Norderstedt/Tangstedt. Ein Gewerbegebiet, Naherholung, Freizeit, Camping: Die Flächen entlang der Schleswig-Holstein-Straße sollen sich völlig verändern.

Es ist ein Projekt für die langfristige Zukunft, und es ist in einem sehr frühen Stadium. Doch was Tangstedt und Norderstedt planen, könnte für die Region erhebliche Bedeutung erlangen. Denn die ungleichen Nachbarn „überlegen“ – so ist derzeit die offizielle Formulierung –, gemeinsam Flächen entlang der Schleswig-Holstein-Straße zu entwickeln. Auf der Agenda: ein interkommunales Gewerbegebiet, ein Campingplatz auch für Wohnmobile und ein Freizeitareal rund um den Badesee Costa Kiesa.

Drei Flächen werden auf ihre Eignung hin analysiert

Am nächsten Mittwoch (27. April, 19.30 Uhr, Turnhalle) wird erstmals öffentlich während der Gemeindevertretung in Tangstedt hierüber gesprochen. Denn die Fraktionen müssen ein Leistungsverzeichnis beschließen, eine Art Leitfaden, auf dessen Grundlage eine Machbarkeitsstudie für das Vorhaben in Auftrag gegeben werden soll. Norderstedt hat hierfür bereits die Freigabe erteilt. Und auch wenn viele Details erst durch ein Planungsbüro erarbeitet werden müssen, so haben beide Seiten schon jetzt eine Reihe von Grundzügen festgelegt.

Drei Flächen sollen untersucht werden. Eine befindet sich auf Norderstedter Gebiet, sie grenzt westlich an die Schleswig-Holstein-Straße und östlich an den Tangstedter Forst, umfasst 11,5 Hektar, wird zudem von einer Stromtrasse durchquert. In 140 Meter Entfernung befindet sich am Waldrand eine kleine Siedlung, die Menschen hier sind Norderstedter. Im Flächennutzungsplan ist das Areal für Abgrabungen oder Gewinnung von Bodenschätzen ausgewiesen, es wird landwirtschaftlich genutzt. Auf der anderen Seite der Schleswig-Holstein-Straße befindet sich bereits das Gewerbegebiet Oststraße mit unterschiedlichen Unternehmen verschiedenster Branchen. Dieses könnte somit erweitert werden.

Nördlich hiervon beginnt das Tangstedter Gemeindegebiet. Acht Hektar sollen auf ihr Potenzial hin analysiert werden – eine Dreiecksfläche südlich der Harksheider Straße, der weitere Bereich wiederum nördlich der Ost-West-Verbindung. Die Firma Eggers betreibt direkt daran angrenzend Kiesabbau – entsprechend ausgewiesen ist die Fläche. Laut Unterlagen wünscht Tangstedt „die Ansiedlung von überörtlichem Gewerbe“. Konkreter wird es noch nicht. „In Gesprächen mit der Stadt Norderstedt hat sich die Überlegung herausgehoben, dort überörtliches/überregionales, freizeitaffines Gewerbe anzusiedeln.“

Tangstedts Bürgermeister Jürgen Lamp an der Costa Kiesa (Archiv) – der Badesee ist im Gespräch als Mittelpunkt eines Areals zur Naherholung.
Tangstedts Bürgermeister Jürgen Lamp an der Costa Kiesa (Archiv) – der Badesee ist im Gespräch als Mittelpunkt eines Areals zur Naherholung. © Christopher Herbst | Christopher Herbst

Nicht vorgesehen: Einzelhandel oder örtliches Gewerbe. Welche Branchen in Frage kämen, ist unklar. In einem Protokoll vom August 2021, als die Tangstedter Politik Bürgermeister Jürgen Lamp (CDU) bereits ermächtigte, eine Kostenteilungsvereinbarung mit Norderstedt zu schließen, ist von einer „nachhaltigen und naturverträglichen Entwicklung“ die Rede.

Das weitläufige „Kiesa“-Areal südlich des Kringelwegs gehört zum nordwestlichen Teil des Plangebietes. Insgesamt handelt es sich hier um 100 Hektar, was größer ist als der Stadtpark Norderstedt. Allerdings wird nicht alles genutzt werden können. Die Eigentumsverhältnisse sind unterschiedlich, vieles gehört Eggers, doch es gibt neben der Gemeinde auch mehrere Privatbesitzer, dazu findet Landwirtschaft statt.

