Norderstedt. Das Motto des ersten Stadtschreibers: „Ich will Norderstedt!“ Was Huug van’t Hoff in den kommenden vier Monaten alles vorhat.
Aus dem Tiny House wird nichts. Dafür bekommt Huug van’t Hoff einen Strandkorb – mit Klingel. Damit ihn die Norderstedter zum Gespräch herbeirufen können. Der Strandkorb steht hinter dem Kulturwerk und dem Musikschul-Kubus. In dem hat die Stadt Norderstedt ihrem ersten Stadtschreiber ein Schreib-Atelier eingerichtet. Mit weitem Blick auf den Stadtparksee. Wie berichtet, wird aus dem Wohnen im Tiny House nichts, weil die Stadt keine Genehmigung für das Aufstellen der Mini-Hütte eingeholt hat.
Statt im Tiny House zu wohnen, zieht Huug van’t Hoff deshalb jetzt in eine Wohnung in Norderstedts Ortsteil Glashütte. „Der Bauwagen war der letzte Impuls, sich als Stadtschreiber zu bewerben, aber eine Wohnung ist auch schön und viel feudaler“, sagte Huug van’t Hoff bei seiner ersten Präsentationsrunde in der Rathaus-Bücherei. Dort stellten ihn Norderstedts Kulturdezernentin Katrin Schmieder und Bücherei-Leiterin Leonie Hintz vor, die beide in der Stadtscheiber-Jury saßen.
Norderstedt: Strandkorb mit Klingel – so erreichen Sie den Stadtschreiber
„Nach dem Foto-Projekt im vergangenen Jahr, bei dem wir Fotos in der Stadt aufgehängt haben, wollten wir ein Literatur-Projekt starten“, sagte Schmieder. „Wir wollten jemanden einladen, der Norderstedt kennenlernen und literarisch verarbeiten möchte“, ergänzte Leonie Hintz.
Huug van’t Hoff habe sich für das viermonatige, mit 1500 Euro pro Monat dotierte Stadtschreiber-Stipendium umfangreich beworben, darunter mit einem Auszug aus seinem neusten Roman „Elbaufwärts fließt bei Ebbe die Ruhr in die Spree“, der im Juli erscheint, und einem überzeugenden Motivationsschreiben: „Aus langjähriger Erfahrung als Veranstalter weiß ich, die ,normalen Sachen’ wie Lesungen und Open-Air-Theater etc. genauso durchzuspinnen und bei sinnvoller Spinnerei rasch umzusetzen, wie die manchmal auf den ersten Blick abwegig erscheinenden... Es klopft ein Schriftsteller an die Tür der Stadt. Ich würde mich riesig freuen, eintreten und für vier Monate bleiben zu dürfen.“
Norderstedts erster Stadtschreiber ist gelernter Buchhändler
In der Stadtbücherei las er das Motivationsschreiben noch einmal vor und auch Teile wie eine Szene aus einem Ruhrpott-Biergarten seines neusten Romans mit Sätzen wie „Für Wasserleichen gibt es keinen Finderlohn mehr“ und weitere skurrile Überraschungen. „Es gibt diverse Figuren, die mich begleiten, und ich denke, alle Autoren schöpfen aus sich selbst“, sagte van’t Hoff.
Norderstedts erster Stadtschreiber ist gelernter Buchhändler, seit elf Jahren freiberuflicher Autor und schreibt Romane, Kurzgeschichten, Dreh- und Theaterbücher. „Ich habe wahnsinnig viel gemacht, darunter diverse Veranstaltungen, beispielsweise Theater in Hamburg“, sagte der gebürtige Nordfriese, der bei Kiel aufgewachsen ist, aber in Essen wohnt. Nun also vier Monate Norderstedt – eine Premiere sowohl für die Stadt als auch für den Autor. Der entwarf gleich einen neuen Slogan für die Stadt: „Ich will Norderstedt!“
Der Stadtschreiber will die Norderstedter kennenlernen
Er will sich mit den Bürgerinnen und Bürgern austauschen und ist für alle Fragen und Wünsche offen, ebenso für Einladungen. „Daher die Klingel am Strandkorb, damit Sie mich stets finden können, denn mir ist es wichtig, Menschen kennenzulernen, eingeladen zu werden, und ich freu mich über jeden, der vorbeikommt“, sagte der Mann, der sich als „Friesisch-Holsteiner Bauerssohn“ bezeichnet und bekannte, dass sein Kopf nach den ersten 24 Stunden in Norderstedt die ganze Zeit rattern würde.
Was aus seiner Stadtschreiber-Zeit werden würde, sei indes schwierig zu sagen, es werde sich aber „Literarisches entwickeln“. Zudem würde er ein „Literarisches Arbeitstagebuch“ über seine Zeit in Norderstedt schreiben, und forderte die Norderstedter gleichzeitig auf, für den Begriff „Arbeitstagebuch“ einen neuen Titel zu finden.
Huug van’t Hoff hat schon Autoren und Autorinnen nach Norderstedt eingeladen
Sein Plan sei es auch, alle 14 Tage bis drei Wochen unter dem Titel „Der Stadtschreiber lädt ein“ über seine Arbeit zu informieren, und beispielsweise neue Kurzgeschichten zu lesen. Außerdem wolle er an jedem 15. und 30. eines Monats Autorinnen und Autoren aus ganz Deutschland nach Norderstedt für Lesungen holen: „Einige haben schon zugesagt, von Wien bis Bad Segeberg.“
Eines aber mache er auf keinen Fall: Gedichte schreiben. Prompt erhielt er aus dem Publikum die Einladung zu einem Lyrik-Kursus der Norderstedter Schreibwerkstatt und nahm diese auch sofort an. Für Begeisterung sorgte Norderstedts Hobby-Historiker Gerd Meincke, als er Huug van’t Hoff das Nachschlagwerk „Norderstedt Spiegel von 1949 bis 1989“ aus dem ehemaligen Verlagshaus Meincke überreichte.
Norderstedt: Stadtschreiber ist per Klingel und E-Mail erreichbar
Spontan umarmte Norderstedts erster Stadtschreiber Norderstedts Hobby-Historiker, und damit haben sich schon mal zwei gleichtickende Seelen getroffen. Man darf gespannt sein, was sich aus dem viermonatigen Stadtschreiber-Stipendium entwickelt.
Unter www.norderstedt.de/stadtschreiber kann man Huug van’t Hoffs Aktivitäten und Veranstaltungen lesen. Unter stadtschreiber@norderstedt.de ist er jederzeit per E-Mail erreichbar.