Norderstedt. Hohe Nachfrage bei neuer Anmeldephase für die Impfzentren. Wer Geduld bewies, wurde teilweise nach stundenlanger Wartezeit noch belohnt
In nicht einmal 24 Stunden sind landesweit alle der 200.000 verfügbaren Impftermine für den Wirkstoff von Astrazeneca vergeben worden. Der Anmeldestart auf impfen-sh.de für die zweithöchste Prioritätsgruppe, darunter Bürger im Alter von 70 bis 79, Kita- und Grundschulpersonal, die Polizei oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen, hatte etwa 860.000 Menschen umfasst. Auch für die drei Impfzentren im Kreis Segeberg – an der Borsigstraße in Kaltenkirchen, einer Tennishalle in Wahlstedt und die „TriBühne“ in Norderstedt“ – waren tausende Astrazeneca-Termine buchbar, separat sind die Mittel von Biontech und Moderna für Menschen über 80 vorgesehen, die neben dem telefonischen Weg auch wieder impfen-sh.de nutzen können.
Teilweise über 100.000 Menschen in der Warteschleife
Weil die Nachfrage das Angebot immer noch übersteigt und das System teilweise am Limit ist, lagen Frust und Freude wieder eng beieinander. So wie Monika Opresnik aus Tangstedt, sie ist über 70 Jahre alt, war also nun erstmals eingeladen, sich anzumelden. „Wir versuchten direkt um 17 Uhr, uns einzuloggen. Aber es war wohl überlastet, die Seite hat sich nicht aufgebaut.“ Geduld und Hartnäckigkeit sind gefragt, das haben landesweit viele Menschen in diesem Jahr erfahren beim Bemühen um Impftermine. So auch Opresnik. Später war der erste Andrang offenbar überstanden, „da konnte ich mich direkt registrieren“. Ein animiertes Laufband illustrierte die Warteschlange – um kurz nach 17 Uhr waren es über 100.000, eine Stunde später dann nur noch eine vierstellige Zahl. Im nächsten Schritt wird nach der Berechtigung gefragt. Die Tangstedterin gab dann ihre Postleitzahl an, das System empfahl das Norderstedter Zentrum. Sie wählte einen Termin, dieser schien akzeptiert – dann trat ein Fehler auf. Und das dreimal. Also noch einmal von vorn. Jetzt versuchte sie Kaltenkirchen, reservierte eine Zeit – „ist schon vergeben“, antwortete das Onlineportal.
Der dritte Versuch sollte eigentlich wieder in Norderstedt sein, doch da waren nur noch zehn Termine offen, also klickte Opresnik auf Bad Oldesloe. Und tatsächlich: Wenige Momente später war alles gebucht, die erste Impfung findet Mitte März statt. Ihr Fazit: „Vom logischen Aufbau ist das schon in Ordnung. Aber wer nicht so darin geübt ist…“
Frustrierend verlief hingegen der Abend für Abendblatt-Leser Roland Schubert. Er hat keinen Termin bekommen, macht seinem Ärger in einer Mail an unsere Redaktion Luft. „Selbst sogenannte Drittstaaten sind bei der Covid-19-Impfung dem hochgelobten Export- und Kultur-Weltmeister um Längen voraus“, schimpft er. Immerhin 24 Minuten sei der Server stabil gewesen, „dann ging absolut nichts mehr. Error 404“. Er vermutet: Um 17 Uhr waren die IT-Fachleute schon im Feierabend. Schubert hätte sich gewünscht, dass Krankenkassen oder Sozialversicherungsträger die Anmeldungen übernehmen. Stattdessen würde Deutschland nicht aus Fehlern lernen. „Dass jetzt auch noch die ältere Generation in solcher Art und Weise vorgeführt wird, ist ein Armutszeugnis ohne Ende. Und das Schlimmste? Es ist weit und breit keine Besserung in Sicht.“
Das Deutsche Rote Kreuz unterstützt, wie berichtet, mit einem Impfpatenprojekt Senioren bei der Buchung von Terminen, bei der Fahrt in ein Zentrum und vor Ort bei den Abläufen. Wer Betreuung benötigt, kann sich unter 040/528 33 02 (Mail: impfpate@drk-nordersted.de) melden. Der Ortsvorsitzende Christoph von Hardenberg berichtet: „Als ich um 18.30 Uhr geguckt hatte, waren alle Termine in Schleswig-Holstein ausgebucht. Dann habe ich wieder um 22.30 Uhr geschaut – und da gab es wieder welche.“ Vermutlich Stornierungen, schätzt er.
Die meisten Impftermine sind vorerst vergeben
Persönlich loggte sich von Hardenberg, der über 70 Jahre alt ist, Mittwoch noch einmal ein – „und da habe ich für mich sogar noch einen Termin bekommen“. Parallel berichtet er von einem Mann aus der höchsten Prioritätsgruppe, der es telefonisch im achten Versuch schaffte – und sogar unbürokratisch einen Termin für seine Frau, die in der zweiten Gruppe ist, sicherte. „Die Technik ist jetzt gut“, so von Hardenberg. „Aber wir haben noch viele Senioren auf der Warteliste. Für uns wäre es interessant zu wissen, ob es weitere Termine geben wird.“
Laut Sozialministerium gab es am Mittwochnachmittag noch Termine für die Gruppe Ü 80 (Biontech und Moderna). „Wann weitere Termine verfügbar sein werden, hängt von der verfügbaren Impfstoffmenge beziehungsweise den Lieferungen des Bundes ab“, so ein Sprecher. Durch Stornierungen oder Doppelbuchungen kann es aber vorkommen, dass vereinzelt weiterhin online gebucht werden kann.