Norderstedt. Serie im Abendblatt: Wie Unternehmen im Kreis Abendblatt zum Klimaschutz beitragen. Heute: Tesa und Grundfos
Für moderne Unternehmen steht Klimaschutz ganz oben in der Agenda. Kunden und Investoren fordern Strategien zur Einsparung von CO2 und Energie. Wie grün sind die Unternehmen im Kreis Segeberg? Abendblatt-Redakteur Michael Schick stellt einige Beispiele vor.
Als führender Anbieter von Klebelösungen steht Tesa seit vielen Jahren nicht nur für Innovation und höchste Qualität, sondern auch für mehr ökologische Verantwortung“, sagt Tesa-Sprecherin Bettina Feldgen. Das weltweit agierende Unternehmen mit Sitz in Norderstedt gibt sich selbstbewusst und kann auf Fakten verweisen: 100 Prozent Ökostrom aus Sonnenenergie, Windenergie oder Wasserkraft fließen durch die Leitungen, und das weltweit. Im chinesischen Werk in Suzhou gewinnt eine Photovoltaik-Anlage Sonnenstrom, für andere Standorte laufen Machbarkeitsstudien.
Tesa will bis 2050 klimaneutral sein
Tesa hat klare Ziele formuliert: Der energiebedingte CO2-Ausstoß soll bis 2025 um 30 Prozent im Vergleich zu 2018 sinken, bis 2050 will das Unternehmen klimaneutral werden. Erste Schritte sind geschafft: Von 2018 bis 2020 hat der Chemiekonzern seine CO2-Emissionen nach eigenen Angaben weltweit um 23 Prozent gesenkt.
Neben dem eingekauften Ökostrom erzeugt der Konzern über Kraft-Wärme-Kopplung auch selbst Strom – eine energieeffiziente Technologie, die hohe Wirkungsgrade bietet und, je nach Bedarf, nebenbei Wärme oder Kälte zum Heizen oder Kühlen produziert. Eingesetzt wird die klimafreundliche Energieproduktion in der Konzernzentrale in Norderstedt und in den Werken in Hamburg, Offenburg und Italien.
In der Zentrale und in den beiden deutschen Werken greift die ISO 50001, ein zertifiziertes Managementsystem, mit dem Ziel, Energie einzusparen. „Wir sind mit unseren Energieeffizienz-Maßnahmen am Standort schon wirklich gut aufgestellt, die größten Potenziale wurden bereits gehoben, jetzt widmen wir uns den vielen kleinen“, sagt Bettina Feldgen.
Wichtiges Thema, um CO2 zu reduzieren, sind auch Transport und Verpackung. Um Transportwege möglichst zu vermeiden, geht der Klebebandhersteller dahin, wo die Kunden sind und produziert nicht nur in Deutschland, sondern in den USA, in China, in Italien und ab 2023 auch in Vietnam. Tesa arbeite daran, zunehmend natürliche, recycelte oder wiederverwertbare Rohstoffe sowie Verpackungsmaterialien zu nutzen.
Emissionen durch Lösungsmittel wurden gesenkt
Im Blick haben die Verantwortlichen auch die Luft. Nicht das CO2, sondern VOC (Volatile Organic Compounds), flüchtige organische Verbindungen, die in der Produktion anfallen und Umwelt wie auch die menschliche Gesundheit schädigen können. Sie entstehen, wenn in der Produktion Lösemittel zur Beschichtung von Klebstoffen oder zur Reinigung verwendet werden. Tesa ist es gelungen, die VOC-Emissionen von 2001 bis 2019 um 92 Prozent pro Tonne Endprodukt zu reduzieren.
In Norderstedt arbeiten rund 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier betreibt Tesa auch den größten Forschungs- und Entwicklungsbereich inklusive Labors sowie Test- und Kleinserienproduktion. Für seine Innovationskraft wurde das Unternehmen gerade mit dem TOP 100-Siegel 2021 ausgezeichnet. Die compamedia GmbH organisiert den Innovationswettbewerb, Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar ist Mentor der „Top 100“. „Wir entwickeln jedes Jahr bis zu 100 neue Klebelösungen. Viele davon setzen neue Maßstäbe und unterstützen zudem die Innovationsbestrebungen unserer Kunden“, sagt der Tesa-Vorstandsvorsitzende und Chemiker Dr. Norman Goldberg.
Die mehr als 500 Produkt- und Technologieentwickler des Unternehmens arbeiten dabei sehr eng mit den Kunden in aller Welt zusammen und entwickeln gemeinsam neue Produkte, beispielsweise für die Auto-, Elektronik- oder Bauindustrie. So können Entwicklungszeiten spürbar reduziert werden.
Auf dem Betriebsgelände gibt es Ladestationen für E-Bikes und E-Autos
Seit gut zwei Monaten können die Beschäftigten ihre E-Autos und E-Bikes an 24 Ladepunkten auf dem Norderstedter Firmengelände kostenfrei laden. Die E-Mobilität ist für Tesa ein wichtiges Geschäftsfeld. So wurden unter anderem bis zu 500 Grad hitzefeste Klebebänder entwickelt, mit denen die Gefahr, dass die nur schwer zu löschende E-Autobatterie in Brand gerät, deutlich reduziert werden kann.
