Norderstedt. Schwedischer Einzelhändler bietet günstige Produkte „für das Leben zu Hause“. Warum man sich für den Standort entschied.
Immer wieder bleiben Männer und vor allem Frauen in der De-Gasperi-Passage stehen, drücken ihr Gesicht gegen die Schaufenster. Sie versuchen herauszufinden, was sich hinter dem Glas verbirgt. Doch das Geheimnis bleibt ungelüftet, die Scheiben sind verklebt, lassen nur einen Spalt frei, der einen schmalen Ausschnitt von dem freigibt, was bei Rusta in den Regalen liegt. Der Name steht für ein schwedisches Unternehmen, das laut Eigenwerbung alles für Zuhause anbietet und den deutschen Markt erobern will.
Rusta: Schwedischer Einzelhändler eröffnet in Norderstedt
Und da ist Norderstedt Station Nummer sechs. Gestartet ist der Einzelhändler im Jahr 2017 in Lübeck. Märkte in Kiel-Schwentinental, Neumünster und Bremen, folgten. Am 28. Oktober soll die Norderstedter Filiale am Herold-Center um 10 Uhr eröffnet werden, mit vielen Sonderangeboten und jeweils einem Einkaufsgutschein im Wert von 100 Euro für die ersten 100 Kunden. Was die auf der Fläche erwartet, auf der viele Jahre Karstadt seine Produkte präsentierte, hat das Abendblatt schon mal in Augenschein genommen.
„Noch sind nicht alle Regale aufgebaut und eingeräumt“, sagt Christof Sauck, Deutschland-Chef der Schweden. 20 Männer und Frauen wuseln über die Verkaufsfläche, entfernen Plastikfolien von Teppichen und Farbeimern, sortieren Artikel des umfangreichen Sortiments ein, das Sauck so betitelt: Deko-Artikel, Konsumgüter, Produkte für Heimwerker, Freizeit und Gartenmöbel als Schwerpunkt im Frühjahr. Nur eben so gut wie keine Möbel, höchstens Kleinmöbel wie Hocker oder Beistelltische. „Da, wo Ikea aufhört, fangen wir an“, sagt Sauck. Wer das Bett im schwedischen Möbelhaus kauft, findet bei Rusta Bettwäsche und Kissen.
Vom Sodasprudler über Sandwichtoaster und Teppiche bis hin zu Reisekoffern, Hanteln, Trampolinen und Pools – etwa 6000 Artikel zählen zum Sortiment von Rusta. Zu finden ist auch ein süßer Klassiker aus dem Norden: „Marabou“-Schokolade. Der Discounter will nicht nur mit Vielfalt punkten, sondern auch mit günstigen Preisen.
Skandinavisches Lebensgefühl liegt im Trend
Dass das Konzept funktioniert, beweist der Blick ins Heimatland: „Dort gibt es uns seit 35 Jahren“, sagt Sauck. Insgesamt betreibt der Einrichter 178 Filialen in vier Ländern. Doch während die Schweden teilweise zwei Stunden mit dem Auto fahren, nur um in einen der 220 „Rusta“-Märkte zu gelangen, gilt für Deutschland ein anderes Leitmotiv: „Wir gehen dahin, wo die Menschen sind“, sagt der Deutschland-Chef.
Er sieht gute Chancen, dass sich der Erfolg in Deutschland wiederholen lässt. „Das skandinavische Lebensgefühl liegt auch hier im Trend. Behaglich wohnen, entspannt leben, hyggelig eben, wie die Dänen sagen.“ Der deutsche Markt sei nicht nur der größte in Europa, sondern auch der anspruchsvollste.
Sauck bezeichnet den Standort des ehemaligen Warenhauses, das vor einem Jahr geschlossen wurde, als ideal für die Rusta-Strategie. Die Schweden suchen Ladenflächen in Städten zwischen 20.000 und 100.000 Einwohnern. „Die De-Gasperi-Passage und das Herold-Center sind der Mittelpunkt der Stadt“, sagt Christof Sauck. „Die Anbindung mit der U-Bahn und dem Busbahnhof ist perfekt. Viele Leute wohnen in direkter Nachbarschaft.“
Rusta belegt ehemalige Karstadt-Sport-Fläche
Die Norderstedter seien „Rusta-affin“ und interessiert an der Kleinteiligkeit des Marktkonzeptes von Rusta. Die Nähe zu Hamburg sei attraktiv, schon jetzt zählten viele Menschen aus dem Hamburger Norden zu den Kunden des Herold-Centers. Natürlich hat der Discounter auch die Metropole als Standort für weitere Filialen im Blick. „Jetzt konzentrieren wir uns aber erstmal auf Norderstedt“, sagt Sauck.
Dort belegt Rusta 2500 Quadratmeter, was etwa der Fläche entspricht, die früher für Karstadt Sport reserviert war. 15 Mitarbeiter werden dort beschäftigt sein, vor allem Norderstedter und Norderstedterinnen, wie Sauck betont. Und: Rusta sei ein echter Einzelhändler, der, im Unterschied zum Online-Handel, in Deutschland Steuern zahle.
250.000 Kunden im Jahr lautet die Zielmarke für den neuen Einkaufsmarkt. Diese hohe Kundenfrequenz brächten die De-Gasperi-Passage und das Herold-Center.
Ende des Leerstands im Herold-Center?
Mit Rusta dürfte ein Ankermieter und Kundenbringer an den Standort ziehen und die Lücke schließen, die der Auszug von Karstadt hinterlassen hat. Der Leerstand rief die Politiker auf den Plan. So gab es den Vorschlag, dass die Stadt die Flächen kaufen und Vereinen für kulturelle Zwecke – beispielsweise als Proberäume – zur Verfügung stellen sollte. Doch dafür fand sich keine Mehrheit.
Zudem dürfte für das Überleben des Einkaufsstandortes ein Kundenmagnet wie der Discounter aus dem Norden von enormer Bedeutung sein, um weiteren Leerstand zu verhindern. Rusta will mit dem Einzug ganz bewusst ein Zeichen für den Standort setzen – und braucht nun, so Sauck, starke Nachbarn, um die Attraktivität weiter zu erhöhen.
Doch noch ist unklar, wer den Rest der ehemaligen Karstadt-Fläche nutzen wird. „Bei der Größe des Areals ist es gut vorstellbar, dass sich dort mehrere Anbieter ansiedeln“, sagt der Deutschland-Chef Sauck.