Norderstedt. Nur zwei der vier stationären Blitzer bleiben in Betrieb. Stattdessen kommt ein Strategiewechsel. Welche Straßen betroffen sind.
Die Stadt Norderstedt stellt ihre Strategie in der Verkehrsüberwachung um – weg von der stationären, hin zur mobilen Überwachung. Von den derzeit vier Geschwindigkeits-Radarsäulen im Stadtgebiet sollen nur noch zwei im Betrieb bleiben. Abgebaut werden im Oktober die Säulen an der Poppenbütteler Straße und an der Oadby-and-Wigston-Straße. Nach wie vor stationär auf Geschwindigkeit geblitzt wird hingegen auf der Schleswig-Holstein-Straße und auf der Niendorfer Straße.
Stationäre Blitzer werden abgebaut
Doch wenn die Raser nun denken, dass auf der Poppenbütteler- und der Oadby-and-Wigston-Straße Vollgas wieder eine Option ist, so sollten sie schnell den Fuß vom gedanklichen Gaspedal nehmen: Denn statt der beiden abgebauten Säulen wird die Stadt mobile Anhänger zur Geschwindigkeitsmessung anschaffen. Mit diesen Anhängern, die getarnt auf Parkplätzen und am Straßenrand postiert werden können, soll auch an den nun säulenlosen Straßen geblitzt werden – zwar nur noch stichprobenartig, dafür aber auch an verschiedenen Stellen.
„Die Stadt kann mittels des Trailers flexibler die Geschwindigkeitsüberwachung vornehmen – speziell zu später Stunde und an den Wochenenden, weil der Personaleinsatz niedriger ist als bei den bisherigen mobilen Kontrollen mit dem Kameraauto“, teilt das Ordnungsamt mit. Die Stadt folge mit dieser Entscheidung einer Anregung des Landes. Der Blitzanhänger werde überall dort zum Einsatz kommen, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen aus Gründen des Lärmschutzes angeordnet sind.
Verkehrsüberwachung wird ausgeweitet
Doch das könnte nicht der einzige Grund für die Beschaffung des mobilen Gerätes sein. Die Stadtverwaltung hat mehrfach bekundet, die Verkehrsüberwachung in Norderstedt ausweiten zu wollen. Zum Beispiel in den Tempo-30-Zonen, wo sich ein derartiger Anhänger gut positionieren ließe.
„Wir haben 268 Tempo-30-Schilder in der Stadt – aber kaum einer hält sich dran“, sagte Andreas Finster, Fachbereichsleiter des Norderstedter Ordnungsamtes, als er Ende 2019 im Hauptausschuss die Verkehrsüberwachung durch die Stadt Norderstedt seit 2016 bilanzierte. Das Blitzen in den 30er-Zonen sei aber nötig, weil es dem Bürger nicht zu vermitteln sei, dass die Stadt nur für den Lärmschutz blitze und nicht für die Sicherheit von Kleinkindern vor Kitas oder Schülern vor Schulen.
Die Hoheit für das Blitzen in den 30er-Zonen liegt derzeit aber noch beim Kreis. Die Stadt Norderstedt hat derzeit nur die zwischen der Stadt, dem Land und dem Kreis ausgehandelte Erlaubnis, bis 2025 aus Lärmschutzgründen und zur Rotlichtüberwachung zu blitzen. Doch Andreas Finster monierte 2019, dass der Kreis nicht in der Lage sei, die flächendeckende Überwachung der 30er-Zonen in Norderstedt zu garantieren. In der Verkehrsüberwachung des Kreises ist Norderstedt eben nur ein Teil des Kreisgebietes.
Zahl der Tempoverstöße geht stark zurück
Doch so sehr Norderstedt gerne die Kompetenz zum Blitzen in den 30er-Zonen haben würde, so sehr machte Landrat Jan Peter Schröder bislang klar, dass man diese nicht abgeben wolle. Eine Entscheidung darüber steht noch aus. Fakt ist aber nun: Falls Norderstedt den Zuschlag bekommen würde, wäre der Trailer zur Verkehrsüberwachung schon mal da. Dass die Blitzerei in Norderstedt den gewünschten Effekt hat – nämlich eine Reduktion der Raserei, des Lärms und der Rotlichtmissachtung – zeigen die Zahlen eindrücklich.
Wurden durch die stationären und mobilen Messgeräte 2017 noch über 80.000 Verstöße registriert, so sank die Zahl 2018 auf 56.000, in 2019 auf etwa 44.000 und 2020, im ersten Corona-Jahr, auf 30.615. Die Stadt spricht von einem gewollten „Gewöhnungseffekt“ bei den Autofahrern. Diese gehen im Stadtgebiet intuitiv vom Gas, weil die Gefahr, erwischt zu werden, so groß ist. Andreas Finster mahnte 2019 zum „konsequenten Weiterblitzen“.
Andernfalls gefährde man die Erfolge der vergangenen Jahre. Klar ist, dass die Stadt die Verkehrsüberwachung von 2025 an dauerhaft übernehmen will. Den Nachweis für die Sinnvolligkeit der Übertragung dieser Aufgabe will man gegenüber dem Land bis 2023 in einem ausführlichen Bericht erbringen.
Bußgeldeinnahmen brechen 2020 ein
Auch beim Blitzen gegen Rotlichtsünder will die Stadt nicht nachlassen. An sechs Ampeln wird das Rotlicht überwacht – allein vier Blitzer stehen auf der Kreuzung der Poppenbütteler- mit der Schleswig-Holstein- und der Stormarnstraße. Zwei weitere an den Ampeln Segeberger Chaussee, Ecke Am Böhmerwald und an der Ohechaussee auf Höhe Schäferkamp. Wie wichtig letztere ist, zeigen die Zahlen eindrücklich. Laut Halbjahresbericht des Ordnungsamtes wurden hier in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 1031 Rotsünder geblitzt – im ganzen Jahr 2020 waren es nur knapp 600.
Unbestritten war die Verkehrsüberwachung seit Ende 2016 für die Stadt auch ein Einnahmenbringer. 2,4 Millionen Euro an Bußgeldern sprudelten 2017 in die Stadtkasse, 1,8 Millionen Euro waren es 2018 und 2019 etwas über 2 Millionen Euro an eingenommenen Bußgeldern. Nach Abzug der Kosten für Technik (jährlich knapp 345.000 Euro) und Personal (etwa 520.000 Euro) blieben zwischen 1,5 Millionen und einer Million Euro übrig im Jahr. Im Corona-Jahr 2020 hat sich das allerdings dramatisch verändert. Nur noch 977.300 Euro an Bußgeldern wurden eingenommen.
Für das laufende Jahr hatte die Stadt im Haushalt mit 1,65 Millionen Euro an Bußgeldern gerechnet. Nach dem ersten Halbjahr korrigiert sie diesen Ansatz auf jetzt nur noch knapp über 1 Million Euro – ein sattes Minus von über 640.000 Euro. Somit arbeitet die Verkehrsüberwachung zwar noch mehr als kostendeckend. Aber reicher wird Norderstedt durch das Blitzen nicht.