Norderstedt. Nachfrage nach alternativen Energiequellen ist riesig, die Lieferzeiten jedoch lang.
Ob an der Zapfsäule, am Gas- oder Ölhahn oder an der Steckdose – die Ukraine-Krise verteuert sämtliche Energieformen. Der Preisschock kommt mit der nächsten Betriebskostenabrechnung. Energiesparen ist deswegen das Gebot der Stunde – nicht nur des Geldes wegen, auch aus Staatsräson. Je weniger Energie wir verbrauchen, desto schneller werden wir unabhängig von russischem Gas und Öl.
Wie sehr die Menschen das Thema umtreibt, zeigt die Umfrage des Abendblattes bei lokalen Händlern im Bereich Heizen, Energie- und Wärmeerzeugung. Die Nachfrage nach alternativen Energiequellen ist riesig, die Warte- und Lieferzeiten für entsprechende Produkte lang. Und in den Wäldern wird das Holz zum begehrten Brennstoff.
Ulf Eggers ist Geschäftsführer der Rosenthal Bäder und Wärme GbR in Norderstedt. „Wir merken gerade eine sehr große Nachfrage nach regenerativen Heizsystemen, etwa nach Erd- oder Luftwärmepumpen.“ Die hohen Gaspreise sorgten schon seit längerem für ein großes Interesse der Kunden, jetzt wird das noch einmal verstärkt durch das Thema Ukraine und damit verbundene Sanktionsandrohungen.“
Eine Wärmepumpe könne eine Gasheizung ersetzen, allerdings verbrauche sie auch Strom. Wer so ein System bei sich installieren will, muss sich eine Weile gedulden: „Von der Bestellung der Pumpe bis zur Ankunft vergehen minimum drei Monate. Die Nachfrage explodiert gerade, das betrifft alle Hersteller.“ Wird auf eine Erdwärmepumpe gesetzt, kommen zur Installation Erdarbeiten. Auf dem jeweiligen Grundstück muss ein 80 bis 150 Meter tiefes Loch gebohrt werden. Eggers arbeitet dafür mit einem weiteren Unternehmen zusammen.
Nachfrage nach Solaranlagen steigt schon seit einem Jahr
Von einer aktuell besonders hohen Nachfrage spricht auch Andreas Siedel. Er ist Geschäftsführer der IMS Erneuerbare Energien GmbH. Das Unternehmen mit Sitz in Norderstedt installiert Solaranlagen. „Schon 2021 konnten wir eine steigende Nachfrage nach Photovoltaikanlagen auf Eigenheimen und Gewerbebauten verzeichnen. Zurückzuführen war dies hauptsächlich auf die explodierenden Strompreise. Aktuell hat sich die Nachfrage weiter verstärkt. Sicherlich auch, weil der ein oder andere seinen Beitrag leisten will, um Energierohstoffimporte zu verringern“, sagt Siedel.
Um auf Gas oder Öl ganz zu verzichten setzen viele aber auch auf das gute alte Feuer – also Öfen und Kamine. Beim Meisterbetrieb Dirk Brose an der Ulzburger Straße melden sich seit Ausbruch des Krieges immer mehr Kunden, die sich einen Kamin oder Ofen einbauen lassen möchten. „Die derzeitige Situation erinnert an den Beginn der Corona-Pandemie, als die Nachfrage ebenfalls enorm angestiegen ist, weil es sich die Menschen zuhause schön machen wollten“, sagt Laura Brose (26). Seit Kriegsbeginn und den Diskussionen um Gaslieferungen aus Russland habe das Interesse der Kunden aber noch einmal stark zugenommen. Die Folge: Die Lieferzeiten für Kamine und Kachelöfen betragen inzwischen bei einigen Herstellern mehr als 16 Wochen. Wie hoch die Ersparnis für die Verbraucher tatsächlich sei, erklärt Laura Brose anhand des Beispiels eines Mitarbeiters: „Dieser hat sich selbst einen Kamin einbauen lassen und musste etwa 1000 Euro weniger für Gas bezahlen. Für Holz hatte er knapp 500 Euro ausgegeben.“ Allerdings müsse man bei den Ersparnissen die Anschaffungskosten berücksichtigen. Die Preise für Kaminöfen beginnen bei 1300 Euro.
Nach Kamineinbau 1000 Euro weniger für Gas
Im Zuge der zunehmenden Zahl von Kaminen und Öfen steigt auch die Nachfrage nach Selbstwerberbrennholz stetig an. Das bestätigten die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten (SHLF) auf Abendblatt-Anfrage. Das Unternehmen betreut 50.000 Hektar der 173.412 Hektar großen Waldfläche Schleswig-Holsteins. „Bei uns melden sich immer mehr Menschen, die Brennholz im Wald aufarbeiten möchten. Um Unfälle zu vermeiden müssen aber die so genannten Selbstwerber zwingend zuvor einen 15-stündigen Motorsägenkurs bei uns belegen,“, sagt Inout Huma, Sprecher der Landesforsten. „Diese Kurse sind derzeit so gefragt, dass die regulären Kurse ausgebucht sind, und wir sogar noch Zusatztermine anbieten mussten.“ Diese gibt es aber erst von September an (unter www.forst-sh.de).
Dass die hohen Energiepreise vielen Menschen Sorgen bereiten, stellt man auch in der Verbraucherzentrale fest. „Die Nachfrage nach Energieberatung befindet sich aktuell auf einem Allzeithoch“, sagt Sascha Beetz, Referent Klimaschutz, Energie und Nachhaltigkeit bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. In Norderstedt werde schon seit Anfang des Jahres besonders viel zu den Themen Heizungsregelung, Warmwasserbereitung und Heizkessel nachgefragt. Viele Fragen gingen in die Richtung, wie eine Heizung getauscht werden kann und welche Fördermöglichkeiten es gibt. Fragen nach dem Nutzerverhalten seien hingegen abnehmend.