Norderstedt. Norderstedter Autorin Angelika Waitschies veröffentlicht vierten Nordsee-Krimi. Warum ihre Bücher so erfolgreich sind.
Da tun sich Abgründe auf: Am weitläufigen Strand von St. Peter-Ording werden Teile einer weiblichen Leiche angeschwemmt. Woher kommen die? Was verbirgt sich dahinter? Wer mehr darüber erfahren möchte, sollte in die Buchhandlung gehen und sich den neuen Kriminalroman der Norderstedter Autorin Svea Jensen kaufen: „Nord West Schuld – Ein Fall für die Soko St. Peter-Ording“ heißt der Krimi, der die kleine, aber bisweilen gar nicht so idyllische Welt eines beliebten Küstenortes beschreibt.
Svea Jensen, die in Wirklichkeit Angelika Waitschies heißt und als Rentnerin in Norderstedt lebt, ist eine fleißige Autorin: Jedes Jahr ein neuer Kriminalroman, der im renommierten Verlag HarperCollins, dem zweitgrößten der Welt, erscheint. Wie schafft sie sie es, in einem immer gleichbleibenden Tempo Bücher zu schreiben, die alle ungefähr 400 Seiten dick sind?
Kriminalroman: Alarm bei der Soko St. Peter-Ording – Leichenteile am Strand!
Die 68 Jahre alte Autorin kennt diese Frage natürlich. Sie wird ihr oft gestellt. Ihre Antwort: Mit dem Schreiben gleich nach dem Frühstück beginnen, keine Ablenkungen zulassen. „Zwei bis zwölf Seiten schaffe ich am Tag.“ Seitdem sie beim NDR in Rente gegangen ist, hat sie zu Hause fleißig weitergearbeitet und so erfolgreich an ihrer zweiten Karriere gebastelt.
Dabei hat sie eine spezielle Schreibtechnik entwickelt. Die verschiedenen Handlungsstränge, in denen zum Beispiel auch das Privatleben der Kommissare beleuchtet wird, sind im Buch geschickt miteinander verknüpft. Beim Schreiben aber geht Angelika Waitschies nicht so sprunghaft vor: Sie gibt den Protagonisten eigene Farben und beendet einen Handlungsstrang, bevor sie den nächsten beginnt. Zumindest das, was die Personen an einem Tag erleben, wird zusammengefasst und später im Manuskript auf dem Laptop gestückelt und gemischt.
Mit Liebesschwüren werden größere Geldmengen ergaunert
Wenn sie nicht schreibt, macht sie Urlaub. Bevorzugt in St. Peter-Ording, dem Schauplatz ihrer Kriminalromane. Und natürlich sind diese Tage dann auch mit Recherchen verbunden, weil in einem Regionalkrimi alles stimmen muss. Leser müssen die Örtlichkeiten nachvollziehen können und, wenn sie Lust haben, mit dem Buch in der Hand durch die Straßen des Ferienortes wandern, um sich die Schauplätze der Handlung genau anzusehen.
Wenn sie nicht schreibt, recherchiert sie aber auch anderweitig. So geht es im neuen Buch „Nord West Schuld“ um Liebesbetrug, auch bekannt unter dem Stichwort Love-Scamming. Das ist eine besonders perfide Methode, mit der Betrüger es häufig schaffen, einsamen Herzen größere Geldmengen abzuluchsen. Da spielen die Sozialen Medien, vor allem Facebook, eine besondere Rolle: Mit Liebesschwüren erobern irgendwelche Menschen die Herzen von Männern und Frauen. Wenn das Vertrauen erst einmal aufgebaut ist, geht es um größere Geldmengen, die überwiesen werden sollen, um der vermeintlich großen Liebe aus irgendeiner finanziellen Patsche zu helfen.
Hinter den Liebes-Gangstern steckt eine nigerianische Hochschulbruderschaft
Das dahinter eine Verbrecher-Mafia aus Nigeria steckt, hat Angelika Weitschies anhand von Gesprächen mit der Polizei und von intensiven Internetrecherchen festgestellt. Wer das Buch lies, erlebt nicht nur einen spannenden Kriminalfall rund um die fiktiven Polizeikommissare Anna Wagner und Hendrik Norberg, sondern erfährt auch erstaunlich viel Wissenswertes über die Methoden der Liebes-Gangster aus Afrika.
Dahinter steckt meist die Bruderschaft der Confraternities in Nigeria, deren Mitglieder eine Universitäts-Ausbildung absolviert haben. Die geheimen Studentengruppen innerhalb des nigerianischen Hochschulsystems sind seit den 1980er-Jahren an Gewalt und organisierter Kriminalität beteiligt. Mit Drogenhandel und Love-Scamming werden sie auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten aktiv.
St. Peter-Ording ist nach Westerland der zweitwichtigste Touristen-Ort an der Nordsee
Leider auch in St. Peter-Ording - zumindest im Roman von Svea Jensen. Dieser Ferienort ist in Wirklichkeit natürlich idyllisch, beschaulich und trotz seiner Weitläufigkeit übersichtlich. Aber er ist nach Westerland die zweitwichtigste Touristenhochburg an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Für den Verlag HarperCollins war es daher naheliegend, hier eine Krimi-Reihe anzusiedeln.
Mit Angelika Waitschies, die vorher schon eine Reihe von Kriminalromanen unter verschiedenen Pseudonymen bei namhaften Verlagen veröffentlicht hatte, verpflichteten sie eine erfahrende Autorin, die zudem auch noch ein großer St. Peter-Ording-Fan ist. Seit 40 Jahren verbringt sie ihre Urlaube in dem Ort, kennt sich bestens aus, ist mit Institutionen und Leuten vertraut.
Die Kriminalromane von Angelika Waitschies sind Bestseller
Der Erfolg gibt dem Verlag recht. Die drei bisherigen Bücher aus der Soko-SPO-Reihe sind Bestseller geworden, werden immer wieder neu aufgelegt und erscheinen auch als Hörbücher. Außerdem sind sie Vorbild für eine Reihe anderer Regionalkrimis, die in Schleswig-Holstein angesiedelt sind.
- Angelika Waitschies auf Tatortsuche
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Weil es so gut läuft, arbeitet Angelika Waitschies im Auftrage des Verlags aktuell an einem anderen Krimiprojekt. Die beiden Kommissare in St. Peter-Ording können eine kleine Verschnaufpause einlegen. „Der nächste St. Peter-Roman soll 2025 erscheinen“, sagt Angelika Waitschies. „Der andere Krimi wird 2024 erscheinen.“
Der aktuelle Kriminalroman von Angelika Waitschies (alias Svea Jensen) kann auch als ein Stück Lebenshilfe betrachtet werden: Wer ihn liest, wird bestimmt keinem Love-Scammer auf den Leim gehen und Gefahr laufen, möglicherweise in Einzelteilen irgendwo am Nordseestrand angespült zu werden. „Ich will die Frauen damit warnen“, sagt die Autorin, die selbst schon von Betrügern angeschrieben wurde.