Norderstedt. Wie die Kameraden der Wehr bei ihrer Jahreshauptversammlung ihrem Ärger Luft machten.
Bei der Stadtteilfeuerwehr in Garstedt wächst offenkundig der Unmut über den nicht voran kommenden Neubau der Wache an der Ochsenzoller Straße 66. Bei der ersten Jahreshauptversammlung der Wehr in Präsenz seit zwei Jahren gab es kritische Töne in Richtung der Stadtverwaltung.
Hintergrund: Die älteste und größte Brandschutzabteilung Norderstedts mit dem weitreichendsten Einsatzgebiet soll als letzte der vier Stadtteil-Wehren eine komplett neue Feuerwache erhalten. Der zuständige Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr hat den Neubau längst beschlossen, für den eigens ein neuer Bebauungsplan aufgesetzt werden musste. Doch der Fortgang der Planung stockt.
Die alte Wache verbraucht viel Geld für die Instandsetzung
Wehrführer Florian Reichelt wurde vor den 47 stimmberechtigten Kameradinnen und Kameraden der Wehr deutlich: „Es ärgert mich zutiefst und ich muss den Finger in die Wunde legen. Wir investieren hier viel Geld in die Instandhaltung. Immer wieder. Dazu sind wir verpflichtet. Das Geld könnten wir aber sinnvoller einsetzen.“ Als Vertreterin der Stadt Norderstedt war Stadtpräsidentin Kathrin Oehme (CDU) erschienen – die befremdet während der Versammlung erfuhr, dass sie die Stadt und die Politik vertreten soll. „Das habe ich zwar erst hier erfahren, aber ich freue mich“, sagte Oehme. Die Stadtpräsidentin hatte vor Reichelts Äußerungen noch argumentiert, Norderstedt würde – was die Feuerwehren anginge – nach dem Motto verfahren: Brauchen Sie etwas, dann sagen Sie es – schon haben Sie es. Die Feuerwehrleute kommentierten dies mit einem deutlichen Raunen.
Die Stadtpräsidentin verspricht ein klärendes Wort
Wehrführer Florian Reichelt betonte, es würde eben nicht alles wie mit einem „Fingerschnipp“ funktionieren. „Insgesamt können wir uns aber nicht beschweren. Aber als Feuerwehrfrauen und -männer sind wir – zumindest was die zeitlichen Abläufe unseres Neubaus angeht – manchmal etwas irritiert.“ Auf Nachfrage wollte sich von den Verantwortlichen am Abend der Jahreshauptversammlung niemand tiefergehend zu dem seit Jahren geplanten Neubau weiter äußern. Es würde ja „vorangehen“, wenn auch langsam. Angeblich läge der aktuellen Verzögerung eine Art Kompetenzgerangel innerhalb der Stadtvertretung zugrunde. Niemand wolle für ein plötzlich in den Planungen neu bewerteten „Waldstreifen“ auf dem Gelände zuständig sein. Stadtpräsidentin Oehme versprach auf Nachfrage des Abendblattes, auf den Hauptausschuss-Vorsitzenden, Peter Holle (CDU) zugehen zu wollen: „Ich werde um eine Erklärung bitten.“
261 Einsätze hat die Wehr 2021 verzeichnet
In seinem Jahresbericht sprach Florian Reichelt über das Einsatzgeschehen 2021: 261 Alarmierungen hatte die Wehr, 35 Einsätze mehr als im Jahr 2020. Es waren 136 Hilfeleistungen, 125 Brände und Feuer. 37 Menschen konnte die Feuerwehr retten: „Leider kam auch für drei Personen unsere Hilfe zu spät“, sagte Reichelt.
Feierlich wurden verdiente Feuerwehrmänner geehrt, die zwischen zehn und vierzig Jahren dabei sind. Wehrführer Reichelt ehrte seinen Vater Werner Reichelt für 60 Jahre ehrenamtliches Engagement. Und dann war da noch der Kamerad Karl „Kalli“ Fiedler. Er trat bereits im September 1950 in die Feuerwehr ein – ist damit seit 70 Jahren Feuerwehrmann.
Eine kleine Revolution gab es am Rande: Statt Grünkohl mit Fleisch satt hatte Wehrführer Reichelt einen Food-Truck nach Garstedt geholt. Für die Feuerwehrleute gab es mexikanische Burritos.