Kiel/Bad Bramstedt. Polarforscher aus Bad Bramstedt stach heute in Kiel mit seinem Haikutter in See. Was die Ziele der abenteuerlichen Fahrt sind

Arved Fuchs konnte es in den letzten Tagen kaum mehr aushalten: Er wollte endlich die Leinen loswerfen und in See stechen. Voller Vorfreude war der Polarforscher und Abenteurer aus Bad Bramstedt für ein erneutes Abenteuer im Dienste der Wissenschaft und für die Erforschung des Klimawandels. Am Dienstag, gegen Mittag, war es dann endlich so weit. Die „Ocean Change 2024“ startete, im Kieler Hafen legten Fuchs und seine zehnköpfige Crew auf dem Haikutter „Dagmar Aaen“ ab. Ihr Ziel im hohen Norden: Die Bäreninsel in der Barentsee,

Die „Ocean Change“-Initiative von Arved Fuchs beschäftigt sich seit 2015 intensiv mit den Veränderungen in den Ozeanen und ihren Auswirkungen auf das Klima und die Küstenlandschaften. Fuchs segelt in diesem Jahr unter der Flagge der Vereinten Nationen: Er ist Botschafter der internationalen UN-Ozeandekade. Damit hat seine Mission weltweite Aufmerksamkeit.

Pünktlich und bei bestem Segelwetter legte die „Dagmar Aaen“ am Dienstag in Kiel ab, wie Fuchs auf Instagram dokumentierte.

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Arved Fuchs: Auf zur Bäreninsel in der Barentsee!

Das Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ von Arved Fuchs liegt 2022 im Hafen von Husavik.
Das Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ von Arved Fuchs liegt 2022 im Hafen von Husavik. © Arved Fuchs Expeditionen | Arved Fuchs Expeditionen

Der Bad Bramstedter und Zeitzeuge des Klimawandels, widmet sein Leben seit über 40 Jahren dem Schutz der Polarregionen und der Ozeane. Mehr als 350.000 Seemeilen hat Fuchs seit 1988 mit seiner „Dagmar Aaen“ auf den Weltmeeren zurückgelegt, 40.000 davon bei der „Ocean Change“-Kampagne im Atlantik und dem Golfstrom.

Der 1931 gebaute Haikutter ist dabei ein sogenanntes Ship of Opportunity (SOOP). Die betagte Dagmar ist vollgestopft mit modernster Technik und ausgestattet mit einem Starlink, um „Big Data“ zu übertragen. Das Schiff dient somit als Hub für meteorologische und ozeanographische Daten. Salzgehalt, CO2-Sättigung und Temperatur des Oberflächenwassers können in Echtzeit 24/7 auf der Plattform beluga.geomar.de nachverfolgt werden. Experten des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und des Institutes für Ostseeforschung Warnemünde werten die Daten für die Wissenschaft aus.

Arved Fuchs steuert zunächst Kristiansand an

Arved Fuchs an seinem Schreibtisch in Bad Bramstedt.
Arved Fuchs an seinem Schreibtisch in Bad Bramstedt. © Wolfgang Klietz | Wolfgang Klietz

Am vergangenen Sonnabend war Arved Fuchs mit seiner Crew auf der „Dagmar Aaen“ vom Heimathafen Flensburg in Richtung Kiel aufgebrochen. In heimischen Gewässern wurden dann wichtige Manöver gefahren und die Crewmitglieder bekamen ihre Sicherheitseinweisung. Nach dem Start am Dienstag in Kiel geht die Reise nun zunächst durch die vertrauten Reviere Kattegatt und Skagerrag in Richtung Norwegen.

Kristiansand ist ein Etappenziel auf der Route. Von dort geht es immer entlang der wunderschönen norwegischen Küste in Richtung Hammerfest. „Das wird unser Sprungbrett zur Bäreninsel“, sagte Arved Fuchs in seinem Podcast, über den er laufend seine Fan-Gemeinde über den Stand der Expedition informiert. 1991 war Fuchs schon einmal auf dem kleinen, unwirtlichen Eiland angelandet.

Bäreninsel: Unwirtlich, kühl und regnerisch

Bilder der Ocean Change 2023. Bei Bornholm werden Messgeräte für den Einsatz bereit gemacht
Bilder der Ocean Change 2023. Bei Bornholm werden Messgeräte für den Einsatz bereit gemacht © Arved Fuchs Expedition | Arved Fuchs Expeditionen

Die Insel liegt inmitten der Barentsee vor Spitzbergen. „Das ist eine notorische Schlechtwetterzone. Es ist sehr wolkenverhangen, es regnet viel. Die Küsten der Insel sind schroff und steil aufragend, man kann kaum anlegen“, sagt Fuchs. Bäreninsel heißt die Insel, weil hier früher tatsächlich regelmäßig die weißen Raubtiere lebten. Doch mittlerweile ist das Geschichte.

