Bad Bramstedt. Bramstedts Bürgermeisterin Verena Jeske will einen Ort zur Erinnerung an den verstorbenen Modeschöpfer schaffen.
New York hat den John F. Kennedy International Airport, Hamburg den Heidi-Kabel-Platz und Norderstedt die Bürgermeister-Klute-Straße. Und was hat Bad Bramstedt? Nicht einmal eine Karl-Lagerfeld-Straße.
Der berühmteste Sohn des Kurorts taucht im Stadtbild nur einmal auf. Ein gemaltes Konterfei des weltberühmten Designers ziert einen Trafokasten der Bramstedter Stadtwerke im Stadtteil Bissenmoor, wo einst das Lagerfeldsche Anwesen stand. Mehr hatte Bad Bramstedt bislang für den verstorbenen Weltstar nicht übrig.
Karl Lagerfeld wird Thema im Stadtmarketing
Das könnte sich ändern. Die Berichte der vergangenen Wochen im Hamburger Abendblatt über Lagerfelds Kindheit und Jugend in Bad Bramstedt haben Bürgermeisterin Verena Jeske motiviert, sich noch einmal mit dem Gedenken an den „Modezar“ zu beschäftigen.
Dass nur der Trafokasten an Lagerfeld erinnert, sei ihr viel zu wenig, betont die Verwaltungschefin. „Ich persönlich liebe Mode, und deshalb ist es für mich persönlich auch etwas Besonderes, dass dieser Mann in der Stadt Bad Bramstedt einen Teil seiner Kindheit verbracht hat“, sagte sie.
Sie will dafür eintreten, dass eine repräsentative Wohnstraße oder ein kleiner Platz nach ihm benannt wird. Dort könnte zum Beispiel eine Tafel an Lagerfeld erinnern. „Wir werden diesen Ort noch finden“, verspricht Jeske. Auch das Stadtmarketing und im Tourismus werde das Thema „Karl Lagerfeld und Bad Bramstedt“ verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Vielen Neubürgern sei diese Verbindung unbekannt. In jedem Fall soll es nach dem Willen der Bürgermeisterin nicht bei der Benennung einer Straße bleiben.
„Das wird seiner Persönlichkeit gerecht“, sagt Verena Jeske. „Und die Stadt kann davon profitieren.“ Sie will dafür alle Kontakte nutzen und gesteht, dass sie den großen Meister gern persönlich kennengelernt hätte. Außerdem fühle sie sich zur Wiedergutmachung verpflichtet, nachdem die Stadt das Wohnhaus der Lagerfelds im Stadtteil Bissenmoor abreißen ließ, ohne sich um seine Bedeutung zu scheren. „Karl Lagerfeld ist ein Teil unserer Geschichte“, sagt Verena Jeske.
Ehemaliger Bürgermeister verhinderte Karl-Lagerfeld-Allee
Der erste Anlauf für einen Straßennamen mit dem Namen des Modeschöpfers in Bad Bramstedt war im Jahr 2001 gescheitert – an Jeskes Vorgänger, dem damals neu ins Amt gewählten Bürgermeister und Rechtsanwalt Hans-Jürgen Kütbach. Er überzeugte die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung mit seinen Bedenken, die heutige Golfparkallee im Wohngebiet Bissenmoor Karl-Lagerfeld-Allee zu nennen.
Die Idee hatte die CDU-Fraktion präsentiert, die politische Konkurrenz meldete sich mit ähnlichen Vorschlägen zu Wort. „Ja, das ist an mir gescheitert“, sagt Kütbach 20 Jahre später. Der Bürgermeister wies seinerzeit auf das Risiko hin, dass Lagerfeld sich in seinen Marken- und Namensrechten geschädigt fühlen könnte und die Stadt zu hohen Zahlungen verpflichten würde. Außerdem stellte der Bürgermeister die Frage, ob man nicht zu Lebzeiten eine Person einbeziehen müsste, wenn man ihren Namen benutzt.
