Norderstedt. Einbahnstraße oder Sperrung für den Durchgangsverkehr sind Optionen zwischen Ohechaussee und Ochsenzoller Straße.
Der Hempberg in Norderstedt soll zu einer Fahrradstraße erklärt und entsprechend umgestaltet werden. Die Verbindungsstraße zwischen der Ochsenzoller Straße und der Ohechaussee, in der ohnehin ein Tempolimit von 30 km/h gilt, würde damit noch mehr verkehrsberuhigt werden. Die Anwohner sind informiert und aufgerufen, am Dienstag, 17. Mai, bei einer öffentlichen Anhörung der Stadt dazu ihre Meinung zu sagen. In der Aula der Willy-Brandt-Schule im Lütjenmoor können sie sich dann dazu äußern, ob ihnen für den Autoverkehr eine Einbahnstraßenregelung oder eine komplette Sperrung des Durchgangsverkehrs lieber wäre.
Das Hamburger Abendblatt hat sich dazu schon mal vorab bei den Anwohnern umgehört. Demnach ist das Echo durchaus geteilt. Die meisten scheinen die Fahrradstraßenregelung zu begrüßen. Andere warnen davor, dass schon heute kaum noch öffentliche Parkflächen im Hempberg zur Verfügung stehen würden. Sie fürchten weitere Einschränkungen ihrer Mobilität. Bozena Skalska, die seit einigen Jahren am Hempberg wohnt, sagt: „Das wäre toll. Ich fahre gerne mit dem Fahrrad.“ Auch Elke Burmeister würde die Umgestaltung der Tempo-30-Zone zur Fahrradstraße begrüßen: „Ich fände das gut. Ich fahre ja kein Auto mehr, aber mit dem Fahrrad schon“, sagt die rüstige Rentnerin, die praktisch ein Urgestein in Garstedt ist und seit 85 Jahren hier lebt. Sie sagt: „Die Straße ist einfach zu eng und zu schmal für Autos und Radfahrer. Hier fahren ja viele Schulkinder mit dem Fahrrad entlang.“ Deshalb plädiere sie für eine Einbahnstraße in nord-südlicher Richtung, wie dies auch die Verwaltung in ihrer Ankündigung zur Anhörungsveranstaltung vorschlägt. Auch wenn dann die Anwohner mit ihren motorisierten Fahrzeugen „gekniffen“ wären, weil sie Umwege in Kauf nehmen müssten.
„Dann müsste ich ja von hier aus über Langenhorn zum Herold-Center fahren“, sagt Anwohner Gerhard Zwingelberg etwas überspitzt – er wohnt fast in Steinwurfnähe vom Einkaufszentrum entfernt. Andererseits weiß er, dass viele Autofahrer im Feierabendstau in der Ohechaussee den Hempberg gerne als Schleichweg und Durchgangsstraße nutzen. „Da hält sich kaum einer an Tempo 30. Es ist fast ein Wunder, dass hier noch nichts passiert ist.“ Deshalb würde für Viktor Krimmel eine verkehrsberuhigte Fahrradstraße „durchaus Sinn machen“, sagt der Mann, der hier aufgewachsen ist und die Hälfte seines Lebens verbracht hat. Darum weiß er: „Hier wird oft viel zu schnell gefahren.“
Auch Mario Hoormann, der seit etwa fünf Jahren am Hempberg lebt, hat die vorübergehende Sperrung der Straße wegen Bauarbeiten am Ochsenzoll vor einiger Zeit als sehr entspannend empfunden. „Das war sehr angenehm. Das hat man regelrecht am leiseren Geräuschpegel gemerkt“, sagt der Anwohner, der seine Einkäufe oft mit dem Lastenfahrrad erledigt. Seine Freundin aber fahre schon mit dem Auto, fügt er an.