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„Das Packeis kommt nicht mehr annähernd in die Nähe der Bäreninsel. Wenn wir dort ankommen, wird es Sommer sein, mit moderaten Temperaturen“, sagt Fuchs. Geplant seien der Besuch einer Wetterstation auf der Insel. Außerdem wollen er und seine Crew sich intensiv mit der Geschichte der Insel auseinandersetzen und die Landschaft studieren.

Ocean Change: Die Öffentlichkeit sensibilisieren

Arved Fuchs bei Seegang auf seinem Fischkutter Damar Aaen. Sie wurde 1931 aus Eiche gebaut und nimmt es auch mit Packeis auf.
Arved Fuchs bei Seegang auf seinem Fischkutter Damar Aaen. Sie wurde 1931 aus Eiche gebaut und nimmt es auch mit Packeis auf. © Arved Fuchs | Arved Fuchs

Das Ziel der „Ocean Change 2024“ sei es, eine möglichst große Öffentlichkeit für den Klimawandel und die gefährdeten Meere und Landschaften zu sensibilisieren. Die High-Tech-Messonden an Bord soll es den Wissenschaftlern ermöglichen, küstennahe und sehr lokale Änderungen aufzuspüren. „Gleichermaßen wird es sehr spannend sein, am Ende der Expedition die Fahrtroute als Ganzes zu betrachten und Verbindungen entlang der Route zu identifizieren“, teilt Fuchs mit.

„Das Meer ist ein Kontinuum – alles steht global mit allem in Verbindung – leider auch die menschgemachten problematischen Einflüsse wie Plastik, Überhitzung, Versauerung oder der Meeresspiegelanstieg“, ergänzt der begleitende Physikalische Ozeanograf Dr. Johannes Karstensen vom GEOMAR in Kiel.

Jedermann kann mit auf die Reise gehen

2022: Auf der Überfahrt nach Norwegen geriet die „Dagmar Aaen“ von Arved Fuchs in schwere See.
2022: Auf der Überfahrt nach Norwegen geriet die „Dagmar Aaen“ von Arved Fuchs in schwere See. © Arved Fuchs Expeditionen | Arved Fuchs Expeditionen

Das Besondere an der „Ocean Change“ ist, dass Fuchs zwar nur zehn freie Kojen an Bord der „Dagmar Aaen“ hat, aber trotzdem Millionen von Menschen mit auf die Reise nehmen kann. Nicht nur, dass Fuchs und seine Crew laufend über TikTok, Instagram, Facebook,Twitter oder Youtube Neuigkeiten verbreiten. Wer will, kann sich quasi in den Klüverbaum der „Dagmar Aaen“ setzen und über die meistens eingeschaltete Live-Cam die gleichen Bilder sehen, die auch Fuchs und seine Crew täglich vor Augen haben.

„Ich kann mich gut noch an früher erinnern: Da warf man die Leinen los und war weg. Um mit der Außenwelt zu kommunizieren, hatte man nur Funk“, erzählt Fuchs in seinem Podcast. „Das hatte auch Vorteile: Man war für sich und auf See. Man konnte sich höchstens bei Radio Norddeich melden und sich für eine Übertragung ins Telefonnetz anmelden.“ Heute sei man omnipräsent, dank Satellitentelefon auch im hintersten Winkel der Erde. „Das führt auch zu kuriosen Situationen: etwa wenn man im Nordatlantik gerade gegen Schlechterwetter und Wellen ankämpft und dann jemand aus dem sonnigen englischen Garten in München aunruft und plaudern möchte. Und gar nicht verstehen kann, dass man gerade so gar nicht kann.“

Arved Fuchs: Rückkehr im September

Doch Fuchs schätzt die moderne, digitale Technik an Bord seiner „Dagmar Aaen“. Denn sie ermöglicht die Kommunikation mit den Hafenbehörden und sonstigen Instanzen zu jeder Zeit. Außerdem kann er die Menschen teilhaben lassen an seinem großen Abenteuer.

Den ganzen Sommer über wird die „Dagmar Aaen“ unterwegs sein auf der 6. Etappe der „Ocean Change“, die Rückkehr ist wetterabhängig für Mitte September geplant. Bereits vormerken kann man sich den 25. und 26. September: Dann wird Arved Fuchs beim Extrem-Wetter-Kongress in Hamburg über die aktuellen Messungen und die fortlaufende Expedition berichten.