Norderstedt. Stürzte Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen über einen zweifelhaften Deal? Das steckt hinter dem Konflikt zwischen Gastronomen und Stadtwerken.

Der Kaffee-Streit im Stadtpark – wer darf wem was servieren an der Seepromenade? Im Clinch liegen die Betreiber des Strandhauses, des Spotz an der Wasserski-Anlage und die Stadtwerke mit ihren Sparten Stadtpark GmbH und Arriba-Strandbad. Und immer deutlicher wird, dass hinter dem Konflikt viel mehr steckt, als nur Kaffee, Kuchen und der Umsatz damit.

Es geht um falsche Vergaben öffentlicher Aufträge, nicht eingehaltene Absprachen und das Überschreiten von Kompetenzen – letzteres dürfte dem langjährigen Arriba-Geschäftsführer Ruud Swaen mutmaßlich sogar nach 26 Jahren im Unternehmen den Kopf gekostet haben.

Inzwischen scheint eine künftige Zusammenarbeit zwischen dem derzeitigen Strandhaus-Betreiber und den Stadtwerken Norderstedt ausgeschlossen zu sein. Nachdem der Streit im Spätsommer des vorigen Jahres eskaliert war (das Abendblatt berichtete), soll es im Oktober ein Treffen zwischen der Werkleitung, den Strandhaus-Pächtern und Anwälten beider Parteien gegeben haben. Darüber reden wollen mit dem Abendblatt aber nur die Betreiber des Strandhauses. „Uns wurden drei Möglichkeiten aufgezeigt – alle endeten damit, dass wir gehen sollen“, sagt Christoph Clauß, kaufmännischer Leiter beim Strandhaus.

Pachtvertrag wurde um weitere 20 Jahre verlängert

Noch im Mai 2020 soll der damalige Arriba-Chef Ruud Swaen den Pachtvertrag mit den Strandhaus-Betreibern Janett und Aydin Farhadi verlängert haben – um stattliche 20 weitere Jahre. Zuvor verlängerte sich der Deal immer nur um ein Jahr zum Jahresende. Doch der Gastronom wünschte sich mehr Planungssicherheit. Die Vertragsverlängerung habe Swaen offenbar eigenmächtig ohne Kenntnis seines Arbeitgebers zugesagt. Ein öffentlicher Vertrag mit diesem finanziellen Umfang könnte außerhalb der Kompetenz des Arriba-Leiters gelegen haben und hätte von den Stadtwerken ausgeschrieben werden müssen – damit Mitbewerber die Chance auf Zuschlag bekommen.

Jahrelang wurde dies aber wohl anders gehandhabt. Es heißt, die Werkleitung der Stadtwerke habe erst von dem neuen Bündnis erfahren, als der Streit hochkochte und man den Pächter so schnell wie möglich loswerden wollte. Kündigungen seien nun unwirksam gewesen, weil sie angeblich gegen das Zivilrecht verstießen.

Aydin Farhadi (l.) vom Strandhaus und Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen.
Aydin Farhadi (l.) vom Strandhaus und Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen. © Andreas Burgmayer | Andreas Burgmayer

Ende 2020 gaben die Stadtwerke dann bekannt, dass Ruud Swaen wegen einer „neuen Organisationsstruktur“ das Unternehmen verlassen wird. Nach 26 Dienstjahren. Hat ihn sein Alleingang den Kopf gekostet? „Nein“, sagt Stadtwerke-Sprecher Oliver Weiß und verweist auf die offizielle Erklärung von damals: „Die Stadtwerke wollen das Arriba- Erlebnisbad strategisch optimiert und wirtschaftlich effizienter aufstellen. Werkleiter Nico Schellmann hat den technischen Betrieb des Bades übernommen, deswegen ist die Position eines Badmanagers schlicht entfallen.“

Vertragslage zwischen Stadtwerken und Strandhaus bleibt ungeklärt

Swaen selbst sagte dem Abendblatt damals, er sei „wegrationalisiert“ worden. Zum Strandhaus äußert sich der ehemalige Arriba-Manager, der ein gutes Verhältnis zum Betreiber pflegte, nicht. Es heißt, er befinde sich derzeit mit den Stadtwerken vor dem Arbeitsgericht. In der Stadt kursiert, dass die Stadtwerke ihm an die 160.000 Euro Abfindung zahlen wollen.

