Kaltenkirchen. 150-mal musste die Feuerwehr im Kreis Segeberg ausrücken – besonders stark betroffen vom Unwetter war Kaltenkirchen.
Das Unwetter kam blitzschnell: Extreme Regenfälle haben in Teilen Kaltenkirchens und in den Nachbardörfern schwere Schäden angerichtet. 150-mal musste die Feuerwehr am Sonntagabend ausrücken. Mehr als 400 Feuerwehrleute und Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) waren mehr als elf Stunden im Einsatz, um Keller und Straßen freizupumpen. „Innerhalb kürzester Zeit waren mehrere Straßen überflutet und nicht mehr befahrbar“, teilte der Kreisfeuerwehrverband mit. Am Montag begann das große Aufräumen.
„So schlimm war es in den vergangenen 30 Jahren nicht“
Seinen letzten Arbeitstag hatte sich Peter Lilienthal ganz anders vorgestellt: Statt gemütlich im Kreise seiner Kollegen den Abschied von der aktiven Laufbahn ins Rentnerdasein zu begehen, musste der 63-Jährige am Montag noch mal richtig ranrauschen. Der Hausmeister der Marschweghalle in Kaltenkirchen und der benachbarten Schule sorgte zusammen mit seinen Hausmeister-Kollegen Rainer Hopp (55) und Tobias Bestmann (31) für Ordnung.
Vor allem in den Kellerräumen der Halle hat das Wasser ganze Arbeit geleistet: Dort gelagerte Möbel und andere Dinge sind reif für den Recyclinghof, ob die Heizung wieder anspringt, muss sich noch herausstellen. Doch eins steht fest: „So schlimm wie diesmal war es in den vergangenen 30 Jahren nicht“, sagte Peter Lilienthal.
Schulhausmeister waren bis Mitternacht im Einsatz
Am Sonntag gegen 18 Uhr waren die Männer zum Marschweg gefahren, alarmierten dann Feuerwehr und THW. Mit vereinten Kräften wurde versucht, das Wasser abzupumpen. Erst kurz vor Mitternacht war für die drei Hausmeister Feierabend – und am Montagmorgen um 6.30 Uhr ging’s dann schon weiter mit dem Aufräumen.
Gegen Mittag konnten Peter Lilienthal und Co. dann aber doch noch zum gemütlichen Teil des Tages übergehen: Zusammen mit einigen Lehrern erinnerte man sich bei Kaffee und Kuchen an so manches Ereignis der vergangenen 30 Jahren – das vermutlich aufregendste war gerade erst ein paar Stunden alt...
Auch Claas-Henrik Heß hat als Feuerwehrmann schon viele Unwetter erlebt, so eines aber noch nie. „So ein lokal begrenztes Starkregenereignis in dieser Größenordnung hatten wir noch nicht“, sagte der stellvertretende Gemeindewehrführer. Während in einigen Vierteln die Sonne schien und die Feuerwehrleute dort auf der Anfahrt zur Wache kaum glauben konnten, dass ein Unwetter die Stadt heimsuchte, liefen im Nordwesten der Stadt Keller und Straßen voll. In einigen Untergeschossen stand das Wasser bis zu 1,5 Meter hoch.
Feuerwehren aus der ganzen Region im Einsatz
„Bei den Wassermengen war die Kanalisation physikalisch nicht in der Lage, den Niederschlag aufzunehmen“, sagte Heß. Auch Mitarbeiter des Tiefbauamts und der Stadtentwässerung waren im Einsatz. Besonders betroffen war der Bereich Friedenstraße, Kamper Weg und Schmalfelder Straße.
Auf der Baustelle des Bauvereins an der Kallieser Straße sackte der Gehweg auf einer Länge von etwa zehn Metern in die Baugrube, die Straße wurde zum Teil unterspült. Im Alten- und Pflegeheim Am Ehrenhain staute sich das Schmutzwasser und überflutete die tiefer gelegene Küche der Einrichtung.
Um die hohe Zahl an Einsätzen bewältigen zu können, forderte die Kaltenkirchener Wehr Unterstützung aus der gesamten Region an. Dazu zählten Feuerwehrleute aus Oersdorf, Kisdorf, Henstedt-Ulzburg und Norderstedt sowie vom THW Kaltenkirchen. Der THW-Ortsverband verfügt derzeit nur über eine begrenzte Zahl von Helfern, weil eine Gruppe zum Katastropheneinsatz in Westdeutschland angefordert wurde.
Drei von vier Wassersaugern fielen am Sonntag aus
Während der Arbeiten wurden die Einsatzkräfte mit unerwarteten Problemen konfrontiert. Der Kommandowagen der Feuerwehr fiel aus, als er bei einer Alarmfahrt von der Bugwelle eines entgegenkommenden Lastwagens getroffen wurde, sodass Wasser in den Motor eindrang. Das Fahrzeug musste zunächst zurückgelassen und danach zur Feuerwache geschleppt werden. „Ob eine Instandsetzung möglich ist, wird zurzeit durch den Technischen Dienst geklärt“, heißt es in einer internen Mitteilung. Außerdem fielen drei von vier Wassersaugern aus. Die Ursache ist bislang unklar.
Auch in mehreren Nachbarkommunen kam es zu heftigen Regenfällen. Die Bramstedter Feuerwehr pumpte zahlreiche Keller leer, in Struvenhütten stand ein ganzer Gebäudekomplex unter Wasser. In Oersdorf trat die Kattenbek über die Ufer, mehrere Grundstücke wurden überschwemmt.
Landesstraße 79 in eine Bereich unterspült
Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein teilte am Montag mit, dass die L 79 zwischen Kreuzung Kattendorf/Oersdorf und Kreuzung Struvenhüttener Straße/L 79/Hauptstraße gesperrt werden musste, einschließlich des Fußgänger- und Radfahrwegs.
Die L 79 ist in einem Bereich von etwa einem bis eineinhalb Meter Umfang in Teilen unterspült und die Hälfte der Fahrbahn überflutet. Die Schadensbehebung wird einige Wochen in Anspruch nehmen. Eine Umleitung verläuft zwischen Struvenhütten und Hüttblek über die L 234 sowie von zwischen Schmalfeld und Kaltenkirchen über die K 71.
In Lentföhrden standen Keller unter Wasser. An der Straße Zur Waldburg fielen acht Eichen mit einem Stammdurchmesser von 1,5 Meter dem Unwetter zum Opfer und versperrten die Durchfahrt.