Henstedt-Ulzburg. Der Alvesloher arbeitet aktiv im Nabu Kisdorfer Wohld. Er passt auf, dass Hunde angeleint sind und Spaziergänger nicht querfeldein gehen.
Wer hier spazieren geht, bewegt sich auf wahrhaft geschichtsträchtigem Grund: Die Geschichte des Henstedter Moores begann etwa 3200 Jahre vor unserer Zeitrechnung und ist heute noch lange nicht abgeschlossen. Das 218 Hektar große Areal am Rande des Ortsteils Rhen soll bald in seinen Urzustand zurückversetzt werden. Seit einigen Wochen werden Spaziergänger mit großen und kleinen Tafeln auf die Besonderheit dieses Naturschutzgebietes hingewiesen. Es ist ein wichtiger Schwerpunktbereich des landesweiten Biotopverbundsystems.
René Kuhns verbringt die Wochenenden bei schönem Wetter gerne auf dem Wanderweg, der durch das Henstedter Moor führt. Hier kennt er sich bestens aus: Der Alvesloher arbeitet aktiv im Nabu Kisdorfer Wohld in dessen Zuständigkeitsbereich diese Moorfläche fällt. Allerdings ist Kuhns nicht bei allen Spaziergängern gerne gesehen; denn zu seinen Aufgaben gehört es, Hundebesitzer anzusprechen, die ihre vierbeinigen Lieblinge von der Leine lassen und mit ihnen womöglich sogar querfeldein marschieren.
Das ist verboten, und wer einer höflichen Erinnerung an die Anleinpflicht nicht nachkommt, muss unter Umständen ein Bußgeld zahlen. Nicht René Kuhns selbst kassiert das Geld, aber er meldet die Daten an die zuständige Behörde beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, die sich dann um alles Weitere kümmert.
Viele Hundebesitzer sind einsichtig, manche nicht. „Dann kann es schon mal zu verbalen Auseinandersetzungen kommen“, sagt Kuhns. Und immer wieder trifft er auch auf „rückfällige“ Hundebesitzer, die er nach einer Ermahnung erneut ohne Leine antrifft. Das kann für die Betroffenen dann schon empfindlich teuer werden.
Als Schutzgebietsbetreuer setzt sich René Kuhns in seiner Freizeit für den Schutz des Henstedter Moores und anderer Schutzgebiete in der Umgebung ein, weil er möchte, dass ein Stück intakter Natur nicht nur erhalten bleibt, sondern auch in einem langwierigen Prozess wieder weitgehend in einen ursprünglichen Zustand zurückversetzt wird. Unterstützt wird er von Johannes Engelbrecht, dem Naturschutzbeauftragten der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Auch er mahnt Hundebesitzer zur Vorsicht.
Langfristiges Ziel ist die Wiedervernässung des Moores
Dieses Moor wurde im April 2017 zum Naturschutzgebiet erklärt. Es liegt überwiegend in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg, auf Teilgebieten aber auch auf Norderstedter und Tangstedter Gebiet. Schon 2018, so der Plan, sollten Bagger anrücken, um Gräben abzuflachen oder zu verfüllen. Langfristiges Ziel ist die Wiedervernässung des Moorkernbereichs, um eine Renaturierung zu erreichen. Aus eigener Kraft schafft das Moor es nicht mehr: Der Charakter des Moor-Heide-Gebiets hat sich im Laufe der Jahrhunderte dermaßen verändert, dass die natürlichen Voraussetzungen für die Hochmoorregeneration fehlen.
Im Mai 2020 zerstörte ein Feuer drei Hektar Moorfläche
Aus diesen Plänen ist aber bis heute nichts geworden. Teilweise ungeklärte Eigentumsverhältnisse und andere widrige Umstände haben die Maßnahmen verzögert. Einer dieser Umstände war zum Beispiel ein großer Flächenbrand, der im Mai vergangenen Jahres knapp drei Hektar Moorfläche zerstörte. Auslöser war mutmaßlich ein glimmender Zigarettenstummel, von einem Hundebesitzer achtlos weggeworfen.
„Aktueller Stand ist, dass die zuständige Fachkollegin aufgrund des Flächenbrandes die Untere Naturschutzbehörde gebeten hat, einen Termin zur Abstimmung von Wiedervernässungsmaßnahmen anzuberaumen“, sagt Martin Schmidt, Sprecher des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Auf diesen Termin warten alle Beteiligten bis jetzt. Corona und sonstige fehlende Kapazitäten, so vermutet Schmidt, hätten zur Verzögerung geführt.
Die kürzlich angebrachten Hinweistafeln weisen die Besucher des Naherholungsgebiets immerhin auf die Besonderheiten der Landschaft hin. Einige große Tafeln und mehrere kleine Schilder stehen am Rand des Wanderweges und in einigen anderen Bereichen des Gebiets. Es gibt Hinweise über Flora, Fauna und die Geschichte des Moores.
Etwas abseits des Weges wurden erste Renaturierungsmaßnahmen schon vor zwei Jahren erfolgreich abgeschlossen: Auf einer ehemaligen Heidefläche wurde die Grasoberfläche mit Maschinen „abgeplaggt“. Aus der kargen, sandigen Oberfläche sprießen inzwischen Heidepflanzen, deren Samen viele Jahre in der Erde überlebt haben. Ob es 2021 mit weiteren Regenerationsmaßnahmen klappt? Die Experten rechnen ohnehin in ganz anderen Zeiträumen: Erst in 20 bis 30 Jahren, davon gehen die Mitarbeiter des Landesamtes aus, könnte das Moor wieder intakt sein.