Norderstedt. Kinderärzte verzeichnen hohe Nachfrage. Sollen die Kinder die Spritze gegen Corona bekommen? Oder nicht?
Drei Wochen nach Beginn des neuen Schuljahres werden nächste Woche die ersten mobilen Impfteams in den Norderstedter Schulen anrollen – für die Impfaktion des Landes. Schülerinnen und Schüler ab 12 Jahren können sich noch bis zum Tag der Impfung anmelden. Die Frist dafür wurde verlängert. Damit reagiert das Bildungsministerium auf eine neue Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Diese hatte sich erst am Montag für eine Corona-Impfung von Menschen ab 12 Jahren ausgesprochen. Bislang wurde diese in der Altersgruppe nur bei Vorerkrankungen empfohlen.
Impfaktion in Norderstedt startet am Mittwoch
Bereits am Mittwoch sind die mobilen Impfteams am Lessing-Gymnasium sowie an der Gemeinschaftsschule Rhen im Einsatz. Die Schulen stellen dafür Räume zur Verfügung. „Wir rechnen damit, dass sich angesichts dieser klaren Empfehlung jetzt weitere Eltern und Jugendliche zu der Impfung entschließen werden“, sagt Carsten Apsel, Schulleiter des Lessing-Gymnasiums.
Genaue Zahlen gebe es jedoch noch nicht, da die Anmeldung weitgehend anonym erfolge. „Damit es zu keinem Gruppenzwang kommt, werden die Anmeldebögen nicht von Lehrern eingesammelt, sondern von den Schülern im Sekretariat abgegeben“, sagt Apsel. Es sei wichtig, niemanden unter Druck zu setzen.
Etwa zehn Prozent der Schüler wollen die Impfung
„Wir als Schule helfen lediglich bei der Organisation. Wir wollen aber weder empfehlen noch bekehren oder überreden, das ist nicht die Aufgabe von Schule“, stellt der Schulleiter klar. Bisher hätten sich etwa zehn Prozent der Schüler für die Impfung angemeldet – es gebe aber auch Klassen, in denen sich viele schon beim Hausarzt oder im Impfzentrum die Spritze hatten setzen lassen.
An der Gemeinschaftsschule Rhen haben 30 Schüler um ein Impfangebot gebeten – etwa zehn Prozent derer, die geimpft werden können. „Zusätzlich ist es so, dass in dem Einzugsgebiet Henstedt-Rhen die grundsätzliche Impfbereitschaft anscheinend relativ hoch ist. Wir haben also wohl relativ viele Kinder, die schon einmal geimpft sind und auch schon durchgeimpfte“, so Schulleiter Hanno Schmedes. Es gebe Klassen, in denen von 20 Kindern acht mindestens einmal geimpft seien.
Landesweit haben sich 10.500 junge Menschen angemeldet
Das bestätigen auch Zahlen des Bildungsministeriums. Demnach sind heute schon 30,9 Prozent der Schülerinnen und Schüler zwischen 12 und 17 Jahren in Schleswig-Holstein mindestens einmal geimpft worden. Das sind so viele wie in keinem anderen Bundesland. Für die Impfaktion haben sich bisher 10.500 Schüler angemeldet, das entspricht etwa 11 Prozent in der Altersgruppe.
Im Kreis Segeberg haben sich bisher 1202 von 13675 Schülern in der Altersgruppe für die Impfaktion an Schulen angemeldet - mehr als in jedem anderen Kreis. Im Bildungsministerium rechnet man jedoch damit, dass es noch Nachmeldungen geben wird und die Zahlen weiter steigen.
