Norderstedt/Kiel. Urteilsverkündung vor dem Landgericht Kiel – die Bande hatte elf Fahrzeuge im Wert von etwa 200.000 Euro gestohlen – mit einem Trick.
Sie spiegelten Wohnmobil-Anbietern in Schleswig-Holstein Kaufinteresse vor, kamen zur „Probefahrt“, ließen Kopien der Schlüssel anfertigen und tauschten diese heimlich mit den Originalschlüsseln. Mit diesem Trick holten die Diebe später unbemerkt die bis zu 50 000 Euro teuren Fahrzeuge vom Hof.
Im Prozess gegen eine Bande von Wohnmobildieben, die 2018 in Norderstedt, Lübeck, Ratzeburg und Ahrensburg sowie im nördlichen Hamburger Umland insgesamt elf hochwertige Fahrzeuge im Wert von jeweils bis zu 50.000 Euro entwendete, hat das Kieler Landgericht am Donnerstag drei Angeklagte zu Freiheitsstrafen bis fünf Jahre und vier Monate verurteilt.
Das härteste Strafmaß von knapp fünfeinhalb Jahren trifft den Chef der Hamburger Bande. Der seit 1995 mehrfach einschlägig vorbestrafte Mann (48) aus Montenegro hatte als Drahtzieher und Familienoberhaupt seine drei (Zieh-)Söhne in mehr als 20 Taten eingebunden. Die Hälfte der Vorwürfe betrifft gewerbsmäßigen Betrug und Urkundenfälschung beim Verkauf des Diebesguts. Die Käufer der elf gestohlen gemeldeten Fahrzeuge mussten ihr vermeintliches „Schnäppchen“ schon bei der Ummeldung wieder abgeben. Ihren Gesamtschaden von etwa 200.000 Euro müssen laut Urteil die Angeklagten tragen.
Der Junior im Quartett war zur Tatzeit noch keine 21 Jahre alt, deshalb war die Jugendkammer zuständig. Der von der Familie aufgenommene „Ziehsohn“ des Bandenchefs war bereits im Dezember 2021 vom Landgericht Hamburg zu fünf Jahren Jugendstrafe verurteilt worden – wegen Drogenhandels und Trickbetrugs als falsche Polizeibeamte. Die Jugendkammer bezog die fünfjährige Vorstrafe in ihr Urteil mit ein und erhöhte sie nicht weiter. Zur Begründung erinnerte der Vorsitzende daran, dass die Haftdauer im Jugendrecht nach erzieherischen Maßstäben bemessen wird. Mehr als fünf Jahre seien nur bei schwersten Gewalt- und Sexualstraftaten vorgesehen. Ein leiblicher Sohn (30) des Haupttäters war nur an zwei Taten beteiligt. Er kam mit einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung davon. Drei Jahre lang darf er sich jetzt nichts weiter zu Schulden kommen lassen, sonst droht die Verbüßung der Haftstrafe. Die Kammer unterstellte ihn der Aufsicht der Bewährungshilfe. Das Urteil beruht auf einer Verständigung, die das Gericht zur Verkürzung des Prozesses mit der Staatsanwältin und der Verteidigung getroffen hatte. Eine umfangreiche Beweisaufnahme hätte das Gericht noch weitere Wochen und Monate beschäftigen können.
Die Bande war im Besitz von Blanko-KFZ-Zulassungen
Tatorte waren wie berichtet Lübeck, Ratzeburg, Ahrensburg, Hamburg sowie Städte und Gemeinden in den Kreisen Segeberg, Stormarn und Lauenburg. Weil der Hamburger Verteidiger eines weiteren Bandenmitglieds vor den Plädoyers erkrankte, trennte die Kammer dessen Verfahren ab. Gegen den 26-Jährigen wird im März weiterverhandelt, kündigte der Vorsitzende an. Bereits 2015 hatte der Bandenchef aus einer Behörde amtliche Blankodokumente für Zulassungsbescheinigungen gestohlen. Zur Herstellung gefälschter Kfz-Papiere füllte er sie mit einer alten Typenradschreibmaschine aus. Im Dezember 2018 schöpfte eine Kaufinteressentin Verdacht und wollte die Fälschungen fotografieren. Danach flog die Bande auf. Nach umfangreichen Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft im Februar 2021 Anklage. Im August erließ das Amtsgericht Norderstedt Haftbefehl gegen den Bandenchef. Seitdem sitzt der 48-Jährige in U-Haft.