Die Zukunft des heutigen kostenlosen Baggersees könnte wie folgt aussehen: Naherholung mit Badebereich, eine Parkanlage mit Wegenetz, ein Aussichtsturm, weitere Freizeiteinrichtungen wie etwa eine Mountainbikestrecke. Doch was beide Kommunen insbesondere in den Blick nehmen, ist ein zwölf Hektar großer Campingplatz, an den die Badestelle angegliedert werden könnte. Möglich wären rund 150 Standplätze. „Ein kleiner Teil für Zelte ist denkbar, hauptsächlich soll ein attraktiver Wohnmobilstandort entstehen“, heißt es. Nicht für Dauercamping, sondern für Touristen. „Die verkehrliche Erschließung sowie die Ver- und Entsorgung müsste über die Stadt Norderstedt erfolgen.“ Und weiter: „Norderstedt befürwortet dieses Projekt.“

Tangstedt erhofft sich höhere Gewerbesteuereinnahmen

Derartige Ideen sind seit Jahren immer wieder in Tangstedt zu hören gewesen. Firmenchef Ralf Eggers hatte 2016 sogar einmal vergleichbare Pläne für ein Freizeitareal vorgestellt, ehe alles wieder in der Schublade verschwand. Ohne finanzkräftige Investoren wäre eine Realisierung kaum vorstellbar, hieß es immer. Jürgen Lamp hat regelmäßig mit Norderstedt gesprochen. Schon mit dem damaligen Baudezernenten Thomas Bosse, vor einigen Monaten gab es ein Treffen mit der Norderstedter Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder und Mitarbeitenden beider Verwaltungen. Denn die zuständigen Sachbearbeiter sitzen im Rathaus der großen Nachbarstadt sowie im Amt Itzstedt.

„Das Ganze ist seit langer Zeit in Vorbereitung. Wir arbeiten gut zusammen. Es läuft partnerschaftlich“, sagt Lamp. „Meine Zielsetzung ist: Dass wir mehr Gewerbesteuer einnehmen, damit wir unseren Haushalt endlich ausgeglichen gestalten. Denn wir haben immer einen Fehlbetrag, wenn wir ihn aufstellen.“ Seitens der Landesplanung habe er bereits positive Signale erhalten. In Schleswig-Holstein läuft derzeit die Neuaufstellung der Regionalpläne, es könnten also Siedlungsachsen und Gewerbestandorte neu definiert werden. Lamp: „Die Studie heißt: Wir gucken, was machbar ist. Dahinter steckt ja ein umfangreiches Verfahren. Danach können wir sagen, ob wir auf der sicheren oder unsicheren Seite sind.“

Norderstedt hält sich noch bedeckt mit einer Prognose

Und Norderstedt? „Es ist noch zu früh, aus Sicht der Stadt eine Aussage zu dem betreffenden Gebiet zu tätigen“, so Sprecher Fabian Schindler. „Zunächst wird von Seiten der Stadtverwaltung abgewartet, was die von der Gemeinde Tangstedt und der Stadt Norderstedt gemeinsam initiierte Machbarkeitsstudie im Detail ergeben wird. Diese beinhaltet auch, welche Gebiete im Detail hinsichtlich der möglichen Potenziale zu untersuchen wären. Erst wenn die Ergebnisse vorliegen und fachlich kritisch geprüft worden sind, kann eine Aussage dazu getroffen werden, ob und in welcher Form beziehungsweise in welchem Umfang ein gemeinsames Vorgehen in einem sodann definierten Raum vorangetrieben werden sollte oder könnte.“

Sobald ein Planungsbüro den Auftrag erhalten hat, werden die Fachleute die Eigentumsverhältnisse untersuchen, Bedarfe feststellen und auch die möglichen Restriktionen wie etwa durch den Naturschutz. „Die Einbindung der politischen Gremien in Norderstedt und Tangstedt wird begrüßt“, schreiben die Verwaltungen in der Vorlage. Einen Zeitplan gibt es momentan noch nicht.

Gemeindevertretung Tangstedt, Mittwoch, 27. April, 19.30 Uhr (Turnhalle, Schulstraße).