Kreis Segeberg. Kunden des Wege-Zweckverbandes werden schon bald zur Kasse gebeten. Viele Bürgermeister kritisieren neues System.
Die Liste der teuersten Müllentsorger im Land hat der Wege-Zweckverband (WZV), dem alle Gemeinden des Kreises Segeberg bis auf Norderstedt angehören, in den vergangenen Jahren klar angeführt. Mit der Einführung eines neuen Gebührensystems ab 2023 soll das anders werden, hat der Verband versprochen, der die WZV-Kunden vorher aber noch einmal zusätzlich zur Kasse bittet: Bereits ab Januar 2022 soll die bislang einmal im Jahr kostenlose Abholung von Sperrmüll und Strauchgut 45 Euro „Anfahrtspauschale“ kosten.
Wer größere Mengen Strauchgut oder besonders sperrige Gegenstände loswerden will, muss zudem mit Extrakosten rechnen. Dafür können die WZV-Kunden ab Januar ihren Sperrmüll bis zu einer Menge von zwei Kubikmetern pro Anlieferung kostenlos bei den Recyclinghöfen abladen. Bislang können die Kunden das nur einmal im Jahr, danach müssen sie je nach Abfallmenge zahlen.
Neues Gebührensystem WZV: Sperrmüllabfuhr kostet ab Januar 45 Euro
Dass der WZV den „Bringservice“ im Zuge des für 2023 geplanten neuen Gebührensystems stärken möchte, hatten die Verbandsbürgermeister bereits auf verschiedenen Sitzungen und in einem Workshop erfahren. Dass die Abfallkunden aber bereits in einem Monat für die Abholung von Sperrmüll und Strauchgut zusätzlich zahlen sollen, überraschte jedoch einige Vertreter der Gemeinden, die jetzt in der Sitzung des Verbandsbeirates die Beschlüsse für die Verbandsversammlung vorbereitet haben.
„Ich bin überrascht, dass das Bringmodell schon zum nächsten Jahr umgesetzt werden soll. Von einer zeitigen Unterrichtung der Kunden kann jetzt keine Rede mehr sein“, sagte etwa Henstedt-Ulzburgs Bürgermeisterin Ulrike Schmidt. Sie glaube nicht, dass das Bringsystem der richtige Weg sei. Rückmeldungen von Bürgern seien durchweg negativ gewesen.
WZV-Kunden werden zur Kasse gebeten
Ihre Bramstedter Amtskollegin Verena Jeske plädierte ebenfalls dafür, die Sperrmüllabfuhr ohne zusätzliche Kosten zu belassen. Ihre Befürchtung: „Wenn dafür Kosten entstehen, wird der Müll irgendwo abgeladen. Und dann sind es wieder die Kommunen, die auf den Kosten der Entsorgung sitzen bleiben.“
Karin Honerlah, Verbandsvertreterin aus Henstedt-Ulzburg, kritisierte das Bringsystem ebenfalls. Kein anderer Kreis mache es wie der WZV. Alle würden die Sperrmüllabfuhr kostenlos anbieten. Ein weiterer Kritikpunkt: Das Bringsystem sei ein Verkehrserzeuger. Honerlah: „Der WZV kauft acht neue Elektrofahrzeuge und bringt die Leute dazu, mit ihren weniger klimafreundlichen Autos weite Wege zu fahren. Das ist nicht der richtige Weg. Außerdem können wir den Bürgern nicht noch mehr zumuten.“ Das schien die Mehrheit der Verbandsbürgermeister anders zu sehen. Ein Änderungsantrag, die 45 Euro Abfuhrgebühr zu streichen, fand mit drei Ja- bei acht Nein-Stimmen keine Mehrheit.
WZV erhebt möglicherweise Umlage von den Gemeinden
Die 45 Euro für die Bürger sind jedoch „Peanuts“ gegen die Beträge, die eine Umlage für die Kommunen mit sich bringen könnte, die in einem als „Stresstest“ deklarierten Arbeitspapier enthalten ist, mit dem der WZV sein Geschäftsmodell mit geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen abgleicht. Diese Umlage könnte der WZV offenbar erheben, wenn es ihm nicht gelingt, die defizitären Geschäftsbereiche Abwasser und kommunale Dienste mit Straßenreinigung, Straßenunterhaltung und Winterdienst in den schwarzen Bereich zu führen.
Bei diesen Aufgaben handelt es sich nicht um hoheitliche Aufgaben wie die Abfallentsorgung, sondern um wirtschaftliche Geschäftsbereiche, die für weniger Geld auch von Privatunternehmen angeboten werden. Haben die Gemeinden Aufträge zu vergeben, geht der WZV oftmals leer aus, weil seine Preise zu teuer sind. Eine Chance auf schwarze Zahlen hätten die Geschäftsbereiche nur, wenn der WZV entsprechend oft beauftragt wird, oder aber die WZV-Preise an die der Privaten angepasst werden. Sollten die privaten Preise rund 80 Prozent des aktuellen WZV-Preisniveaus ausmachen, müssten die restlichen 20 Prozent als Umlage nach einem Einwohnerschlüssel von der Solidargemeinschaft getragen werden.
WZV: Nach Rücktritt des Vorsitzenden noch kein Nachfolger da
Ob es dazu kommt, steht noch in den Sternen. Auch das Vorhaben, den Verbandsbeirat aufzulösen und dafür den Hauptausschuss zu stärken, fand wegen zu vieler unklarer Punkte keine Zustimmung. Die Städte mit ihren hauptamtlichen Bürgermeistern hoffen, in einem neuen Hauptausschuss stärker berücksichtigt zu werden, als es in der Verbandsversammlung der Fall ist, in der die kleinen Gemeinden überwiegen.
Einen Fragenkatalog zu Haushalt und Wirtschaftsplan hatte Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen dabei. Die Antworten darauf sollen allen Verbandsmitgliedern vor der nächsten Verbandsversammlung am 13. Dezember zugehen. Toni Köppen, der am liebsten aus dem WZV austreten würde, könnte der nächste Vorsitzender der Verbandsversammlung werden. Nach dem überraschenden Rücktritt von Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause hat der WZV bis jetzt keinen Nachfolger gefunden. Sein anfänglicher Widerstand schwand zumindest während der Sitzung.