Itzstedt. Verwaltung will gemeinsam mit den Menschen ein Klimaschutzkonzept erarbeiten. Was auf der Agenda steht.
Etwas unter 20.000 Menschen leben im Amt Itzstedt. Den Klimawandel werden sie nicht allein aufhalten, rechnerisch mag der Einfluss darauf, die bis 2045 bundesweit anvisierte Klimaneutralität zu erreichen, gering sein. Die Bereitschaft aber, etwas zu tun, ist auf lokaler Ebene groß. Und deswegen will die Amtsverwaltung zusammen mit ihren sieben Gemeinden die Anstrengungen bündeln und ein strukturiertes Management aufbauen.
Amt Itzstedt: Wie wollen die Menschen in der Region leben?
„Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an mitnehmen“, sagt Torge Sommerkorn, der leitende Verwaltungsbeamte. Und zwar mittels einer „Fokusberatung“. Diese wird von dem Kieler Fachbüro Minc von Anton Mikoleit und dem Ingenieurbüro von Nicola Richter durchgeführt. Das ist nicht so abstrakt, wie es erscheint. „In der Fokusberatung stellen wir die Weichen für die Zukunft. Gerade gemeindeübergreifende Themen wie Radwegebau, E-Mobilität und die lokale Grundversorgung können gemeinsam angegangen werden. Deshalb ist auch eine Bürgerbeteiligung geplant. Wir freuen uns auf viele Impulse“, so Mikoleit.
Klimaschutz sei vielfältig und interdisziplinär. Und da die sieben Amtsgemeinden durchaus unterschiedlich sind, hat man sich zu einer Aufteilung entschieden. Tangstedt als größter Ort steht für sich, die zweite Gruppe bilden Kayhude, Nahe und Itzstedt, die dritte dann Sülfeld, Oering und Seth. Vom Bevölkerungsanteil ist das ungefähr gleich. „Es macht wenig Sinn, sich jede Gemeinde einzeln anzuschauen“, so Sommerkorn. Für die Orte wurden Kurzanalysen angefertigt, die unter anderem auch Entwicklungspläne und bereits laufende Verfahren auflisten.
Schon in diesem Monat sollen moderierte Auftaktveranstaltungen stattfinden. Die Bevölkerung soll sich hier einbringen. Alles wird mit Rücksicht auf die Pandemie online stattfinden: Am 16. Februar für Sülfeld, Oering und Seth, am 21. Februar für Itzstedt, Nahe und Kayhude, am 24. Februar für Tangstedt (immer ab 19.30 Uhr). Das Amt nimmt Anmeldungen per Mail (info@amt-itzstedt.de) entgegen, die Zugangsdaten werden anschließend versendet. An die gleiche Adresse können auch unabhängig der drei Termine Ideen und Wünsche für den Klimaschutz geschickt werden.
Amt Itzstedt: Radwege und E-Ladesäulen ein „riesiges Thema“
Danach soll das Bild klarer sein, was die Menschen in den Dörfern wünschen. Mikoleit: „Es geht um den gesellschaftlichen Wandel, das Thema Bildung sticht heraus.“ An Schulen könnten technische Aspekte der CO2-Einsparung mit einem pädagogischen Ansatz verknüpft werden. „Und Radwege sind ein riesiges Thema. Zum Teil gibt es keine Verbindungen.“ Da ist Itzstedt keine Ausnahme, räumt auch Torge Sommerkorn ein. Lokale Radwegekonzepte sind in den letzten Jahren verstärkt gefordert oder schon angeschoben worden.
„Wir merken den Antrieb aus der Politik. Die Gemeinden wollen es.“ Und die seien ja das Sprachrohr der Wählerschaft. „Ein Beispiel ist die E-Mobilität, der Wunsch nach einer E-Ladesäulen-Infrastruktur.“ Auch die Taktung im ÖPNV ist vielen zu schlecht – auch hier stößt man auf einen alten Konflikt, verbunden mit der Hoffnung, dass mehr Pendler auf den Bus umsteigen würden, sofern dieser deutlich öfter fährt. Die Idee einer Anbindung an die U-Bahnlinie 1, wie es aus Tangstedt in der Vergangenheit manchmal zu hören war, ist hingegen eher ein Gedankenspiel – und wäre strategisch sowieso Sache der Länder.
Ein „heißes Thema“, bestätigen Sommerkorn und Amtsvorsteher Bernhard Dwenger – zugleich Bürgermeister von Kayhude –, sei hingegen die Landwirtschaft. Da geht es etwa um den Einsatz von Düngemitteln und nötige Anpassungen seitens der Bauern. „Aber das ist keine Aufgabe der Selbstverwaltung“, sagt Torge Sommerkorn. „Stellenweise haben wir Moore, das sind CO-Speicher, da geht es um die Wiedervernässung“, ergänzt Dwenger. „Jede Gemeinde hat ihre Vorstellungen. Photovoltaik auf Gemeindegebäuden ist Thema, auch bei uns in Kayhude auf dem Gemeindezentrum, bei der Feuerwehr.“
Amt Itzstedt: Bis Mai 2023 sollen die Ergebnisse vorliegen
Oder die Regenwasserversickerung bei Unwettern. Hier können Bauleitverfahren durchaus Einfluss nehmen, wenn es um die Versiegelung von Böden geht. Das wäre der präventive Ansatz – im Gegensatz dazu, in den Katastrophenschutz zu investieren. Das beim geplanten Neubau der Amtsverwaltung auf dem Birkenhof-Gelände in Nahe hohe Anforderungen gestellt werden in Sachen Energieeffizienz oder Wärmedämmung, ist selbstverständlich.
Dass ziellos Vorschläge ausgetauscht werden, wie es bei Ortsentwicklungskonzepten manchmal der Fall ist, soll vermieden werden. Nicht zuletzt, weil es das Bundesumweltministerium vorgibt. Denn das Projekt wird zu 75 Prozent über die am 1. Januar in Kraft getretene Nationale Klimaschutzinitiative gefördert. Eine Bedingung: Mindestens eine Maßnahme muss auch umgesetzt werden. Das Programm läuft vorerst bis 2027, bis dahin sollen bundesweit bis zu 6000 Kommunen unterstützt werden. „Die Bundesregierung hat einen klaren Weg vorgegeben mit einer Klimaneutralität bis 2045. Das ist eine ambitionierte Vorgabe, da müssen alle Gemeinden mitgenommen werden, nicht nur die großen Städte“, sagt Anton Mikoleit.
Bis Mai 2023 soll die Fokusberatung abgeschlossen sein. Vielleicht werden die ersten Vorhaben schon Thema für die nächsten Haushaltsberatungen in diesem Herbst sein. Das Amt habe mittlerweile einen Spezialisten für die Akquise von Fördermitteln im Haus, sagt Torge Sommerkorn. „Einen Klimaschutzmanager haben wir bewusst nicht. Es ist schwierig, jetzt jemanden einzustellen, wenn man nicht weiß, was man umsetzen will.“ Vielmehr wäre es eine mögliche Maßnahme, hier eine neue Stelle zu schaffen. Das könnte eine Fachperson sein für technische Umsetzungen, aber auch für ökologische Themen. Oder beides.