Kreis Segeberg . Was Experten Bürgern raten, um sich zu schützen. Und wovon abhängt, wie sich die Einbruchszahlen entwickeln.
Alle Jahre wieder wiederholt sich das Phänomen: Wird es abends früher dunkel, verzeichnet die Polizei einen Anstieg der Wohnungseinbrüche. Allein im Oktober zählten die Ermittler im Kreis Segeberg 20 Fälle. Und der November zeigt eine verstärkte Aktivität der Einbrecher: In Norderstedt kam es in der vergangenen Woche zu mehreren Wohnungseinbrüchen. Auch in die Räumlichkeiten von Unternehmen und Firmen in der Stadt wurden eingestiegen. Und am Freitag konnte die Polizei in Henstedt-Ulzburg sogar einen Einbrecher nach frischer Tat schnappen – der Hauseigentümer hatte ihn und seinen Komplizen beim Einsteigen in sein Haus via Live-Übertragung auf dem Handy verfolgt und gleich die Polizei alarmiert.
Einbrüche: Der Winter ist Hauptsaison für die Täter
Die Polizei reagiert mit professioneller Routine und hat ihr Spezialistenteam für die Bekämpfung der Wohnungseinbrüche personell aufgestockt. Für die Opfer bedeutet das Eindringen Fremder in die eigene Wohnung jedoch alles andere als Alltag: Viele fühlen sich zu Hause nicht mehr sicher, andere können den Verlust von Schmuck oder anderen Wertgegenständen nur schwer verwinden.
Die Zahl von 20 für Oktober entspricht in etwa der aus der Zeit vor Corona, berichtet Sebastian Schodrowski, Leiter der Kripo in Pinneberg und Chef der Einheit mit dem schlichten Namen Sachgebiet 4, die für die Ermittlungen bei Einbrüchen in den Kreisen Segeberg und Pinneberg verantwortlich ist. „Die relevante Zeit beginnt“, sagt der Kriminalrat. Wie sich die Zahlen weiter entwickeln, wird vermutlich auch vom Pandemieverlauf abhängen.
Im November 2019 zählte die Polizei im November 41 und 42 Einbrüche im Dezember. Ein Jahr später während des Lockdowns waren es 15 und 22 Fälle. Die Pandemie hat es den Einbrechern schwer gemacht, weil die Menschen kaum ihr Haus verließen und viele im Homeoffice arbeiteten. „Es gab deutlich weniger Tatgelegenheiten“, sagt Schodrowski. Außerdem hätten sich bei international agierenden Banden die Einschränkungen im grenzüberschreitenden Reiseverkehr ausgewirkt. Welche Folgen die vierte Corona-Welle in diesem Herbst und Winter haben wird, ist noch offen.
Einbrüche: Norderstedt und Kaltenkirchen stark betroffen
Die Polizei kann durchaus erste Erfolge vermelden und hat bereits Täter festgenommen, darunter auch solche, die überregional aktiven Banden angehören. Als Schwerpunkt kristallisiert sich derzeit die Gemeinde Rellingen im Nachbarkreis Pinneberg aus. In den vergangenen Jahren gehörten auch Norderstedt und Kaltenkirchen zu den Gebieten, in denen überdurchschnittlich oft eingebrochen wurde.
Das Sachgebiet 4 hat seinen Sitz in einem unauffälligem Bürobau an Pinnebergs Stadtgrenze und ist eine landesweit einmalige Einrichtung. Sie ging aus einer Sonderkommission der Polizeidirektion Segeberg hervor. Derzeit arbeiten für das Sachgebiet zwölf Kriminalbeamte und ein Beamter der Schutzpolizei. Bei Bedarf wird das Personal weiter aufgestockt. „Die Bekämpfung der Einbruchskriminalität gehört in der Polizeidirektion zu den Aufgaben mit hoher Priorität“, sagt der Kripo-Chef.
Einbrüche: Täter agieren oft von Hamburg aus
Die ersten Ermittlungen haben gezeigt, dass sich die Polizei auch in dieser Saison auf unterschiedliche Täter einstellen muss. Schodrowski: „Das Spektrum ist groß.“ Dazu gehören die Einbrecher, die spontan eine günstige Gelegenheit für eine Tat entdecken, und diejenigen, die durch Einbrüche ihren Drogensucht finanzieren. Hinzu kommen straff organisierte Banden. Mitglieder dieser Gruppierungen kommen häufig vom Balkan oder reisen aus Chile nach Norddeutschland, häufig nach Hamburg. In den Heimatländern sitzen in der Regel auch die Anführer. Außerdem hat die Kripo festgestellt, dass es zwischen einzelnen Banden personelle Überschneidungen gibt.
„Täter, die bei uns einbrechen, agieren vielfach von Hamburg aus“, sagt Schodrowski. Deshalb arbeiten seine Kollegen eng mit der Polizei der Hansestadt und in Niedersachsen zusammen. Derzeit beobachte die Polizei in den Nachbarländern besonders bei den Banden aus Chile verstärkte Aktivitäten, in Schleswig-Holstein jedoch noch nicht. „Noch ist die Lage bei uns relativ ruhig“, sagt Schodrowski.
Auch die Methoden, in eine Wohnung einzusteigen, unterscheiden sich. Sie reichen von schlichter Gewalt bis hin zu handwerklich ausgefeiltem Vorgehen. „Grundsätzlich gilt: Je professioneller ein Gruppierung organisiert ist, desto feiner sind die Methoden“, sagt der Kriminalist. Klassische Einbruchsmethoden bleiben das Aufhebeln von Fenstern und Türen oder das Aufbohren. Gestohlen wird alles, was sich schnell transportieren lässt: Bargeld, Uhren und Schmuck, Handys.