Etwas im Zwiespalt bei dieser Frage ist auch Ruth Grasemann. Sie selbst und weitere Mitglieder ihrer Familie wohnen am Hempberg, wo sie auch seit vielen Jahren einen Handwerksbetrieb führen. Sie glaubt, dass die Verkehrsberuhigung eher zu spät komme oder nicht mehr nötig sei. Während der langwierigen Bauarbeiten am Ochsenzoll wäre dies viel dringender gewesen, um das Verkehrsaufkommen zu beruhigen. Sie plädierte für einen „Wendehammer am Ende der Straße zur Ohechaussee“, sagt Ruth Grasemann. Auch wenn davon die Zufahrt zu ihrer Firma beeinträchtigt sein könnte.
Die jüngeren Anwohner sprechen sich klipp und klar für eine Fahrradstraße aus. „Dafür sollte es einen Extra-Radweg geben“, fordert Amir Karishi, für den dies der Schulweg ist. Und auch Schülerin Ronja Schmidt fände es „ganz cool“, wenn sie künftig mit ihrem Fahrrad auf einer regulären Fahrradstraße von der Schule nach Hause fahren könnte. Drei junge Fünftklässlerinnen, die das auch gerade tun, unterstützen diese Meinung ebenfalls einmütig.
Richard Tobel allerdings lehnt den Vorschlag ab. „Das wäre schlecht“, sagt der Anwohner, der hier seit 25 Jahren lebt. „Radfahrer haben genügend Möglichkeiten zu fahren. Wo sollen die Leute mit ihren Autos dann hin?“, fragt er. Dann müsste die Stadt ihnen Stellplätze in einer Tiefgarage als Ausgleich zur Verfügung stellen, fordert der Anlieger. Er halte die Fahrrad-Euphorie hierzulande ohnehin für übertrieben. „In Deutschland ist das Wetter dafür doch viel zu schlecht. Hier wird doch nur im Sommer mit dem Fahrrad gefahren.“
Die Stadtverwaltung hat Hinweisschilder im Hempberg aufgestellt, um auf die öffentliche Anhörung am 17. Mai hinzuweisen. Sie will mit der Fahrradstraße die Verkehrsbelastung am Hempberg reduzieren und die Verkehrssicherheit erhöhen. Dabei stünden zwei Varianten zur Diskussion. „Die eine Variante sieht vor, dass der Durchgangsverkehr in der Straße durch eine Absperrung komplett unterbunden wird.“ Somit würde der Kfz-Verkehr deutlich reduziert, was die „Arbeitsgruppe Radverkehr“ empfehle, in der auch die Verkehrsaufsicht und die Polizei vertreten seien.
„Die andere Variante sieht vor, die Straße für den Kraftfahrzeugverkehr in eine Einbahnstraße (Nord-Süd-Richtung) umzuwandeln“, teilt die Verwaltung mit. Die Radfahrer könnten dann aber weiterhin in beide Richtungen durch den Hempberg fahren. Bei beiden Varianten sollen die Parkflächen erhalten bleiben.
„Bereits jetzt ist der Radverkehr in der Straße gemäß erfolgter Verkehrszählungen die vorherrschende Verkehrsart“, stellt die Verwaltung fest und räumt ein: „Derzeit wird die Straße aber auch in beide Richtungen von Kraftfahrzeugen genutzt, was aufgrund von parkenden Autos regelmäßig zu Konfliktsituationen führt.“ Darum solle die Veranstaltung am 17. Mai den Entscheidungsträgern in Verwaltung und Politik „ein Meinungsbild“ geben, „welche Variante den Anliegenden und auch anderweitig Betroffenen sinnvoller erscheint.“
Öffentliche Bürgeranhörung: Hempberg soll Fahrradstraße werden: Welche Gestaltungsvorschläge favorisieren die Anwohner?
Dienstag, 17. Mai, 18.30 Uhr, Aula der Willy-Brandt-Schule im Lütjenmoor 7 in Norderstedt.