Norderstedt. Eine Norderstedterin (56) bestahl ihren Freund – dass ihre Tochter dabei half, konnte nicht nachgewiesen werden.

Wortlos nahmen Mutter S. (56) und Tochter G. (36) am zweiten Prozesstag auf der Anklagebank in Saal F des Norderstedter Amtsgerichts Platz. Der Vorwurf gegen die beiden Norderstedterinnen lautete gemeinschaftlicher schwerer Diebstahl. Bei einem vorgetäuschten Einbruch in die Wohnung des wohlhabenden Freundes der Mutter hätten sie im August 50.000 Euro Bargeld, eine wertvolle Uhr, einen Cartier-Ring und Brillanten mitgehen lassen, so die Anklage.

Prozess um Diebstahl: Mutter gesteht, Tochter schweigt

Doch am Ende des Prozesses gab es nur eine Schuldige. Viele Fragen blieben offen. Der Vorwurf, Mutter S. und Tochter G. hätten gemeinsame Sache gemacht, um sich an den Schätzen ihres Freundes zu vergreifen, ließ sich auch am zweiten Prozesstag nicht erhärten. Zuvor hatte die Mutter bereits in einem Teilgeständnis zugegeben, 50.000 Euro gestohlen zu haben, die sich in einem Geheimfach hinter einem Rauchmelder in der Wohnung ihres damaligen Freundes befunden hatten.

Die Tochter schwieg auch am zweiten Prozesstag mit versteinerter Miene eisern bis zur letzten Minute. Sie blickte stur aus dem Fenster und würdigte ihre Mutter keines Blickes. Auch während der Prozesspausen nicht.

Der genaue Tathergang konnte trotz zahlreicher Indizien im WhatsApp-Verlauf von Mutter und Tochter und der Auswertung der Funktelefonortung nicht mehr eindeutig geklärt werden. Daran konnte auch die Aussage der leitenden ermittelnden Kriminalkommissarin im Zeugenstand nichts ändern. Sie schilderte den Ablauf der Hausdurchsuchung bei Mutter S., bei der die gestohlenen 50.000 Euro und weitere 27.000 Euro gefunden worden waren – versteckt unter einer Schreibtischplatte und in einer Abstellkammer.

Gestohlener Ring, Uhr und Brillanten sind nicht aufzufinden

Wo die wertvolle Uhr, der Cartier-Ring und die Brillanten geblieben sind, die der Freund ebenfalls vermisst, blieb weiterhin offen. Am Ende stand die Aussage der angeklagten Mutter im Raum, sie allein habe die Tat verübt und die 50.000 Euro an sich genommen, als sich die Gelegenheit bot. Sie allein habe die Wohnung ihres Freundes verwüstet, um es nach einem Einbruch aussehen zu lassen. Der damalige Freund stand währenddessen nichtsahnend und einen Zigarillo rauchend unten auf der Straße und wartete auf sie.

Inzwischen hat S. die gestohlenen 50.000 Euro ihrem heutigen Ex-Freund zurückgegeben. „Fest steht, dass S. am 21. August die 50.000 Euro gestohlen hat, die hinter einem Rauchmelder in der Wohnung ihres Freundes versteckt waren“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. „Nicht nachzuweisen ist, dass die restlichen Dinge von S. und G. gemeinsam gestohlen worden sind. Klar ist auch, dass S. und G. die Tat gemeinsam planten. Ob G. tatsächlich an der Tat beteiligt gewesen ist, kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.“

Theoretisch hätte die Tochter, aber eben auch ein unbekannter Dritter die nach dem fingierten Einbruch offen stehende Wohnung betreten können, um weitere Wertgegenstände an sich zu nehmen. „Es bestehen erkennbare Zweifel, ob die Angeklagte G. überhaupt an der Tat beteiligt war“, sagte die Staatsanwältin und forderte für die Tochter Freispruch.

Mutter gesteht: Sechs Monate Haft auf Bewährung

S. sei dagegen schuldig. „Sie hat die Tat gestanden, Reue gezeigt und den Schaden beglichen.“ Das sei positiv zu bewerten. Gleichwohl handele es ich um eine „sehr hohe Summe“, die S. durch das Ausnutzen des Vertrauensverhältnisses zu ihrem gutmütigen Freund gestohlen habe. Die Staatsanwältin forderte für S. eine Strafe von acht Monaten auf zwei Jahre zur Bewährung verbunden mit der Auflage, zusätzlich zwei Jahre lang monatlich 50 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen.

S. Anwältin plädierte für ihre Mandantin stattdessen für eine Geldstrafe. Die entwendete Summe von 50.000 Euro sei zwar recht hoch, für den vermögenden Geschädigten aber relativ gering. Mutter und Tochter verzichteten auf ein eigenes Schlusswort.

Diebstahl-Prozess: Tochter wird freigesprochen

Das Urteil des Gerichts lautete sechs Monate Haft auf zwei Jahre zur Bewährung für S. mit der Auflage, monatlich 50 Euro an den „Weißen Ring“, die Hilfsorganisation für Verbrechensopfer, zu zahlen. „Strafmildernd für S. darf nicht sein, dass 50.000 Euro für den geschädigten Freund angeblich nicht so viel Geld waren“, stellte die Richterin Elisa Kuhne mit Blick auf die Anwältin in der Urteilsbegründung klar und wandte sich dann direkt an die Angeklagte S. mit den Worten: „Sie sind kein Opfer. Sie sind eine starke Persönlichkeit. Sie haben ihrem Freund, obwohl er ihnen schon vorher so viel gegeben hatte, noch einmal viel weggenommen.“

Die Tochter G. wurde freigesprochen. „Die Indizien reichten für eine Verurteilung von G. nicht aus“, betonte die Richterin.