Norderstedt. Steffen Rode kaufte ein Reihenendhaus in Norderstedt – das kleiner war als angegeben. Ein Unrecht, dass er nicht auf sich beruhen lassen möchte.

Steffen Rode fühlt sich getäuscht. Er hat ein Reihenendhaus in Norderstedt gekauft und beim Nachmessen festgestellt: Es sind weniger Quadratmeter als angenommen und im Exposé aufgeführt. Doch seine Forderung nach Schadenersatz blieben bei allen Beteiligten des Hauskaufs – Architekt, ehemaliger Eigentümer und Makler – unerfüllt (wir berichteten).

Seine „enttäuschende Erfahrung“ hat Wellen geschlagen, nachdem das Abendblatt darüber berichtete. Nicht nur Kollegen und Freunde hätten sich bei ihm gemeldet. Ein längeres Gespräch habe er auch mit einem Architekten geführt, der, quasi auf der anderen Seite, seit 20 Jahren in einem ähnlichen Fall versuche, Recht zu bekommen.

Rode stellte Strafanzeige wegen Betrugsverdacht

Rode hat noch nicht aufgegeben. Er hat Strafanzeige wegen Betrugsverdachts bei der Polizei gestellt. Inzwischen ermittle die Staatsanwaltschaft Kiel. Offen halten sich der Norderstedter und seine Frau auch die Option, vor Gericht zu gehen: „Hier ist einfach ein Fehler schwarz auf weiß vorhanden, und das wollen wir nicht auf uns beruhen lassen.“ Bei der Kontrolle der Raumgrößen hatte Rode festgestellt, dass die Zahl der Quadratmeter zwar stimmte, nur hatte der Architekt, der das Haus vermessen hatte, die Terrassenfläche als volle Wohnfläche gewertet. „Laut Wohnflächenverordnung darf die Terrasse nur mit einem Faktor von 0,25 in die Berechnung einfließen“, sagt der IT-Berater. Selbst bei „besonderer Beschaffenheit“, die hier aber kaum gegeben sein dürfte, darf die Fläche nur zu 50 Prozent angerechnet werden. Er habe folglich nur 122 statt der angegebenen 147 Quadratmeter gekauft, sagt der Norderstedter.

Steffen Rode kontrolliert mit dem Zollstock: Die Größe der Terrasse stimmt, sie wurde aber voll als Wohnfläche berechnet, was unzulässig ist.
Steffen Rode kontrolliert mit dem Zollstock: Die Größe der Terrasse stimmt, sie wurde aber voll als Wohnfläche berechnet, was unzulässig ist. © Michael Schick

Für ihn war klar: „Wir haben zu viel bezahlt und wurden betrogen. Nach dieser erschreckenden Erkenntnis hat er nun versucht, einen Teil des Kaufpreises von gut 611.000 Euro wiederzubekommen. Einschließlich Nebenkosten stünden ihnen 130.000 Euro zu, hat Steffen Rode ausgerechnet. Also hat er sich aufgemacht, den Schadenersatz einzutreiben – vergeblich.

Der Makler sieht sich nicht in der Verantwortung, er habe die Berechnung nicht geprüft, das müsse er auch nicht, sondern er habe die Unterlagen des Architekten an die Kaufinteressenten weitergegeben. Voreigentümer Alfred Knoth verweigert einen Schadenausgleich und verweist er auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus 2015 (VZR 78/14), wonach die Wohnfläche Teil des notariellen Kaufvertrags sein müsse, um im Nachhinein Schadenersatz verlangen zu können. „Leider haben wir die Quadratmeterzahl nicht in den Kaufvertrag hineingenommen“, sagt Rode, der sich ebenfalls juristischen Rat geholt, einen Anwalt und den Experten der Verbraucherzentrale eingeschaltet hat. Das niederschmetternde Ergebnis: Beide haben die Auffassungen des Maklers und des Verkäufers bestätigt. „Wir müssten dem ehemaligen Eigentümer oder dem Architekten schon arglistige Täuschung nachweisen, und das zu beweisen, ist so gut wie unmöglich“, sagt Rode.

Streit um die Wohnfläche – der Klassiker beim Hauskauf

„Die Wohnfläche ist ein regelmäßiger Streitpunkt. Fragen sie vier Leute, bekommen sie drei Antworten“, sagt Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund in Norderstedt. Da gehe es nicht nur um die exakte Quadratmeterzahl, sondern auch um die Nutzung: Zählt eine Loggia zur Wohnfläche? Und was ist mit Anbauten und Wirtschaftsräumen?

„Deswegen verzichten wir in unseren Mustermietverträgen auch auf eine Quadratmeterzahl, sondern nenen statt dessen die Zahl der Räume“, sagt Wojtkowiak. Wenn einem neuen Eigentümer die exakte Größe so wichtig sei, solle er sie in den Kaufvertrag aufnehmen. Dann habe er auch eine rechtliche Handhabe, wenn die Angaben falsch sind. Genau diesen Rat gibt Rode allen Kaufinteressenten Und: Sich nicht unter Druck setzen lassen, alle Unterlagen verlangen und eingehend prüfen.

Immerhin: Der Kampf um Gerechtigkeit hat einen positiven Nebeneffekt

Nun aber zeigt sich, dass sein Kampf um vermeintliche Gerechtigkeit einen unerwarteten Vorteil bringt. Der Norderstedter und seine Frau sind für eines der größten Reformpakete Deutschlands gewappnet. Für die Neuberechnung der Grundsteuer müssen Immobilieneigentümer diverse Angaben machen, zur Lage des Grundstücks, Zum Baujahr des Gebäudes, zum Bodenrichtwert und eben auch zur Wohnfläche. „Da bin ich nun auf der sicheren Seite“, sagt Rode, wobei ein gewisser Sarkasmus nicht zu überhören ist.