Lentföhrden. Die Gemeinde bei Bad Bramstedt möchte wieder „schönstes Dorf“ werden – So wie schon einmal vor 55 Jahren.

Als „schönstes Dorf“ ist Lentföhrden schon einmal ausgezeichnet worden, vor genau 55 Jahren. Jetzt gehört die 2700 Einwohner zählende, an der Bundesstraße 4 bei Bad Bramstedt gelegene Gemeinde zu den zehn ausgewählten Orten, die sich um die Auszeichnung „Unser Dorf hat Zukunft“ streiten dürfen, die das Land seit 2009 bislang viermal ausgelobt hat. Diese hat den vor 60 Jahren initiierten Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ abgelöst.

Gemeinde Lentföhrden will wieder „schönstes Dorf“ werden

Lang ist’s her: Ein hölzernes Schild erinnert an die Auszeichnung.
Lang ist’s her: Ein hölzernes Schild erinnert an die Auszeichnung. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Lentföhrden ist die größte der zehn auserwählten Gemeinden, die noch im Rennen sind. Und sie die einzige aus dem Kreis Segeberg. Bisher hat es nur Wakendorf I vor 13 Jahren mit dem dritten Platz aufs Treppchen geschafft. Zuletzt gewann 2018 die Gemeinde Nindorf aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde diesen ambitionierten Dorf-Wettbewerb in Schleswig-Holstein.

Das soll in diesem Jahr ändern, geht es nach Alexander Brosowski (46). Der Polizeihauptkommissar und Gemeindevertreter der Wählergemeinschaft Lentföhrden vertritt seit Anfang des Jahres den Bürgermeister Joannis Stasinopoulos (CDU), der erkrankt ist. Brosowski hat auch die Bewerbung geschrieben. „Für uns spricht das Gesamtkonzept“, ist der gebürtige Rostocker von seiner Wahlheimat fest überzeugt, in die er der Liebe wegen vor rund 20 Jahren gezogen ist. „Wir sind ein moderner, familienfreundlicher Ort, der trotz seines Wachstums seinen dörflichen Charakter bewahrt hat. Das soll auch so bleiben.“

Öko-Bäuerin Anette Möller betreibt mit ihrem Mann einen Biolandhof in Lentföhrden
Öko-Bäuerin Anette Möller betreibt mit ihrem Mann einen Biolandhof in Lentföhrden © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

So gibt es im Dorf, das zu den sechs Gemeinden des Amtes „Auenland Südholstein“ (bis vor Kurzem bekannt als „Amt Kaltenkirchen-Land“) gehört, immer noch fünf landwirtschaftliche Betriebe. Darunter ist auch ein Bioland-Hof, der eine eigene Milchmarke kreiert hat und unter dem Label „De Öko Melkburen“ Gemüse, Fleisch und Molkereiprodukte als „solidarische Landwirtschaft“ vertreibt. Die Kunden bekommen für einen bestimmten Monatsbeitrag einen Teil der Ernte ab.

120 Kinder werden in der Kita „Zwergenhügel“ betreut

Der Kindergarten „Zwergenhügel“ mit seinem jungen, 20-köpfigen Team um Erzieherin Jennifer Pigors betreut inzwischen 120 Kinder, darunter drei Krippen- und fünf Elementargruppen. „Für die Familien wird hier sehr viel getan“, lobt Kita-Leiterin Jennifer Pigors die Gemeinde, die auch ihr Arbeitgeber ist. „Das Angebot ist sehr vielfältig und zugleich ist der dörfliche Charakter erhalten geblieben“, sagt die Frau, die selbst in Kaltenkirchen lebt. Dazu zählt auch das Freibad, das die Besucher kostenlos nutzen dürfen, weil die Gemeinde die Betriebskosten von rund 50.000 Euro im Jahr alleine trägt.