Dass Lagerfeld 2001 dazu bereit war, bezweifelten die Bewohner der Kurstadt. Der einstige Bramstedter war damals nicht gut die Stadt zu sprechen war. Das hatte er immer in Talkshows deutlich gemacht. Außerdem hatte er bis dato nie auf Kontaktwünsche aus dem Rathaus reagiert.
Auch Hamburg und Neustadt haben es nicht geschafft
Reserviert, aber nicht ablehnend reagierte er dagegen in einem Interview mit der Welle Nord auf die Diskussion in Bad Bramstedt. „Ich hätte es als grob und schlecht erzogen empfunden, wenn ich dazu Nein gesagt hätte. Das kommt doch gar nicht infrage“, sprach Lagerfeld ins Mikrofon. Doch entweder kam diese Botschaft in Bad Bramstedt nicht richtig an oder die Bewohner der Stadt hatte ihr Interesse an einer Karl-Lagerfeld-Straße verloren. Immerhin hatte der potenzielle Namensgeber manche Bürger öffentlich als spießig, andere als „Lustgreise“ beschimpft.
Doch die Diskussion über den Modezar und die Präsenz in der Stadt war nicht beendet. „Danach ploppte das Thema immer wieder auf“, berichtet der Ex-Bürgermeister, der im Laufe der Jahre eine zunehmende „Altersmilde“ Lagerfelds zu Bad Bramstedt wahrnahm. Er hasse das Wort „Heimat“, aber wenn er an Norddeutschland denke, habe er doch ein „positives, optimistisches Gefühl“, hat Karl Lagerfeld einmal gesagt.
Zustimmung und Wohlwollen signalisiert
2018 gelang es Kütbach, mithilfe des Abendblatts Kontakt zu Caroline Lebar aufzunehmen, der PR-Chefin und persönlichen Beraterin Lagerfelds in Paris. „Dabei ging es explizit um die Frage, welche Straße man sich vorstellen könnte“, berichtet der einstige Verwaltungschef. Zwar bekam er den Modesuperstar nie persönlich ans Telefon, doch aus den Rückmeldungen von Caroline Lebar konnte Kütbach schließen, dass Lagerfeld Zustimmung und Wohlwollen signalisiert habe.
„Dann begann der Bürgermeisterwahlkampf“, sagt Kütbach, der gegen Verena Jeske unterlag. „Dieses Thema wollte ich nicht hineinziehen.“ Er habe nicht den Eindruck erwecken wollen, sich mit dem großen Namen von Karl Lagerfeld profilieren zu wollen.
Straße an der Grundschule umbennen?
Noch heute ist der Ex-Bürgermeister ein Fan von der Idee, den Namen des großen Sohnes im Stadtbild erscheinen zu lassen. „Wenn eine Stadt außer Hamburg das machen sollte, dann sind wir das“, sagt Kütbach und weist darauf hin, dass die Pläne für eine Karl-Lagerfeld-Straße oder die Umbenennung eines Parks in dessen Geburtsstadt an der Elbe nach seinem Tod im Februar 2019 immer noch nicht umgesetzt sind.
„Auch Neustadt hat es nicht geschafft“, sagt Verena Jeske. Dort steht die Dosenmilchfabrik der Marke Glücksklee, die Lagerfelds Vater Otto zum schwerreichen Mann machte. Heute verkauft dort das Glücks-Café Kaffee und Kuchen.
Kütbach hat bereits eine Idee, wo die Bramstedter ihren Karl verewigen können: Ein Abschnitt der Straße vor der Grundschule am Bahnhof könnte nach Lagerfeld benannt werden. Der Bau beherbergte in den 40er- und 50er-Jahren das Gymnasium, das Lagerfeld besuchte. Kütbach und der Bramstedter Expeditionsspezialist Arved Fuchs übrigens auch.