Kreis Segeberg. Wege-Zweckverband stellt Gebührensystem um. Verursacherprinzip soll gelten. Doch das benachteiligt Mieter, bemängeln Kritiker.

Der Wege-Zweckband (WZV), der den Hausmüll in 94 Städten und Gemeinden im Kreis Segeberg (ohne Norderstedt) entsorgt, stellt jetzt auf Abfallgebühren um. Bisher wurden die Müllmengen nach Entgelten abgerechnet. Aber diese Praxis würde von 2023 an umsatzsteuerpflichtig, weswegen der Verband schon aus Kostengründen das Rechnungssystem umstellen müsse, erklärte Verbandsvorsteher Peter Axmann auf der Verbandsversammlung in Norderstedt.

Zugleich möchte der WZV mit der Umstellung ein einheitliches Gebührensystem einführen. Das Ziel dabei: Das Vermeiden von Abfall soll belohnt und größere Müllverursacher stärker als bisher zu Kasse gebeten werden, sagte Axmann. Doch das dafür von ihm und den Gremien des WZV favorisierte Modell stößt bei manchen Gemeinden auf Kritik und wurde auf der Versammlung noch nicht beschlossen. Das soll jetzt im August nachgeholt werden. Vor allem die Verbandsvertreter aus Henstedt-Ulzburg kritisierten, dass die Mieter in Mehrfamilienhäusern davon am stärksten belastet würden, und sie befürchten, dass das wilde Ablagern von Müll in der Natur zunehmen werde, weil Sperrmüll künftig ebenso wie die Grünabfälle nicht mehr wie bisher kostenlos bei den Bürgern abgeholt werden soll.

Insgesamt will der WZV mit dem neuen Abrechnungssystem knapp 900.000 der bisherigen 20,9 Millionen Euro Kosten einsparen beziehungsweise mehr einnehmen. Damit würden die Kosten um durchschnittlich 4,2 Prozent steigen.

Verbandsvorsteher Peter Axmann (l.) und Bürgermeister Hanno Krause leiteten die Verbandsversammlung des WZV in Norderstedt.
Verbandsvorsteher Peter Axmann (l.) und Bürgermeister Hanno Krause leiteten die Verbandsversammlung des WZV in Norderstedt. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Wir brauchen ein neues Gebührensystem, das ebenso wirtschaftlich wie ökologisch ist“, begründete Verbandsvorsteher Axmann die geplante Veränderung. So verursache jeder der rund 200.000 Einwohner im Verbandsbereich 188 Kilogramm Restabfall, 117 Kilogramm Biomüll, 78 Kilogramm Altpapier, 68 Kilogramm Sperrmüll, 38 Kilogramm Grünabfall, 31 Kilogramm Verpackungsmüll und 24 Kilogramm Altglas im Jahr. Vor allem beim Restmüll (167,7), Bioabfall (97,2), Sperrmüll (49,2) und Grünabfall (22) liege der Kreis Segeberg demnach weit über dem Landesdurchschnitt. Auch ähnlich große Kreise wie Lauenburg, Stade oder Harburg würden erheblich weniger Rest-, Bio- und Sperrmüll verursachen. „Da gibt es für uns noch sehr viel Potenzial nach oben, Müllmengen einzusparen“, sagte Axmann.

Da aber zurzeit die Entsorgungskosten nicht linear an die Behältergrößen angepasst seien, gebe es für viele Kunden keine finanziellen Anreize, kleinere Tonnen zu nehmen, diese weniger häufig an die Straße zu stellen oder überhaupt weniger Müll zu verursachen, sagte Axmann. „Große Tonnen sind preislich zu attraktiv. Das ist so nicht mehr haltbar. Das müssen wir ändern.“

Und so würden nach Berechnungen der Beratungsfirma Econum aus Hamburg, die zwei Gebührenmodelle für den WZV entwickelt hat, die großen 660 und 1100 Liter fassenden Müllcontainer im vom WZV favorisierten Modell um 40 bis 50 Prozent teurer werden, während die 120-Liter-Tonne bei vierwöchentlicher Leerung um ein Drittel günstiger wird. Diese kostet zurzeit bei gleichgroßer Biotonne zwischen 240 und 290 Euro an Abfallgebühren im Jahr, je nach Entleerungsintervall. Das würde die überwiegende Zahl der 78.000 Haushalte im Kreis Segeberg finanziell entlasten.

Landet Sperrmüll demnächst vermehrt in der Natur?

„Sie können für sich entscheiden, wann sie die Mülltonne an die Straße stellen“, erklärte Axmann. „Sie müssten dann nur noch neben einer Grundgebühr für die Male bezahlen, an denen die Tonne tatsächlich geleert würde – allerdings mindestens 15-mal im Jahr.“

Axmann hält dies für ein gerechteres System, das nach dem Verursacherprinzip angelegt sei, als das bisherige. Zumal die 120-Liter-Tonne mit knapp 90 Prozent aller Entleerungen überwiege und so viele Haushalte im Kreis davon entlastet werden würden. Dem widersprach allerdings Dieter Riemenschneider (SPD) aus Henstedt-Ulzburg. „Als Rentner und Mieter in einem Mehrfamilienhaus kann ich das gar nicht beeinflussen. Ob ich den Müll rausstelle oder nicht, er wird sowieso geleert“, sagte er und befand: „Ein solches System ist nicht bürger- und haushaltsfreundlich.“ Axmann entgegnete der Kritik, der WZV wolle versuchen, mit Beratungen und sozialer Kontrolle dieses Problem der weitgehend anonymen Situation in Mehrfamilienhäusern in den Griff zu kriegen. Elleraus Vizebürgermeister Peter Groth sagte: „Es braucht Anreize für die Bürger, um Müll zu vermeiden. Wir werden dem neuen System zustimmen.“

Henstedt-Ulzburgs Bürgermeisterin Ulrike Schmidt kritisierte an dem neuen Konzept, dass die bisher kostenlose Abholung von Sperrmüll wegfallen soll. Die Bürger könnten aber jederzeit bis zu zwei Kubikmeter Sperrmüll kostenlos zu den fünf Recyclinghöfen in Norderstedt, Bad Segeberg, Damsdorf, Schmalfeld und Neumünster bringen, so Axmann. Das sei aber „unzumutbar“ für jene auch älteren Bürger, die kein Auto besäßen, warnte Bürgermeisterin Schmidt. Holger Altenscheidt, Vizebürgermeister von Großenaspe, sekundierte: „Ich befürchte, dass dann der Rest- und Sperrmüll vermehrt illegal entsorgt wird.“

Hanno Krause, Bürgermeister von Kaltenkirchen und Vorsitzender der Verbandsversammlung, erkannte, dass die System-Umstellung nicht von allen Mitgliedern getragen würde. Darum beantragte er, die Entscheidung darüber auf die nächste Verbandsversammlung am 30. August zu verschieben. Bis dahin sollten offene Fragen geklärt werden. „Auch wenn es wohl kein Berechnungsmodell geben wird, das eine 100-prozentige Zustimmung findet.“