Norderstedt. Christof Jauernig verließ das Hamsterrad des Alltags nach einem Burnout – und wurde Glücksbote

Die Geschichte von Christof Jauernig ist die eines Mannes, der ausstieg aus dem Hamsterrad und auszog, um das Glück zu finden. Wortwörtlich. Bereits vor drei Jahren trat er in der Rathaus-Bücherei auf, erzählte aus seinem Leben und befragte Norderstedterinnen und Norderstedter nach ihren Glücksmomenten. „Fünf bis sechs Leute haben geantwortet, und ich habe einige in mein Programm aufgenommen.“ Ein Sonderschullehrer schrieb: „Glück ist, wenn ich ganz bei mir bin, und alles ist gut.“ Eine Verwaltungsangestellte antwortete: „Wenn es keine Kriege mehr gebe.“ Eine Zahnarzttechnikerin sagte: „Glück ist das Lächeln, das mir gilt.“

Jauernig kehrte am Freitag mit dem Programm „Eintausendmal Lebensglück. Erinnern, was zählt (…jetzt erst recht!)“ in die Rathaus-Bücherei zurück. Lag es an Corona? Am Dauerregen? Oder sind die Norderstedterinnen und Norderstedter allesamt schon glücklich? Auf jeden Fall verloren sich nur drei Leute im Publikum. „Schleswig-Holstein hat die meisten glücklichen Menschen“, tröstete sich Büchereileiter Ingo Tschepe. „Aber wir ziehen das jetzt durch.“

Und so berichtete Jauernig, wie er einst dem Glück nachjagte. Als Unternehmensberater in Frankfurt. Sein Leben damals verglich er mit der unendlichen Fahrt auf einer Autobahn. Auffahrten überall, aber kaum Ausfahrten. Ab und zu eine Raststätte. Überholspuren, auf denen nur noch die schnellsten Autos fahren. Links und rechts der Fahrbahnen Schrottkisten. Gescheiterte. Von der Überholspur abgekommen, abgedrängt. Keiner der aggressiven und hupenden Autobahn-Jäger weiß, wo die Fahrt endet, aber alle haben dasselbe Ziel: Glück. „Man wird müde auf dieser Fahrt, der Tank wird leer, man fährt rechts raus, auf eine Raststätte, doch durch den Stopp wird man noch mehr überholt, obwohl man gar nicht mehr weiß, warum man unterwegs ist, die Straße wird immer steiler, das Fahren immer anstrengender“, sagte Jauernig. Die Raststätte – in seinem Fall war das eine Burnout-Klinik. Endgültig ausgebremst. Jauernig stieg aus. Packte einen Rucksack und zog durch Südostasien. Und erlebte überall Glücksmomente. Die kleinen Dinge am Wegrand. Ein Schmetterling. Ein Sonnenuntergang. Anschließend tourte er durch Deutschland und fragte die Menschen nach ihren Glücksmomenten. Mit einer Auswahl aus 1056 Antworten stellte er ein Buch und ein Video zusammen, in dem er die Antworten mit Fotografien von Blumen, Landschaften, Kindern und Erwachsenen visualisierte, geordnet nach Glückszutaten wie „Das Beisammensein“, „Die Liebe“, „Das Leben schätzen“, „Die kleinen Momente“ bis zu „Mitgefühl“ und „Kinder“, denn sie seien die einzigen, die noch die Wunder der Welt sehen würden. Bis man sie in die Schule schicke und damit auf die Autobahn des Lebens setze. Auf das aus ihnen etwas werde.

So machte der Unternehmensberater Jauernig doch noch Karriere – als Glücksbote.