Norderstedt. Theater spielen, Sport treiben, musizieren – alles per Videokonferenz. Das Abendblatt stellt Norderstedter Digitalprojekte vor.

Die Pandemie trifft junge Menschen hart. Sie dürfen ihre Freunde nicht treffen, keine Partys feiern, nicht die Welt entdecken oder in ihren Sportmannschaften trainieren. Sie müssen auf vieles verzichten, was das Jungsein eigentlich ausmacht. Zu Hause rumzuhängen kann nicht nur ganz schön langweilig sein, sondern auch auf die Psyche schlagen und schon in jungen Jahren sehr belastend sein.

In Norderstedt gibt es eine Reihe von Online-Angeboten, um Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Zeit ohne viele soziale Kontakte zu erleichtern. Das Abendblatt stellt einige von ihnen vor.

Die inklusive Theatergruppe "Bunte Marmeln"

Jan rückt mit seinem Gesicht ganz dicht an die Kamera seines Computers heran, verstellt seine Stimme und spricht so dunkel und gruselig er nur kann: „Ich verfluche euch alle! Ich mache euch alle krank und vernichte das Land!“ Valentina sitzt in ihrem Zimmer und kichert. So böse kennt sie Jan gar nicht. Kein Wunder, der 30-Jährige schauspielert ja auch nur. Jan spielt in dem neuen Stück der inklusiven Theatergruppe „Bunte Marmeln“ die Hauptrolle, den bösen Geist, der die Menschheit mit einem Fluch belegt hat. Prinzessin Jasmin – gespielt von Valentina – ist in einem Turm gefangen. „Ich bin traurig und allein“, sagt sie und verzieht das Gesicht zu einer Schnute, „ich möchte meine Freunde treffen.“ Dafür braucht sie allerdings eine Maske ...

Seit vier Wochen probt die Gruppe das Theaterstück, das den Arbeitstitel „Der Fluch“ trägt und an die aktuelle Corona-Lage angelehnt ist. Die Menschen mit Behinderung treffen sich nicht wie gewohnt im Gemeindesaal der Albert-Schweitzer-Kirche in Norderstedt, sondern online über die Plattform Zoom. „Das klappt sehr gut. Ich war sehr überrascht, wie gut die Theaterspieler mitmachen und wie unbefangen sie an die Sache herangegangen sind“, sagt Theaterpädagogin Silke Ahrens-Rapude.

Die Teilnehmer sprechen ihre Textpassagen durch, Ahrens-Rapude führt durch die Szenen und gibt Tipps. Die 54-Jährige würde sich freuen, wenn auch mehr Menschen ohne Behinderung Lust hätten, mit den „Bunten Marmeln“ Theater zu spielen. Derzeit besteht die Gruppe aus sechs Nachwuchsschauspielern mit geistiger Behinderung. „Man kann jederzeit bei uns einsteigen“, betont Ahrens-Rapude. Das Projekt wurde von der Lebenshilfe und der Volkshochschule Norderstedt gegründet. Im Mai soll das neue Stück bei der Kunst- und Kulturwoche in Henstedt-Ulzburg aufgeführt werden, im November soll die große Vorführung im Festsaal am Falkenberg folgen – wenn Corona, der böse Geist, es zulässt.

Mehr Infos und Anmeldung unter vhs-norderstedt.de; Telefon: 040/535 95 900

Die AHAL-Regeln gegen Corona: So verringern sie das Ansteckungsrisiko

  • Abstand halten: Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Hygiene: Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund, waschen Sie sich regelmäßig die Hände mit Seife und achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Im Alltag Maske tragen: Auch wo die (erweiterte) Maskenpflicht nicht gilt, ist es empfehlenswert, sich und andere vor Ansteckung zu schützen. FFP2-Masken oder OP-Masken bieten Schutz vor Ansteckung
  • Lüften: Wenn Sie sich mit anderen Personen in einem Raum aufhalten, lüften Sie regelmäßig, um das Risiko einer erhöhten Viruskonzentration in der Raumluft zu verringen
  • Außerdem: Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden

Das digitale Jugendzentrum "Digi Juz"

Die Jugendhäuser und Bauspielplätze in Norderstedt haben geschlossen. Um Jugendlichen dennoch eine Anlaufstelle zu bieten, hat das Jugendamt einen virtuellen Treffpunkt kreiert: das „DIGI.JUZ“, das digitale Jugendzentrum. Die Mitarbeiter der offenen Kinder- und Jugendarbeit haben die Inhalte liebevoll gestaltet. Jede Woche informieren sie in den „DIGI.News“ über das aktuelle Geschehen in der Welt und in Norderstedt. Immer wieder laden sie unterhaltsame Videos hoch, in denen sie sich gegenseitig duellieren: Wer kann schneller Laub haken? Wer trifft mit dem Fußball aus zehn Metern öfters ins Tor? Und wer wirft die meisten Tischtennisbälle in die Becher? Auch können Jugendliche online lernen, wie sie Dinkelbrot backen oder Akkorde auf dem Klavier spielen. „Wir wollen signalisieren: Wir sind immer noch für euch da. Egal, ob ihr nur quatschen wollt oder Sorgen habt – meldet euch“, sagt Jugendamtsleiterin Ulrike Bülter.

