleswig-Holsteins durchlaufen hat und deshalb über viele Kontakte verfügt, war wichtig. Und dann hat er auch noch Erfahrungen an Förderschulen sammeln können, an denen er Fußballkurse angeboten hat.

Dass er in den nun gut 28 Jahren als Fußballer alle Aspekte seines Sports kennengelernt hat, dürfte ein weiterer Vorteil sein. Sogar zwei Rote Karten hat Cassel gesehen. "Aber nur wegen Notbremsen, nie wegen brutaler Fouls", betont er.