Bad Bramstedt/Kiel. Vierter Teil des Projekts „Ocean Change“ führt Bramstedter in den Norden. Er will Daten auf dem Ozean sammeln.

Der Abschied am Westufer der Kieler Förde stimmte Arved Fuchs und seine Crew auf eines der wichtigsten Themen ein, mit denen sie sich auf ihrer Expedition beschäftigen werden. Als der Bramstedter mit seinem Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ in Richtung Nord-Atlantik ablegte, waren die Temperaturen in Norddeutschland so hoch, dass Meteorologen von einer „nicht normalen Hitzewelle“ sprachen.

Arved Fuchs startet vierte „Ocean Change“-Expedition

Bei der vierten Etappe seiner Expedition „Ocean Change“ werden sich Fuchs und seine Mannschaft wieder einmal mit dem Klimawandel und der Polschmelze befassen. Dabei arbeitet die Besatzung eng mit dem Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Geomar zusammen und stellt die „Dagmar Aaen“ als schwimmende Forschungsplattform zur Verfügung, die dort hinsegeln wird, wo sonst kaum Schiffe hinkommen.

Lagen die Temperaturen in Kiel am Donnerstag beim Abschied weit über 30 Grad, werden sich die Männer und Frauen in den kommenden Monaten auf Kälte, Nässe und Wind einstellen müssen. Der Törn führt zu den Shetlands und nach Färöer. Von dort geht es über Island und Grönland weiter bis an die kanadische Ostküste. Am 30. September wird die Mannschaft in Lunenburg/Nova Scotia, der ältesten deutschen Siedlung in Kanada, erwartet und dort diese Etappe von „Ocean Change“ beenden.

Fuchs bereiste Kap Hoorn, Antarktis und Nordpolarmeer

Die Serie der Expeditionen unter diesem Titel begann 2015 und führte Arved Fuchs ans Kap Hoorn und in die Antarktis, ins Nordpolarmeer und auch auf die nordfriesischen Inseln. Längst hat sich der 68-jährige Fuchs davon verabschiedet, wie ein Extremsportler die letzten weißen Flecken des Globus aufzuspüren. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Zustand der Meere, ihre Veränderungen durch Erderwärmung und Plastikmüll und die Folgen für die Menschheit zu dokumentieren.

Das Logo der neuen Expedition von Arved Fuchs.
Das Logo der neuen Expedition von Arved Fuchs. © Arved Fuchs Expeditionen | Arved Fuchs Expeditionen

Kaum jemand kennt das nicht mehr ewige Eis des Nordens so genau wie er. Fuchs reist seit 40 Jahren in polare Regionen und ist ein Zeitzeuge geworden, der eng mit der Wissenschaft zusammenarbeitet, aufklärt und mahnt.

„Fuchs ist ein wichtiger Botschafter der Meere“

Geomar-Direktorin Katja Matthes betonte beim Abschied in Kiel, wie wichtig es sei, möglichst viele Daten über die Veränderung der Meere zu sammeln. Die Arktisregion sei eine sehr empfindliche Stellschraube im Klimasystem. „Fuchs ist ein wichtiger Botschafter der Meere“, sagte Matthes.

Fuchs nannte die Arktis „eine Art Frühwarnsystem der Erde“. Um die Veränderungen des Golfstroms zu untersuchen, setzen die Forscher vom Geomar auf der „Dagmar Aaen“ Sonden ein, die dauerhaft Werte wie Salzgehalt, CO2, Leitfähigkeit, Temperatur, Chlorophyll und Sauerstoff im Meerwasser bis zu einer Tiefe von 500 Metern messen.

Golfstrom verliert durch Klimawandel an Kraft

Dieses Meerwasser wird permanent durch die Anlage zirkulieren und die Daten direkt via Satellit ans Geomar senden, das diese Werte 24 Stunden am Tag live auf ihrer 2021 entwickelten Navigationsplattform Beluga abbilden werden. Außerdem installiert die Crew der „Dagmar Aaen“ während der Expedition Messbojen des staatlichen französischen Wetterdienstes Météo-France, die drei Jahre lang autonom Daten sammeln und versenden.

Fuchs bezeichnet den Golfstrom als immens wichtige Wärmepumpe des Planeten. „Schon länger warnen Forscherinnen und Forscher nun davor, dass der Klimawandel dieser Umwälzpumpe die Kraft raubt“, sagt Fuchs. Durch den vermehrten Einstrom von Schmelzwasser und den Rückgang des Meereises habe sich der Strom bereits um rund 15 Prozent abgeschwächt.

Fuchs: „Das ist dramatisch, da der Golfstrom als Kippelement gilt: als eines jener Systeme im weltweiten Klimasystem, das ab einer bestimmten Erderwärmung zu kollabieren droht.“

Modernste Technik an Bord der „Dagmar Aaen“

Bei den Forschungen nutzt die Wissenschaft die „Dagmar Aaen“ erneut als „Ship of Opportunity“. So werden Wasserfahrzeuge bezeichnet, die in selten befahrenen Regionen der Weltmeere unterwegs sind und die mit modernster digitaler Messtechnik in der Lage sind, Daten über den Zustand des Meeres zu sammeln.

Mit Motorkraft verließ die „Dagmar Aaen“ am Donnerstag die Kieler Förde.
Mit Motorkraft verließ die „Dagmar Aaen“ am Donnerstag die Kieler Förde. © dpa | Axel Heimken

„Unite behind the Science lautet unsere Devise“, sagt Arved Fuchs. Der Satz „Vereinigt Euch hinter der Wissenschaft“ stammt von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg und steht dafür, die Erkenntnisse der seriösen Wissenschaft zur Erderwärmung mit ihren Konsequenzen anzuerkennen.

Fuch will globale Zusammenhänge verständlich machen

Fuchs: „Wir müssen eine Saite im Menschen zum Klingen bringen, denn nur dann werden wir die ökologischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit lösen können. Das werden wir nur schaffen, wenn wir möglichst viele Menschen mitnehmen und lernen, die globalen Zusammenhänge besser zu verstehen. Alles hängt mit allem zusammen. Und dafür brauchen wir die Wissenschaft, ganz einfach.“

Mit „Ocean Change“ wolle er die Öffentlichkeit virtuell auf eine Entdeckungsreise über den Nordatlantik mitnehmen. Dabei wird Fuchs den Blick jedoch nicht nur auf die Probleme des Meeres und des Wetters lenken, sondern auch auf die Schönheit von entlegenen Landschaften im hohen Norden, die außer mit einem Expeditionsschiff kaum zu erreichen sind.

Seien Sie live dabei

Das Hamburger Abendblatt wird Arved Fuchs und seine Crew bei der Fortsetzung der Expedition „Ocean Change“ begleiten. Wir veröffentlichen unter www.abendblatt.de die Einträge aus dem Logbuch des Expeditionsschiffes „Dagmar Aaen“, das von Kiel aus in die polaren Gewässer des Nordatlantiks fährt.

Arved Fuchs und die Mannschaft an Bord berichten über ihre Arbeit und veröffentlichen Daten zu den Themen Klimawandel und Polschmelze, Golfstrom, Polschmelze, Überfischung und Vermüllung. Außerdem erfahren die Leser spannende Geschichten über das Leben an Bord. Zum Angebot gehören zusätzlich Videomaterial und ein Podcast.