Die Jugendhäuser sind jederzeit telefonisch erreichbar. Das Angebot wird jedoch kaum angenommen. „Das scheint nicht das Medium zu sein, das Jugendliche brauchen. Wir müssen sie anders erreichen, auch deshalb haben wir das digitale Jugendzentrum ins Leben gerufen“, erklärt Bülter. Wie oft die Videos angesehen werden, kann das Jugendamt nicht überprüfen. Die Klickzahlen sind nicht sichtbar. Doch schon jetzt steht für Bülter fest: „Das DIGI.JUZ bleibt erhalten, auch wenn Corona vorbei ist.“

Der virtuelle Treffpunkt ist unter folgendem Link erreichbar: https://www.norderstedt.de/Soziales-und-Familie/Kinder-Jugend-und-Familie/Norderstedts-Digitales-Jugendzentrum/

Sport treiben in der Videokonferenz mit dem Norderstedter SV

Sport ist nicht nur gut für den Körper, sondern auch für die Seele. Deswegen will der Norderstedter Sportverein (NSV) dafür sorgen, dass sich insbesondere Kinder während des Lockdowns ausreichend bewegen. Gemeinsam mit dem 1. SC Norderstedt produziert der Verein YouTube-Videos für kleine und große Sportler. Dort zeigen Trainer Judowürfe und Tanzschritte oder verbinden eine Faschingsparty mit Sportübungen. Die Videos sind frei zugänglich und können auch von Nicht-Mitgliedern genutzt werden.

Hauptsächlich spielt sich das Vereinsleben derzeit in Zoom-Konferenzen ab, wie Geschäftsführer Steffen Liepold berichtet. „Unsere Trainer geben sich sehr viel Mühe, um die Kinder bei Laune zu halten.“ Fast alle Sportarten werden online unterrichtet. Kampfsportler feilen vor allem an ihrer Technik, weil sie aneinander keine Griffe üben können. Kleine Reiterinnen und Reiter nehmen die Theorie durch: Was fressen Pferde? Wie legt man einen Sattel an? Auch Mannschaftssportler kommen regelmäßig bei Zoom zusammen. „Es ist wichtig, dass sie den Kontakt halten“, sagt Liepold. Sie treten in Challenges gegeneinander an. Zum Beispiel werden die Kinder oder Jugendlichen in zwei Gruppen aufgeteilt. Welches Team zusammengezählt als Erstes die Strecke eines Marathons zurückgelegt, gewinnt.

Fabienne Franken unterrichtet Ballett in ihrem Wohnzimmer für den NSV. Die Kinder sieht sie auf ihrem Fernseher. „Ich bin überrascht, wie gut sich die Kinder konzentrieren können und mitmachen, obwohl ich nicht körperlich anwesend bin“, sagt die 38 Jahre alte Tanzpädagogin. Dennoch würde es sich bemerkbar machen, dass einige Kinder so langsam unter einem „Zoom-Koller“ litten, schließlich findet auch ihr Schulunterricht in der virtuellen Welt statt. „Ich sage ihnen dann, dass sie sich leider noch ein bisschen gedulden müssen, bis wir uns alle wieder treffen können.“

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Die kleinen Ballettschüler lernen in Fabienne Frankens Unterricht nicht einfach nur Bewegungen und die passenden Ballettbegriffe wie Plié und Piqué. Sie haben Raum, um den anderen von ihren Erfahrungen oder auch Sorgen, die sie gerade haben, zu berichten. „Einige Kinder erzählen, wie sehr sie der Distanzunterricht belastet. Sie brauchen auch außerhalb der Familie Menschen, denen sie sich anvertrauen können“, sagt Franken.

Es funktioniert online, Nachwuchsballerinas das Stehen an der Stange beizubringen – auch ohne Stange. „Alle sollen sich gleich fühlen und die gleichen Voraussetzungen haben“, sagt Franken. Deswegen hat auch die Lehrerin keine richtige Ballettstange zu Hause, sondern nutzt die Lehne des Küchenstuhls, den Türgriff oder den Schreibtisch, um sich festzuhalten. „Ich schaue in dankbare Kinderaugen. Sie sind froh, dass es diese Ablenkung gerade gibt.“

Mehr Infos und Videos unter norderstedter-sv.de

Digitaler Musikunterricht in der Musikschule

Egal, ob Klavier, Gitarre oder Cello – Kinder und Jugendliche können trotz Pandemie und Kontaktbeschränkungen ein Instrument erlernen und die Zeit zu Hause sinnvoll nutzen. Die Lehrer der Musikschule Norderstedt geben Online-Unterricht von 30 oder 45 Minuten, je nach Wunsch und Verfügbarkeit. Es wird fast ausschließlich Einzelunterricht angeboten, in einzelnen Fällen auch Kleingruppenunterricht. „Wichtig ist neben den Musikinstrumenten gutes technisches Equipment wie Kameras, Mikros, Lautsprecher und stabile Leitungen“, sagt Rüdiger George, Leiter der Musikschule.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Anmeldungen sind jederzeit möglich. Allerdings ist es von Vorteil, wenn Kinder bereits Kontakt zu einem Instrument hatten. „Online-Unterricht ist eine sinnvolle Alternative für Schülerinnen und Schüler, die schon Präsenzunterricht auf dem Instrument hatten. Nur bedingt ist er für Kinder und Jugendliche geeignet, die mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes komplett neu beginnen“, sagt George.

Mehr Infos unter www.musikschule.norderstedt.de