Unterdessen bleibt die Vertragslage zwischen Stadtwerken und Strandhaus ungeklärt. Das Strandhaus-Team habe dem städtischen Versorger angeboten, die Vertragslaufzeit auf zehn Jahre zu halbieren, sagt Clauß. Darauf sollen sich die Stadtwerke nicht eingelassen haben. „Uns wurde klargemacht, dass wir den Vertrag entweder freiwillig zerreißen können oder man ihn über das Vergaberecht ungültig machen würde“, sagt Clauß. Zerrissen haben die Strandhaus-Betreiber das Schriftstück nicht.

Dafür schaltete sich Anfang des Jahres eine dritte Partei ein, die PED Verwaltungsgesellschaft mbH. Die Firma bekundete ihr Interesse an der Gastronomie am Stadtparksee und klagte vor der Vergabekammer: Die Stadtwerke hätten die Stelle des Betreibers öffentlich ausschreiben müssen. Ansonsten verstießen sie gegen das Vergaberecht – wie von der Werkleitung angekündigt.

PED bekam Recht. Die Strandhaus-Betreiber legten Beschwerde beim Oberlandesgericht in Schleswig ein. Ein Urteil wird Ende Mai erwartet. Bekämen Christoph Clauß und sein Team nicht die Zustimmung des Gerichts, müssten die Stadtwerke die Pacht für das Strandhaus neu ausschreiben. Betont wird von den Stadtwerken, dass sich natürlich auch die aktuellen Betreiber dann erneut bewerben können.

Kaffee-Streit im Norderstedter Stadtpark

Doch selbst bei einer Neuausschreibung bliebe es mutmaßlich auch bei den Konditionen, die auf jeden neuen Pächter im Stadtpark warten und die der Grund für die aktuelle Auseinandersetzung im Park sind. Die Gastronomin Anne Rumpel, Chefin der Spotz Seeterrassen, der Wasserski- und Adventure-Golf-Anlage, hat von der Stadtpark GmbH die rechtliche Zusicherung bekommen, über das gastronomische Angebot im Park zu bestimmen. Die Familie Rumpel hatte nach der Landesgartenschau 2011 das Gastronomiegebäude und die Attraktionen auf eigene Kosten gebaut – und sich im Gegenzug das Bewirtungsrecht ausbedungen.

Auf der anderen Seite hat das Arriba-Erlebnisbad einen Mietvertrag mit der Strandhaus Norderstedt GmbH abgeschlossen. Das Strandhaus darf in der Hauptsaison nur Badegäste mit Snacks und Getränken bewirten und bei schlechtem Wetter als Café und Bistro ohne warme Speisen geführt werden. Laut Christoph Clauß dürfen die Betreiber das Strandhaus laut Vertrag aber auch in der Nebensaison bewirten – und das ohne die Einschränkungen wie im Sommer und das Vorgriffsrecht von Anne Rumpel.

Wäre dem so, hätten die Stadtwerke mit den beiden Gastronomen im Park widersprüchliche Verträge abgeschlossen. „Nach unserer Auffassung widersprechen sich die Verträge nicht“, sagt Sprecher Oliver Weiß. „Das Strandhaus ist vorrangig für ein gastronomisches Angebot zuständig, das den Betrieb des Arriba-Strandbades unterstützt.“

Strandhaus sollte 300 Euro pro Veranstaltung zahlen

Um das Verhältnis zwischen Anne Rumpel und den Strandhaus-Betreibern soll es nicht gut bestellt sein – der Versuch, mit kollegialen Absprachen Frieden zu schaffen, scheiterte. Anne Rumpel hat dem früheren „Haus am See“ nun ein neues Konzept verpasst, erneut investiert und den Laden Spotz genannt. Zur Neueröffnung wollte sie Gebrauch von dem ihr zustehenden Vorzugsrecht machen, heißt es. Das Strandhaus sollte weiter Veranstaltungen wie Hochzeiten, After-Work-Partys und Lesungen durchführen dürfen, aber nach der Badesaison auf das tägliche Kaffee-und-Kuchen-Geschäft verzichten.

Zudem sollte der Pächter für jede öffentliche Veranstaltung 300 Euro Netto an Anne Rumpel zahlen, berichtet Christoph Clauß. „Dagegen haben wir uns gewehrt.“ Einen Vertrag, in dem diese Zahlung festgehalten ist, gibt es allerdings. Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen, Arriba-Betriebsleiter Stefan Mölck, Stadtpark-Chef Kai Jörg Evers und Anne Rumpel sollen ihn abgeschlossen haben, auch um die Wogen zwischen den Gastronomen zu glätten. Übernommen haben soll die Zahlungen an Rumpel allerdings nicht das Strandhaus – sondern direkt das Arriba-Bad.