Kolumnist Jan Schröter fragt sich, warum Verschwörungstheoretiker noch nicht das LOFAR in Norderstedt entdeckt haben.
In Norderstedt läuft der große Lauschangriff. Auf einem Acker am Stadtrand ist eine ganze Antennenanlage verbuddelt. Oben ragen nur ein paar harmlose Metallstangen hervor, unter der Grasnarbe spielt die Musik.
Und das, obwohl im weltweit größten Radioteleskop LOFAR (Low Frequency Array) nicht mal die aktuelle Hitparade dudelt. Konventionelle Rundfunkprogramme werden von LOFAR nämlich automatisch als Störquelle identifiziert und herausgefiltert. Sowas wünsche ich mir auch zu Hause für mein Radio, wenn Helene Fischer singt oder in den Nachrichten was über Querdenkerdemos kommt. LOFAR bei Norderstedt ist übrigens nur Teil eines ganzen Systems ähnlicher Anlagen, verteilt über sechs europäische Länder, deren Infos – Signale aus dem All – vernetzt in einem Supercomputer in Groningen zusammenlaufen. Eigentlich verwunderlich, dass die ansonsten extrem kurzluntige Fraktion der Verschwörungstheoretiker angesichts dieser höchst suspekten Tatsachen noch nicht alarmiert auf der Straße steht. Unterirdische Geräte mit außerirdischer Verbindung, ein Supercomputer in Groningen… wieso ausgerechnet in Groningen, dort gibt es doch gar nichts Besonderes? Eben.
Dieser unspektakuläre Standort wurde in der Absicht gewählt, etwas zu verbergen, ist doch logisch. Genauso wie Norderstedt, das findet außerhalb unseres Landkreises kein Mensch auf der Landkarte. Und diese oberfaule Ausrede, man wolle mit dem Radioteleskop bloß erforschen, wie das mit dem Urknall gewesen ist und dergleichen. Alles Lüge. Sie wollen uns ausspionieren. Wer? Natürlich Bill Gates und Konsorten, ist ja auch egal, jedenfalls ist es etwas, was die meisten von uns nicht wirklich verstehen – und deshalb weg damit.
Nun ja. So oder ähnlich müsste es eigentlich laufen, legt man die bitteren Erfahrungen der letzten Jahre mit der faktenresistenten Minderheit unserer Mitbürger zugrunde. Doch LOFAR in Norderstedt läuft nun schon seit sieben Jahren und wird sogar noch erweitert und modernisiert, ohne dass es Proteste hagelt. Das freut mich sehr.
Wahrscheinlich sind sogar Verschwörungstheoretiker neugierig darauf, was sich in den unbekannten Weiten des Weltalls abspielt. Wobei mich persönlich der Urknall weniger interessiert als die nächsten gezogenen Lottozahlen, aber das kriegen die mit LOFAR bestimmt auch noch hin.
Dass es soweit ist, merken wir dann daran, dass wöchentlich der Jackpotgewinn nach Groningen geht.