Seit April gibt es zwei neue Paketklebebänder mit dem EcoLogo. Das eine basiert auf Maisstärke, das andere auf Papier. Basis für den Kleber sind die nachwachsenden Rohstoffe Naturkautschuk und Baumharz. Beschichtet werden die Bänder lösemittelfrei, der Kern der Kleberolle besteht aus recyceltem Papier. Und der Blick geht weiter nach vorn: Gerade wird in den Chefetagen über neue Strategien für den Klimaschutz beraten.
Die Firma Grundfos in Wahlstedt: 16 Millionen Pumpen produziert Grundfos jedes Jahr. Damit zählt der Konzern, der weltweit 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 100 Niederlassungen beschäftigt und 3,5 Milliarden Euro Jahresumsatz erwirtschaftet, zu den Marktführern. Doch es geht dem Unternehmen mit der dänischen Zentrale nicht nur darum, möglichst profitabel zu arbeiten: „Unsere Unternehmensgruppe nimmt die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bis 2030 in seiner neuesten Grundsatzerklärung auf und will bis 2030 klimaneutral wirtschaften“, sagt Josef Horber, Geschäftsführer des Werks in Wahlstedt, in dem gut 530 Beschäftigte hauptsächlich Heizungsumwälzpumpen, Mischventile, Tauchpumpen und Abwasserhebeanlagen herstellen.
Pumpen verbrauchen zehn Prozent des Stroms weltweit
Magna3 heißt die äußerst effiziente Pumpe, die laut Grundfos nur 40 Prozent der Energie herkömmlicher Umwälzpumpen braucht. „Analysen haben gezeigt, dass zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs durch Pumpen verursacht werden. Neue energieeffiziente Pumpen können bis zu vier Prozent einsparen“, sagt Horber und liefert gleich noch eine beeindruckende Zahl mit: Die technischen Effizienz-Meister des Unternehmens, die zwischen 2005 und 2020 in der EU verkauft wurden, hätten den Stromverbrauch um rund zehn Milliarden Kilowattstunden reduziert – das entspreche dem jährlichen Stromverbrauch von 6,2 Millionen Bürgern. Der Konzern habe die CO₂-Emissionen um 36 Prozent gegenüber 2008 verringern können, und das bei steigendem Produktionsvolumen. Energiespar-Partner der Magna-Pumpe ist die Steuereinheit Mixit. Das kleine Komplettgerät vereint alle Komponenten wie Sensoren, Regler und Ventile in seinem Gehäuse, die nötig sind, um Heizreisläufe differenziert zu steuern und damit Energie zu sparen. Bisher wurden die Komponenten meist einzeln installiert und mussten aufeinander abgestimmt werden.
Gute Pumpen liefern schneller heißes Wasser in der Leitung
Im Blick haben die Produktentwickler des Pumpenherstellers auch die Wasserknappheit, denn mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auf der anderen Seite wird Wasser verschwendet, weil es ungenutzt aus den Hähnen läuft, ehe es heiß ist. „Die meisten Haushalte verschwenden zwischen 15.000 und 20.000 Liter Wasser pro Jahr. Das reicht aus, um 7500 Menschen einen ganzen Tag lang mit frischem Trinkwasser zu versorgen“, sagt Horber. Da hat Grundfos angesetzt und Umwälzpumpen auf den Markt gebracht, die sofort heißes Wasser liefern.
Klimaschutz hat auch für den Betrieb des Wahlstedter Werks hohe Priorität. Zwei betriebseigene Blockheizkraftwerke liefern Storm, geplant ist eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die Solarstrom erzeugt. Energiesparende Deckenstrahlplatten heizen die Produktionshallen, Sensoren steuern die LED-Lampen, Erdwärme wird genutzt.
Vakuumverdampfer reinigen das Wasser, das beispielsweise zum Waschen von Edelstahlteilen gebraucht wird. „Dadurch und durch den Einsatz von Regenwasser konnten wir unseren Wasserverbrauch um fast 100 Prozent reduzieren“, sagt Werkleiter Horber.
In der Wahlstedter Niederlassung sind drei Energie-Scouts ständig unterwegs, um weiteres Energiespar-Potenzial zu entdecken. Und die Auszubildenden mit einer speziellen Zusatzqualifikation sind auch schon fündig geworden: Sie haben festgestellt, dass beim Vorwärmen der Teller in der Kantine viel Wärme verloren geht. Nun werden die Teller „eingehaust“, bekommen einen Wärmeschutzmantel.
Thema bei Grundfos ist auch die Biodiversität. Die Bienen-AG hat Rasen- in Blühflächen verwandelt und Honigbienen angesiedelt. Demnächst sollen auch Wildbienen rund um das Pumpenwerk eine Heimat finden. Grundfos will sich als „fahrradfreundliches Unternehmen“ zertifizieren lassen und den Mitarbeitenden beispielsweise einen Druckluftanschluss am Fahrradparkplatz, Schlechtwetterkleidung und die Möglichkeit bieten, ihre Räder dort zu reparieren.
Im zweiten Teil unserer Serie über den Beitrag von Unternehmen im Kreis Segeberg zum Klimaschutz berichten wir über die Firmen Condair Systems GmbH in Norderstedt, Kreyenberg GmbH in Norderstedt und Jorkisch GmbH in Daldorf.