Norderstedt/Braunschweig. Geschäftsmann aus Norderstedt stand erneut vor Gericht: In Niedersachsen hatte er mit einem Komplizen ein Betrugssystem aufgebaut.

Nach dem Urteil war vor dem Urteil: Das Landgericht Göttingen hat einen 62 Jahren alten Norderstedter wegen mehrfachen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Damit wurde der Deutsch-Iraner zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit von der Justiz für schuldig erklärt. Vorangegangen war ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichtes wegen Verstößen gegen Embargorichtlinien bei Geschäften mit dem Iran. Der Deutsch-Iraner verbüße jetzt eine Gesamthaftstrafe von fünf Jahren, sagte Christian Wolters, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig.

Die Ermittlungen begannen im September 2021, als die Wohn- und Geschäftsräume des Mannes in Norderstedt wegen der Iran-Geschäfte nach einem Antrag des Generalbundesanwalts durchsucht worden waren. Im Einsatz waren unter anderem das Bundeskriminalamt und die Zollfahndung. Der Verdacht, der damals im Raum stand: Der Beschuldigte habe mit seinen Geschäften den Iran bei der Entwicklung von Atomwaffen unterstützt. Das Land wird seit Jahren verdächtigt, ein eigenes Programm zum Bau von nuklearen Waffensystemen zu verfolgen.

Noch eine Haftstrafe: Betrüger sitzt fünf Jahre ab

Bei der Durchsuchung wurde der Geschäftsmann verhaftet und befindet sich seitdem in Haft. Die Firma des Mannes hatte ihren Sitz in dem durchsuchten Gebäude in Norderstedt und in einer Filiale in Tiflis (Georgien). Außer seinem Haus durchsuchten die Ermittler elf weitere in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Das in seinem Norderstedter Haus sichergestellte Beweismaterial war so umfangreich, dass die Ermittler nach der Durchsuchung einen Lastwagen der Bundespolizei anforderten, um die Unterlagen und Datenträger abtransportieren zu können. Seit dieser Aktion ist der Norderstedter nicht mehr in Freiheit gewesen.

Der 61-jährige Deutsch-Iraner verkaufte und lieferte nach Überzeugung der Hamburger Richter Laborausrüstung an iranische Stahlwerke ohne die dafür erforderliche Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Dabei habe er knapp 470.000 Euro verdient. Dieses Geld zog das Gericht als sogenannten Tatertrag ein. Die Lieferungen des Angeklagten im Jahr 2020 umfassten zwei Spektrometer und eine Drehschieber-Vakuumpumpe. Weitere Anklagepunkte, wonach die Firma des Beschuldigten auch Material für das iranische Atomprogramm exportierte, bestätigten sich nach Einschätzung des Gerichts nicht.

Erst illegale Geschäfte mit dem Iran, dann in Osterode

Im Hamburger Verfahren habe der nicht vorbestrafte Angeklagte die Vorwürfe und Fehler zugegeben, aber kein vollumfängliches Geständnis abgelegt, wie von seinen Verteidigern behauptet wird. „Wir haben Ihnen Brücken gebaut, über die Sie aber nicht gehen wollten“, sagte die Richterin. Der Angeklagte habe „lamentiert, Beleidigungen ausgesprochen und dem Zoll die Schuld gegeben“. Angeblich habe er erst in der Haft erfahren, dass er für die Ausfuhren eine Genehmigung brauchte.

Bei dem zweiten Verfahren vor dem Landgericht Göttingen ging es um komplexe geschäftliche Aktivitäten des Geschäftsmannes mit einer Firma für Gleitlagertechnologie in Osterode (Niedersachsen). So liefen die verbotenen Geschäfte ab: Der Vertriebsleiter des Osteroder Betriebs leitete Kundenanfragen an das Osteroder Unternehmen und an die Firma des Norderstedters weiter. Im System der Osteroder Firma löschte er die Anfragen.

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Der Deutsch-Iraner in Norderstedt hat sich dann nach Informationen der Staatsanwaltschaft als offizieller Vertriebspartner der Osteroder Firma ausgegeben und behauptet, dort seien direkte Bestellungen nicht möglich. Gemeinsam mit dem Vertriebsleiter habe er dann Angebote für die potenziellen Kunden erstellt. Wenn dieser bestellte, soll der Norderstedter die Ware in Osterode geordert haben, wobei der Vertriebsleiter möglichst niedrige Preise in Rechnung stellte. Den Gewinn sollen sich beide Männer geteilt haben. Der Schaden für das Unternehmen belief sich auf mehr als eine Million Euro.

Das Langericht verurteilte den Norderstedter wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in 83 Fällen sowie Hehlerei in 19 Fällen. Außerdem ordnete das Gericht die Einziehung von 1.406.807,75 Euro an, die der 62-Jährige durch die Taten erwirtschaftet hat. „Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig“, sagte Gerichtssprecherin Mirjam Beckmann.