Wakendorf II/Seth. Nach Dutzenden Zwangsträchtigkeiten des Tieres, entledigte sich der Besitzer des Pferdes. Unerträglich, sagt Sylke Schröder.

Sie haben es wieder getan. Zum achten Mal konnten die engagierten Tierschützer des Vereins „4 Hufe im Glück“ Fohlen, Jährlinge und Zuchtstuten vor der Schlachtung bewahren. „Wir sind überglücklich, 16 Norikern das Leben gerettet zu haben, zumal es lange nicht danach aussah, dass wir überhaupt zur Auktion ins österreichische Maishofen würden reisen können“, sagt die Vereinsvorsitzende Stefanie Grabs-Samuels.

Dort versuchen Züchter jedes Jahr Ende Oktober, „weniger qualitätsvolle“ Fohlen und ausrangierte Zuchtstuten meistbietend loszuwerden – bei vielen fällt der Zuschlag für den Schlachter, der die Tiere in qualvoller Anbindehaltung mästet, bevor sie getötet und zu Salami und Koteletts verarbeitet werden.

Ausrangierte Zuchtstuten werden zu Salami und Koteletts verarbeitet

„Unser Konto war mit rund 30.000 Euro an Klinik- und Tierarztkosten für unsere aktuellen Schützlinge mehr als überstrapaziert“, betont die Tierschützerin. Doch kurzfristig akquirierte Spenden und Sponsoren, die die freigekauften Pferde bis zur weiteren Vermittlung vorfinanzieren, machten die Reise ins Glück für elf Fohlen, zwei Jährlingsstuten und drei ältere Zuchtstuten möglich.

Der sechs Monate junge Hengst Zottel hat bei Vereinsgründerin Stefanie Grabs-Samuels sein Zuhause gefunden. Er hat einen Nabelbruch, der operiert werden muss, sonst droht eine tödliche Darmverschlingung.
Der sechs Monate junge Hengst Zottel hat bei Vereinsgründerin Stefanie Grabs-Samuels sein Zuhause gefunden. Er hat einen Nabelbruch, der operiert werden muss, sonst droht eine tödliche Darmverschlingung. © Claudia Blume | Claudia Blume

Eine davon ist Annsofia, eine 20-jährige, imposante, dunkelbraune Kaltblutstute, die acht Pferdekinder zur Welt gebracht hat und nun aussortiert wurde, weil sie nicht mehr tragend wurde. „Anni“ ist bei Sylke Schröder in Seth untergekommen. Die 52-Jährige hat eine von bundesweit acht Pflegestellen, in denen die Rettungspferde Kraft schöpfen können und aufgepäppelt werden, bevor sie in ihr „Für-immer-Zuhause“ vermittelt werden.

Kita-Erzieherin Sylke Schröder liebt das entspannte Wesen der Noriker

Die Kita-Erzieherin ist von Kindesbeinen an eine Pferdefrau und hat ihr Herz an die „Dicken“ verloren. „Ich liebe ihren kompakten Körperbau mit dem ‚Herzchenhintern‘, ihr entspanntes und ruhiges Wesen. Noriker sind zwar imposant, aber sehr sanft“, schwärmt Sylke Schröder.

Als ihr eigenes Pferd, auch ein Noriker, den sie zum Holzrücken eingefahren hatte, am 1. April starb, war schnell klar: Ohne Pferd geht es nicht. „Ich möchte mich aber finanziell und emotional nicht mehr so eng binden, daher kam die Idee einer Pflegestelle – für mich der Glücksfall des Jahrhunderts. Ich kann mich intensiv um ein Pferd kümmern und gleichzeitig ‚4 Hufe im Glück‘ helfen.“

Tierarzt- und Schmiedkosten übernimmt der Verein „4 Hufe im Glück“

Für 210 Euro monatlich hat sie extra eine Box in einem Offenstall in Seth angemietet; Tierarzt- und Schmiedkosten übernimmt der Verein.

Zusätzlich unterstützt Sylke Schröder den Verein ein- bis zweimal pro Woche auf dessen Weiden in und um Wakendorf II bei der Versorgung weiterer vierbeiniger Schützlinge. Und sie hat das Sponsoring von dem eineinhalbjährigen Wallach Elegant übernommen, der 2022 gerettet wurde.

„Anni“ hat nun ein schönes Leben ohne Zwangsträchtigkeiten

Mit ihren 20 Jahren war „Anni“ mit der Nummer 175 das älteste Pferd auf der diesjährigen Auktion. „Es kann doch nicht sein, dass ein Besitzer, dessen Zuchtstute ihm fast jährlich ein Fohlen geschenkt hat, sich ihrer so entledigt“, ärgert sich Sylke Schröder, „das Pferd hat doch einen Anspruch auf ein schönes weiteres Leben ohne Zwangsträchtigkeiten.“

Als „Anni“ vor zwei Wochen mitten in der Nacht, nach 16 Stunden Fahrt, um 23.30 Uhr etwas steif aus dem Transporter stieg, hatte sie vor allem eines: Hunger. „Mit großem Appetit stürzte sie sich auf das Heu und inspizierte dann den Paddock“, erzählt die „Pflege-Mama“. Schon am nächsten Morgen wurde sie von „Anni“ mit einem fröhlichen Brummeln begrüßt – „da ging mir sofort das Herz auf und ich wusste, dass ich alles richtig gemacht hatte“.

Der Verein „4 Hufe im Glück“ freut sich über jede Unterstützung

Die Stute ist den Menschen zugewandt, aber auch vorsichtig, noch machen ihr einige Geräusche Angst. „Ich möchte ‚Anni‘ gut auf die kommende Reise in ihr endgültiges Zuhause vorbereiten und zeigen, was die Welt zu bieten hat.“ Dafür kommt Sylke Schröder morgens vor dem Job und abends vorbei. „Wir werden, nachdem sie sich eingewöhnt hat, spazieren gehen und auf unserem Reitplatz vielleicht Equikinetik – eine Art Pferdegymnastik – machen. Da sie geritten und gefahren sein soll, werde ich sie vielleicht anschirren, falls es ihr gefällt. Wenn nicht, möchte ich einfach nur mit ihr zusammen sein.“

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Ein wenig Bauchschmerzen hat Sylke Schröder jetzt schon vor dem Tag des Abschieds. „Als Pflegestelle auf Zeit muss man versuchen, emotional Abstand zu halten, um vermitteln zu wollen – mal schauen, ob ich das kann.“

Der Verein freut sich über jede Unterstützung. Infos zu Vermittlungspferden, Pflegestellen und Spendenmöglichkeiten unter www.4hufeimglueck.com.