Bad Bramstedt/Kiel. ZDF hat den Fall des vermissten Bramstedters nachgestellt. Die Kieler Kriminalpolizei geht von einem Verbrechen aus.
Wo ist Baris Karabulut aus Bad Bramstedt? Diese Frage wollen die Kieler Kripo und die Redaktion der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ gemeinsam klären. Die Kieler Kriminalbeamtin Nina Otto wird am heutigen Mittwoch, 9. Juni, im Fernsehen über das rätselhafte Verschwinden des 32-Jährigen berichten, der seit März 2019 vermisst wird. „Das ZDF hat in enger Zusammenarbeit mit der Ermittlungsgruppe einen Beitrag gedreht, der am Mittwoch in der Sendung ab 20.15 Uhr ausgestrahlt werden soll“, sagt Polizeisprecher Matthias Arends.
Keine Hinweise auf Verbleib des Vermissten
Schon lange schließen Polizei und Staatsanwaltschaft nicht mehr aus, dass Baris Karabulut einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Nina Otto gehört der Ermittlungsgruppe an, die seit mehr als einem Jahr an dem Fall arbeitet, doch bislang die Hintergründe nicht aufklären konnte. Auch umfangreiche Suchmaßnahmen am Nehmser See und in Bad Segeberg führten nicht zu dem Vermissten.
„Konkrete Hinweise auf den Verbleib des damals 32-Jährigen ergaben sich nicht“, sagte Arends. Eine weitere Arbeitshypothese der Kriminalisten ist eine Entführung, doch dafür fehlen konkrete Anhaltspunkte. Die Kieler Staatsanwaltschaft habe eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Klärung des Falls führen.
Tagesablauf des Vermissten rekonstruiert
„Ich habe ihm oft gesagt: Fliege nicht schneller als dein Schutzengel.“ Das sind Worte, die seine Mutter Sonja ihrem Sohn Baris immer wieder sagte. Auch die Bramstedterin und ihr Mann Battul berichten, dass sie sich das Verschwinden ihres Sohnes nicht erklären können. Baris Karabulut hatte keinen festen Job und war polizeilich bekannt. „Er handelte mit allem“, sagt seine Mutter. Angeblich war er im Im- und Exportgeschäfte tätig. Das behauptet seine Freundin.
Bei ihr in Seevetal hatte er Tag vor seinem Verschwinden übernachtet. Der Ermittlungsgruppe ist es gelungen, in großen Teilen zu rekonstruieren, wo sich der 32-Jährige an diesem 18. März 2019 aufgehalten hat. Um 9.05 Uhr verließ er die Wohnung seiner Freundin in Seevetal und fuhr mit seinem schwarzen VW Golf IV (SE-EQ 284) nach Norden.
Um 13.08 Uhr traf er sich mit einem Jugendfreund bei einem Penny-Supermarkt in Bad Segeberg, um 13.40 Uhr mit einem weiteren Freund, den die Polizei nur „A“ nennt. Weitere Stationen waren 14.23 Uhr Norderstedt, dort begegnete Karabulut einem Freund aus Hamburg. Um 15.30 Uhr traf er sich erneut in Bad Segeberg mit dem Jugendfreund, um 15.40 Uhr kam er in der Kreisstadt zum zweiten Mal mit „A“ zusammen. Dann endet die Rekonstruktion, Karabuluts Spur verschwindet.
Handy und Wagen am Nehmser See gefunden
Bislang hat die Polizei geschwiegen, was Karabulut mit seinen Freunden besprochen haben könnte und welche Rolle sie möglicherweise bei seinem Verschwinden spielen. Vater Battal hat stets betont, dass er nicht daran glaube, dass sein Sohn in kriminelle Geschäfte verwickelt war. „Der Junge ist zufrieden, sauber und anständig“, sagte der gelernte Polsterer und Sattler 2019 dem Hamburger Abendblatt. Battal Karabulut ist seit Jahrzehnten bei einer Bramstedter Firma beschäftigt ist. Auf die Frage, warum sein Sohn nicht gearbeitet habe, sagte der Vater: „Er war schwer krank und hatte Depressionen.“
Am Abend des 18. März versuchen Baris’ Freundin und die Eltern immer wieder, ihn zu erreichen, doch ohne Erfolg. In der Nacht zum 19. März gelingt es seiner Freundin, sein Handy zu orten. Das Signal kommt vom Ufer des Sees des kleinen Dorfes Nehms bei Bad Segeberg. Sie hat einen Zweitschlüssel, macht sich in der Dunkelheit auf den Weg und findet an der Badestelle den schwarzen VW Golf, doch von ihrem Baris entdeckt sie keine Spur. Im Handschuhfach liegt das Handy. Es ist eingeschaltet.
Polizeitaucher untersuchen den Nehmser See
Auf dem Gerät finden Ermittler mehr als 2300 Kontakte, die Karabulut hatte. Warum fuhr der 32-Jährige nach Nehms? War er in kriminelle Machenschaften verwickelt? Wissen seine Eltern mehr, als sie zugeben? Viele Fragen, die bereits am Anfang die Ermittler beschäftigt haben, sind bis heute unbeantwortet.
Schnell gehen sie dem Verdacht nach, dass Karabulut getötet worden sein könnte. Die Polizei startet eine umfangreiche Suche. Am 9. April 2019 setzen die Beamten Suchhunde ein, die an der B 206 nach Spuren suchen. Zeitweise werden die Fahrbahnen bei Bad Bramstedt gesperrt.
Im Juni 2020 untersuchen Polizeitaucher das Ufer des Nehmser See. Auf dem Parkplatz am See, wo der VW Golf und das Mobiltelefon gefunden worden waren, setzen die Beamten mit Metalldetektoren ein ein. Immer wieder schlagen die Geräte auf dem Boden an, dann graben Bereitschaftspolizisten mit Schaufeln nach metallischen Gegenständen. Die Besatzung eines Hubschraubers der Bundespolizei sucht aus der Luft nach und Spuren. Doch die Ermittler finden nichts, was ihnen bei der Suche nach Baris Karabulut helfen könnte.