Norderstedt. Nach kontroverser Diskussion beschließt die Politik einen Corona-Zuschuss. Manche Politiker können das nicht fassen.
Es ging hoch her in der digitalen Sitzung des Hauptausschusses am Montag. Der Grund: Die Pläne der Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD), die Partys der Norderstedter Abschlussjahrgänge an allen Schulen finanziell zu unterstützen – mit Steuergeld (wir berichteten). Roeder will bislang nicht abgerufene Mittel aus einem eigentlich für Vereine und Verbände eingerichteten Corona-Sonderfonds dazu verwenden.
Die Politik debattierte hart. Denn was die Fraktionen im Ausschuss von der Finanzspritze halten, unterschied sich stark. Doch das Ergebnis der teils bissigen Aussprache dürfte die Schülerinnen und Schüler glücklich machen: Mit neun von 14 Stimmen konnte der Beschluss im Sinne der Oberbürgermeisterin gefasst werden. Und nicht nur das: Die Schulabgänger bekommen nun sogar mehr als gedacht. Statt ursprünglich von Roeder beantragten 1000 sollen sie 2000 Euro erhalten.
In der Corona-Pandemie versiegten die üblichen Quellen für die Partykasse
„Die Schüler sind auf mich zugekommen und haben um eine Unterstützung für ihre Abschlussfeiern gebeten“, erklärte Oberbürgermeisterin Roeder ihren Vorstoß. Schließlich seien den Schülern aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen die typischen Einnahmequellen für die Finanzierung der Abschlussfeiern weggefallen. Kuchenbasare, Flohmärkte, das Catering bei Theateraufführungen durften oder konnten sie nicht veranstalten – so blieben die Kassen nahezu leer.
Die Fraktion der Grünen hatte sich schon im Vorhinein für Roeders Vorschlag ausgesprochen. Kornelia Wangelin, Stadtvertreterin der Grünen, hielt den Zuschuss etwa für eine sehr soziale Idee, die als „Wiedergutmachung“ dafür gesehen werden könne, dass „den Jugendlichen ein großer Teil ihrer Jugend genommen worden“ sei. Die Fraktion betonte aber, dass in der Willy-Brandt-Schule eine doppelte Bezuschussung bewilligt werden sollte. In der Gemeinschaftsschule gebe es immerhin sowohl eine zehnte Klasse, die eine Abschlussfeier plant, als auch eine zwölfte.
An das Berufsbildungszentrum dachte zunächst niemand
Da lag die Frage nicht fern, wer in der Beschlussvorlage außerdem vergessen wurde. Das Berufsbildungszentrum (BBZ) etwa hatte Roeder nicht bedacht, befindet es sich doch in Trägerschaft des Kreises und nicht der Stadt. Allerdings gibt es auch dort Abschlussjahrgänge. Prompt wurde also der Wunsch nach einem Zuschuss für diese Schule in den Ring geworfen. Von nun an hieß es im Ausschuss: „Wer bietet mehr?“ Diverse Fraktionen, beispielsweise die WiN und der Freien Wähler, regten eine Verdopplung des auf eine Höhe von 1000 Euro angesetzten Zuschusses an.
Die CDU fand den Antrag der Oberbürgermeisterin nicht tragbar
Bevor sich die Summe weiter hochschaukelte, intervenierte die CDU – namentlich Ruth Weidler: „Ich bin echt baff“, sagt sie. „Ich bin die Letzte, die den Jugendlichen das Feiern verbieten möchte, aber der Vorschlag geht in den Augen der CDU gar nicht. Wie argumentieren wir, dass wir Steuergelder ausgeben, damit gefeiert wird?” Sie wies zudem darauf hin, dass die beiden letzten Jahrgänge, bei denen die Abschlussfeiern größtenteils ausgefallen sind, nicht finanziell unterstützt worden seien. Wie ist das zu begründen? Und inwiefern könne der Zwang entstehen, den Zuschuss für die Abschlussfeiern zu einer dauerhaften Einrichtung zu machen? Diese Fragen sah die CDU unbeantwortet und den Beschluss daher als nicht tragbar. Ideengeberin Roeder wurde indes nicht müde zu unterstreichen, dass es sich bei der Finanzspritze um eine „absolute Einzelfallentscheidung“ handele. Sie hoffe, dass das Pandemiegeschehen im nächsten Jahr geringfügig genug ist, um sich die Frage nach einer erneuten Bezuschussung nicht stellen zu müssen.
Andere Politiker empfanden die Diskussion als „kleinlich“
Kurz vor der Beschlussfassung waren die Fronten vollends verhärtet. Reimer Rathje (WiN) irritierte, dass der Hauptausschuss wegen einiger Tausend Euro so kleinlich war. „Wenn die Schüler uns über YouTube sehen könnten – sie würden sich für ihre Politiker schämen.” Uwe Matthes (CDU) hielt dagegen, dass es sich bei dem Beschluss um „Wohlfühl-Politik“ handele, die dem Wahlkampf der Befürworter dienen soll. „Das kann doch jetzt nicht so einfach durchgewunken werden?“, fragte er verdutzt.
Doch, konnte es. Die Enthaltungen der CDU, AfD und Linken hielten den Beschluss nicht auf. Mit neun Stimmen wurde der Geldsegen für die Norderstedter Schulabgänger besiegelt. Dank der gleichfalls angenommenen Änderungsvorschläge fließen nun 20.000 statt den ursprünglich angesetzten 8000 Euro aus dem Corona-Sonderfonds in die Party-Kassen der Schüler. Aufgeschlüsselt bedeutet das: Je 2000 Euro stehen den vier Gymnasien, dem BBZ und den Gemeinschaftsschulen Friedrichsgabe, Harksheide und Ossenmoorpark zu. Die Willy-Brandt-Schule erhält 4000 Euro, da es dort einen Abschlussjahrgang in der zehnten und einen in der zwölften Klasse gibt.
R: “als absolute einzelfallentscheidung betrachten”