Henstedt-Ulzburg. Wegen des bestehenden Tanzverbots investiert der Henstedt-Ulzburger Joy-Betreiber in das Projekt „Nordic Bowling“.
Wenn Joey Claussen über sein neues Projekt spricht, werden ihm in der Regel zwei Fragen gestellt: „Bist du jetzt größenwahnsinnig geworden?“ oder „Ist das der Mut der Verzweiflung?“ Die zweite Frage würde der Chef der Diskothek Joy in Henstedt-Ulzburg am ehesten mit Ja beantworten.
Seit 15 Monaten kann er seinen Betrieb an der Gutenbergstraße wegen Corona nicht öffnen, und jetzt engagiert sich der 27-Jährige mit mehreren Hunderttausend Euro im wenige 100 Meter entfernten Bowling-Center. Er lässt die Anlage komplett umbauen und setzt auf anspruchsvolle Küche. „Nordic Bowling“ soll der Treffpunkt künftig heißen.
Öffnung der Disco würde sich für Claussen nicht lohnen
„Ich gehe jetzt volles Risiko“, sagt Claussen. Was treibt den jungen Geschäftsmann, ausgerechnet in unsicheren Zeiten seine finanziellen Möglichkeiten komplett auszureizen? Das Objekt sei mit einem Rohdiamant zu vergleichen, sagt er.
Vom letzten Schliff ist das „Nordic Bowling“ jedoch noch weit entfernt. Das neue Mobiliar ist noch nicht eingetroffen, die Bahnen sind kaum zu erkennen. Überall arbeiten die Handwerker, auf dem Tresen und dem Boden liegt eine dicke Staubschicht. Auf der Terrasse stehen zehn demontierte Toilettenschüsseln. Vom Bowling-Center erhofft sich Claussen, endlich wieder wirtschaftlich arbeiten zu können. Denn nach seiner Einschätzung haben ihn die Behörden im Joy faktisch mit einem Berufsverbot belegt.
„Die Regeln sind absurd“, sagt er. „Eine Öffnung würde jetzt nicht lohnen.“ Bis zu 600 Menschen könnte er in der Disco normalerweise begrüßen, doch jetzt sind es gerade ein mal 70, die geimpft, getestet oder genesen sein müssen. Sie müssen sich anmelden, sich im Joy registrieren, Masken tragen und dürfen sich dann in einer der sieben Lounges niederlassen. Tanzen ist jedoch verboten!
Solange das Tanzverbot gilt, will Claussen Disco nicht öffnen
Claussen weiß, dass er mit diesen Vorschriften kaum jemand anlocken kann. Dabei hat er optimistisch 75.000 Euro in Hygienemaßnahmen investiert und Luftreiniger, Plexiglasscheiben und Technik fürs bargeldlose Bezahlen angeschafft. „So lange das Tanzverbot besteht, werde ich nicht öffnen“, sagt Claussen. Finanziell überlebt habe er nur durch staatliche Hilfen. „Damit können wir uns über Wasser halten und sind dafür dankbar.“
Doch sich über dem Wasser zu halten, das ist nicht das Ziel, das den jungen Unternehmer antreibt. So entstand die Idee, die Bowling-Bahn von Liane Siemers zu übernehmen und auf Vordermann zu bringen. 21 Jahre hat sie den gut gehenden Betrieb mit ihrem Mann geleitet, bis er starb. Für sie stand danach fest: Ich gehe in Rente.
Dann kam Corona. Auch die Zwölf-Bahnen-Anlage, die sieben Tage die Woche geöffnet war, ist seit dem 1. November 2020 geschlossen. Claussen hatte vorher bei seinen vielen Besuchen mit Freunden im Bowling-Center von der Entscheidung aufzugeben erfahren und entschied sich nach langem Nachdenken, dort einzusteigen.
Ende des Jahres will Claussen das Center übernehmen
Noch arbeiten beide zusammen, Liane Siemers berät ihn. Ende des Jahres will er komplett das Center übernehmen. Irgendwann zwischen dem 1. September und dem 3. Oktober soll Eröffnung gefeiert werden. Die Planung hängt wesentlich davon ab, wann genügend Holz für den Umbau lieferbar ist.
Claussen will den Gästen ein komplett renoviertes Center mit nordischem Ambiente, gutbürgerlicher Küche und Cocktails bieten. Damit will er nicht nur Joy-Gäste anlocken, die vor dem Tanzen sich zum Essen und Trinken verabreden, sondern auch ältere Besucher, die Spaß am Bowlen mit guter Gastronomie haben.
200 Besucher kamen an guten Abenden ins Center. So viele sollen es auch werden, wenn Claussen das „Nordic Bowling“ eröffnet. „Ich hoffe auf eine rosige Zukunft“, sagt Claussen. Auch er will mindestens 20 Jahre den Betrieb führen, hat sich Claussen vorgenommen. „Das schafft er“, sagt Liane Siemers. „Er ist jung.“