Kinderärzte verzeichnen hohe Nachfrage
Unterdessen registrieren die Kinderärzte im Kreis eine erhöhte Nachfrage nach Covid-Impfungen – vor allem seit der Empfehlung der Stiko. „Wir merken, dass diese klare Aussage vielen Eltern den Druck genommen hat und eine Entscheidung leichter gemacht hat“, sagt der Norderstedter Kinderarzt Moritz von Bredow. Bei ihm würden sich mehr Kinder anmelden, als er impfen könne. Aus diesem Grund befürworte er die Impfaktionen in Schulen ausdrücklich: „Es ist dringlich und wichtig, so schnell wie möglich all diejenigen zu impfen, für die die Stiko eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen hat.“
Die Meinungen von Eltern bezüglich der Impfung von Kindern gehen jedoch stark auseinander. Auch wer selbst geimpft ist, hat manchmal Bedenken, die eigenen Kinder impfen zu lassen. Das hat nichts mit Querdenken zu tun, sondern mit großer Unsicherheit angesichts der Datenlage. Solange es keine Erkenntnisse über Langzeit- und Folgeschäden gibt, kann ich mir für meine Kinder keine Impfung vorstellen“, sagt eine Mutter aus Henstedt-Ulzburg, die sich nur anonym äußern möchte – so wie die meisten Eltern und auch einige Ärzte, die befragt wurden. Zu groß ist die Sorge vor Druck oder einer Stigmatisierung.
Nicht alle Schüler wollen sich Impfen lassen
Für die mobilen Aktionen an Schulen gilt: In der Altersgruppe der 12 bis 13-jährigen müssen die Eltern einer Impfung zustimmen, ab dem 14. Lebensjahr können Jugendliche das selbst entscheiden. Einigen Kinderärzten ist das jedoch nicht genug: Sie impfen nur, wenn sowohl die Kinder als auch beide Elternteile den Aufklärungs- und Einwilligungsbogen unterschrieben haben und der Minderjährige von einem Elternteil begleitet wird.
Auch unter den Jugendlichen gehen die Meinungen auseinander: Während sich viele impfen lassen, um mehr Freiheit zu haben, fürchten andere die Nebenwirkungen. „Auch wenn ich das grundsätzlich befürworte - zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich mich nicht impfen lassen. Ich habe zu viel Angst, dass irgendwann rauskommt, was es für Folgeschäden gibt“, sagt eine Schülerin aus Norderstedt. Einen Gruppenzwang gebe es in ihrer Klasse nicht. Noch nicht. Sie hofft, dass es so bleibt.
21 Neuinfektionen: Inzidenz steigt im Kreis auf 49,1
Kreis Segeberg Mit einem Wert von 49,1 hat die Inzidenz im Kreis Segeberg erneut einen Sprung nach oben gemacht. Am Donnerstag meldete der Infektionsschutz des Kreises weitere 21 per PCR-Test nachgewiesene Corona-Neuinfektionen, zehn Personen davon sind Kontaktpersonen bereits Infizierter. Die Gesamtzahl aller bisher nachgewiesenen Infizierten im Kreis beträgt jetzt 7357. Wieder als genesen gelten 6892 Menschen. Aktuell sind 304 Personen mit Corona infiziert.
Die Zahl der Menschen in Quarantäne nimmt langsam ab. Waren am Mittwoch noch über 900 Fälle gemeldet, so sind es am Donnerstag noch 881 Personen. In den Krankenhäuser bleibt die Situation entspannt. Nur sechs Personen werden in einer Klinik versorgt, zwei davon intensivmedizinisch.
Quarantäne nicht mehr für ganze Schulklassen
Ein Erlass des Landes regelt jetzt, dass Gesundheitsämter künftig nicht mehr pauschal für ganze Klassen und Gruppen Quarantäne verhängen dürfen. Nur noch die tatsächlich positiven Kinder müssen sich absondern. Alle Kontaktkinder sind über die Eltern zur Zurückhaltung und Beobachtung der eigenen Gesundheit aufgerufen worden.
Kontaktkinder dürfen die Schule oder Kita weiterhin besuchen, in den Schulklassen nur mit täglichen Selbsttests in die ersten vier Tagen. Eltern von Kita-Kindern wird die Selbsttestung der Kleinen zu Hause empfohlen. Zwischen dem fünften und siebten Tag muss ein professioneller „Bürgertest“ gemacht und vorgelegt werden. Die Kinder sollen 14 Tage nach Kontakt zu einem positiven Kind private Zusammenkünfte, Vereinssport, Musikschulkurse und ähnliches vermeiden.
Lesen Sie die Meinungen von Norderstedter Eltern in Ihrer Abendblatt-Regionalausgabe Norderstedt