Kita-Leiterin Jennifer Pigors betreut mit ihrem Team 120 Kinder in Lentföhrden und hat sich in elf Jahren in das Dorf verliebt.
Kita-Leiterin Jennifer Pigors betreut mit ihrem Team 120 Kinder in Lentföhrden und hat sich in elf Jahren in das Dorf verliebt. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Die Grundschule ist noch zweizügig und wird gemeinsam mit der Nachbargemeinde Nützen im Schulverband betrieben. Sie soll in ein paar Jahren für fünf Millionen Euro durch einen Neubau ersetzt werden. Das Klärwerk ist gerade erst für vier Millionen Euro vom Abwasserzweckverband Südholstein neu errichtet worden. Und auch die Feuerwache soll bald an anderer Stelle im Dorf für etwa 2,5 Millionen neu gebaut werden, weil die alte zu klein geworden sei, erklärt der amtierende Bürgermeister Brosowski. „Das haben wir gerade politisch beschlossen. Unsere 50 aktiven Feuerwehrleute brauchen für ihre eigene Sicherheit die sogenannte Schwarz-Weiß-Trennung, also getrennte Ein- und Ausgänge.“ Weil sie doch bei ihren Einsätzen nicht nur ihr Leben riskierten, sondern auch oft gefährlichen Stoffen ausgesetzt seien.

In Lentföhrden gibt es schon seit etwa 15 Jahren das schnelle Internet. Damals gehörte die Gemeinde zu den ersten Kommunen, die der Abwasserzweckverband an das Glasfasernetz anschloss, was heute noch in vielen Dörfern des Kreises Segeberg ein unerfüllter Zukunftstraum geblieben ist. Das Netz betreibt inzwischen der Norderstedter Glasfaser-Pionier wilhelm.tel.

Es gibt eine Dorfgaststätte und zwei Bäckereien

Es gibt noch eine Dorf-Gaststätte, einen Schnellimbiss und ein Restaurant mit österreichischen Speisen. Ein Netto-Lebensmittelmarkt der Edeka-Gruppe hat voriges Jahr neu eröffnet. Zwei Bäckereien, ein Baumarkt, ein Werkzeugmacher und ein in der Region sehr beliebtes Fahrradgeschäft sind hier zu Hause. Für weitere Ansiedlungen wird ein neues, vier Hektar großes Gewerbegebiet erschlossen.

Wer zu schnell in den Ort reinfährt, bekommt vom stationären Blitzgerät an der B 4 ein teures Porträtbild nach Hause geschickt. Etwas ruhiger und idyllischer geht es neuerdings für Wanderer, Radfahrer und Reiter entlang des alten Ochsenweges zu, über den in früheren Zeiten die Viehtransporte von Dänemark bis an die Elbe geführt wurden. Lentföhrden hat den Ochsenweg entlang der Krumbek Dreckau ausgebaut und mit einem Rastplatz versehen, der auf Infotafeln die historische Bedeutung erklärt.

Die Gemeinde soll eine eigene Zufahrt zur A 20 bekommen

Wenn in vier Jahren die S-Bahn Kaltenkirchen mit dem Hamburger Hauptbahnhof verbindet, hofft die Gemeinde auf bessere Bahnverbindungen mit der AKN. Der Bau der A 20 verspricht Lentföhrden ohnehin eine eigene Autobahnauf- und -abfahrt.

Das Vereinsleben ist rege im Dorf. Es reicht von der aktiven Landjugend bis zur Handarbeitsgruppe „die Wollmäuse“, vom Angelverein Ohlau über den Reit- und Fahrverein Eichengrund und den Tennisclub An der Au bis zum TSV Lentföhrden von 1924 mit seinen Sportangeboten vom Kinderturnen bis zu Handball und Fußball. Feiern mögen die Lentföhrdener auch gerne, sei es zum Maibaumaufstellen oder zum Oktoberfest. Auch Lentföhrden hat Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, es sind derzeit 26 Personen.

„Wir sind gut aufgestellt für die Zukunft und wollen eigentlich nicht weiter wachsen, um diese planbare Größe und den dörflichen Charakter zu behalten“, sagt Bürgermeister Brosowski. Er selbst lebt auf der „schönen, weil sonnigen Seite“ Lentföhrdens. „Das ist die östliche Seite der B 4, die unsere Gemeinde von Nord nach Süd durchschneidet.“