Trappenkamp. Ausrangierte Fahrzeuge der Post und DHL warten im Kreis Segeberg auf Liebhaber. Was sich aus den robusten Lasteseln machen lässt.
Gelbe Postautos soweit das Auge reicht. Mitten im Gewerbegebiet von Trappenkamp stehen etwa 30 Fahrzeuge, die das deutsche Postunternehmen nach zehn bis 15 Jahren Dauereinsatz ausrangiert hat. Jedes Wochenende kommen hier Liebhaber dieser knallgelben Postbusse her, um eines der Iveco-Dieselfahrzeuge zu ergattern. „Die meisten bauen sie zu einem kostengünstigen Wohnmobil um“, sagt Michaela Riedmüller, die aus der Faszination für die Postwagen ein Geschäft gemacht hat. Seit 30 Jahren verkauft sie an bundesweit sechs Standorten ihre „Yellow Cars“, wie sie ihr Unternehmen nennt. Etwa 500 Postmobile stehen dort zur Auswahl.
Unter anderem in der Gemeinde Trappenkamp an der A21, ganz im Nordosten des Kreises Segeberg. Jeden Freitag (außer Ostern) macht hier um 11 Uhr Werner Folda aus Bad Zwischenahn bei Oldenburg in Niedersachsen die Tore auf. Der 77-Jährige hat jahrzehntelang als Versicherungsmakler gearbeitet und vermittelt auch europaweite Busreisen. Seit gut einem halben Jahr ist er selbstständiger Verkaufsberater für die gelben Postautos in Trappenkamp.
Wohnmobil, Kurierfahrzeug – das zweite Leben der Postautos
„Ich befinde mich im Unruhestand“, sagt der gesprächige, freundliche Mann, der 28 Jahre lang auch Mittelstürmer beim VfB Oldenburg war. An die Rente denkt er noch lange nicht. „Ich muss immer was um die Ohren haben.“
Gut zwei Dutzend Postautos hat er schon an den Mann und die Frau gebracht. Am letzten Wochenende kam ein Liebhaber eigens aus Berlin angereist, um den früheren Postbus für seinen Kurierdienst einzusetzen, erzählt Folda. Ein anderer Käufer aus Grömitz an der Ostsee will den gelben Kastenwagen zu einem Camper ausbauen und damit in die Ferien fahren.
Gepäcknetze sind noch original erhalten
So wie Uwe Hilmer (67) aus Wuppertal. „Ich wollte schon immer ein Wohnmobil haben“, sagt der leidenschaftliche Campingfreund. Jahrzehntelang habe seine Familie Campingurlaube mit dem Wohnwagen gemacht und sei oft nach Fehmarn gereist. Dorthin werde nun auch die erste Jungfernfahrt mit dem liebevoll umgebauten ehemaligen Postbus im Sommer gehen, erklärt Hilmer. Gelb werde der dann nicht mehr sein. „Ich werde ihn umlackieren.“
Schon ein dreiviertel Jahr bastelt Hilmer an seinem gelben Traumauto. Für 8500 Euro habe er den elf Jahre alten Postbus bei Yellow Cars erworben. 87.000 Kilometer hat der 2,4 Tonnen schwere Diesel-Iveco mit Automatikgetriebe runter. Gut 10.000 Euro und Hunderte Arbeitsstunden hat der gelernte Heizungs- und Sanitär-Installateur im Ruhestand schon in den Umbau investiert. Küche, Betten, Toilette, Waschbecken, Sitzgelegenheiten, Schränke und drehbare Vordersitze. Aktuell behinderten seine Kniebeschwerden den endgültigen Ausbau, sagt Hilmer. „Ich muss nur aufpassen, dass der nicht über 3,5 Tonnen wiegt.“ Das sei die Gewichtshöchstgrenze, um hierzulande als Wohnmobil anerkannt zu werden.
Klimaanlagen in den Bussen fehlen
Die ausrangierten Postbusse eigneten sich so gut als Camper, Foodtrucks für Märkte und Stadtfeste oder Kurierfahrzeuge, weil der Kastenaufbau geräumig sei, erklärt Verkäufer Werner Folda. Allein dieser Aufbau ist 4,30 Meter lang und jeweils etwa zwei Meter breit und hoch. Fast neun Quadratmeter Platz böten sie den Nachnutzern. Die Regale, in denen sich einst die Briefe und Pakete stapelten, seien beim Verkauf noch eingebaut. Ebenso die Trennwand zur Fahrerkabine, die Campingfreunde aber meistens entfernen würden. „Nur eine Klimaanlage gibt es nicht an Bord“, sagt Folda bedauernd. „Die hat die Post ihren Zustellern nicht gegönnt.“
Mit dem 2,3-Liter-Diesel könnten die Postauto-Fans direkt auf dem eingezäunten Gewerbehof eine kleine Probefahrt machen, erklärt der Oldenburger. Die gelben Postbusse hätten alle eine 106 PS starke Maschine mit Dieselantrieb, die so zwischen 70.000 und 150.000 Kilometer auf der Straße waren. Die Motoren seien aber unverwüstlich, sagt Yellow-Car-Chefin Michaela Riedmüller. „Die sind super eingefahren. Wir hatten noch nie Probleme mit den Motoren.“
Das DHL-Logo muss entfernt werden
Vielmehr seien es die Handschuhfächer, Getränkehalter oder kleinere Probleme mit der Elektrik, die sie vor dem Verkauf reparieren müssten. Und natürlich werde jedes Fahrzeug ausgiebig gereinigt von all dem Staub des jahrzehntelangen täglichen Einsatzes für die Kommunikation und Logistik der Bevölkerung. Wer mag, könnte weiter mit der knallgelben Aufmachung fahren, sagt Riedmüller. Nur das Post- oder DHL-Logo müsse entfernt werden. Auf Wunsch würden sie aber auch die Fahrzeuge in anderen Farben lackieren und auch über den TÜV bringen.
In Trappenkamp machen das die Käufer meist selbst. Folda hat eine Liste mit allen Daten der Fahrzeuge, deren Kaufpreis zwischen 9000 und 18.000 Euro je nach Alter, Laufleistung und Zustand schwankt. „Das sind keine Luftpreise“, betont Folda. Für Postauto-Liebhaber gebe es keinen großen Verhandlungsspielraum. „Da ist nur ein ganz bisschen Luft drin. Wir wollen ja seriös bleiben.“
Nächster Verkauf in Trappenkamp am 5. April
Wer an die Industriestraße 18 nach Trappenkamp komme, wisse schon, was er zu erwarten habe, sagt Folda. „Zum Kauf gedrängt oder überredet wird hier keiner. Das muss schon jeder für sich selbst entscheiden.“ Besonders beliebt sei die gute Luftfederung der Postautos vor allem bei den Campingfreunden. Damit stehe das Wohnmobil auf jedem Campingplatz fest und stabil.
Das nächste Mal kommt Werner Folda am Freitag, 5. April, von 11 bis 17 Uhr, sowie Sonnabend, 6. April, von 9 bis 13 Uhr wieder nach Trappenkamp und bringt dort die gelben Postautos unter die Leute, die sie offenbar sehr zu schätzen wissen.