Kreis Segeberg. Verband kritisiert: Zu viele unqualifizierte Lehrkräfte. Schleswig-Holsteins Bildungsministerium reagiert empört.

Sind das Unterrichtsniveau und die Qualifikation der Lehrkräfte an den schleswig-holsteinischen Gymnasien so schlecht, dass die Hochschulreife der Abiturientinnen und Abiturienten infrage steht? Zu diesem Schluss kommt zumindest die Vorsitzende des schleswig-holsteinischen Philologenverbandes Barbara Langlet-Ruck.

Der Lehrerberuf werden „entprofessionalisiert“

Beunruhigend, so Langlet-Ruck, sei das Ergebnis einer Umfrage an den schleswig-holsteinischen Gymnasien. Danach geben 45 Prozent der Lehrkräfte dort an, dass an ihrer Schule eine nicht ausreichende Zahl von Fachlehrkräften unterrichte. Die Zahl der „Quereinsteiger“ und Aushilfskräfte könne, so Barbara Langlet-Ruck, nicht das Bildungsniveau garantieren, um gerade während den Corona-Einschränkungen junge Menschen zu einem Abiturabschluss zu führen, der die Studierfähigkeit sicherstelle.

„Der zunehmenden Entprofessionalisierung des Lehrerberufs müssen die Kultusministerinnen und –minister der Länder strategisch entgegenwirken“, fordert Langlet-Ruck. Es bedürfe der verstärkten Neueinstellung junger, qualifiziert ausgebildeter Kolleginnen und Kollegen. Langlet-Ruck bemängelt, dass in Schleswig-Holstein zudem der vom Bildungsministerium zur Verfügung gestellte Vertretungsfond bereits seit dem Herbst 2021 ausgeschöpft sei, so dass nicht wenige Schulen in Krankheitsfällenimprovisieren und die Unterrichtsversorgung notdürftig „mit Bordmitteln“ sicherstellen müssten.

Alles Falschbehauptungen, sagt das Ministerium in Kiel

Das Bildungsministerium in Kiel reagierte prompt und empört auf die Kritik. Sprecher David Ermes bezichtigte Langlet-Ruck, Falschbehauptungen zu verbreiten. Ermes verwies darauf, dass an den Gymnasien im Land 101,8 Prozent der Planstellen besetzt seien und dass in Relation zur Gesamtzahl der Planstellen nur auf 5,5 Prozent der Stellen Vertretungslehrkräfte tätig seien, darunter ein Viertel ohne Lehramtsqualifikation. An Gymnasien im Land gebe es lediglich 42 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die seit 2016 eingestellt worden sind. „Eine verschwindend geringe Anzahl im Verhältnis zur Gesamtzahl der 4800 Lehrkräfte an Gymnasien“, sagt Ermes. Auch diese Lehrkräfte durchliefen eine qualifizierte Lehrkräfteausbildung, sodass von einer „zunehmenden Entprofessionalisierung des Lehrerberufs“ keine Rede sein könne.

Substanzlos sei auch die Behauptung über den Vertretungsfonds. Dieser sei zu keinem Zeitpunkt im Jahr 2021 ausgeschöpft gewesen, sondern es standen nach einer vom Landtag beschlossenen Aufstockung mit 14,35 Millionen Euro zur Bewältigung der Corona-Situation an den allgemeinbildenden Schulen mehr als auskömmliche Finanzmittel zur Verfügung.

Bis Jahresende waren nur knapp über 88 Prozent ausgeschöpft und es standen mithin weitere Mittel zur Verfügung, insbesondere für zusätzliche Vertretungskräfte zur Bewältigung der Corona-bedingten Lernrückstände. David Ermes sagt, es hätten also zu jedem Zeitpunkt ausreichend Mittel zur Verfügung gestanden, um die alle gestellten Anforderungen der Gymnasien im Land für Vertretungslehrkräfte erfüllen zu können.