Berlin/Neumünster. Mehr als 236.000 Menschen nehmen an der „Stunde der Wintervögel“ teil – ein sattes Plus von 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Mehr als 236.000 Menschen haben am Wochenende vom 8. bis 10. Januar an der
11. „Stunde der Wintervögel“ teilgenommen – das ist ein sattes Plus von 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Beim Naturschutzbund Deutschland und seinem bayerischen Partner, dem Landesbund für Vogelschutz, wurde die Rekordteilnahme mit Begeisterung zur Kenntnis genommen.

13.514 Naturfreunde melden 327.121 Vögel

Beim Nabu Schleswig-Holstein freut man sich über eine Verdoppelung der Teilnehmerzahlen. Im nördlichsten Bundesland haben 13.514 Naturfreunde dem Nabu 327.121 Vögel aus 8938 Gärten und Parks gemeldet. Im Vorjahr waren es 6758. „Wir freuen uns über das große Interesse an der heimischen Vogelwelt“, so Nabu-Biologe Ingo Ludwichowski. „So werden die Ergebnisse von Deutschlands größter wissenschaftlicher Mitmachaktion noch aussagekräftiger. Sicherlich hat auch der Corona-Lockdown dazu beigetragen, dass immer mehr Menschen ihr Interesse für die Natur vor der eigenen Haustür entdecken. Aber den Vögeln hilft es in jedem Fall, wenn sich immer mehr Menschen engagieren.“

Nicht zugenommen haben dagegen die Vogelzahlen, die dem Nabu aus 164.000 Gärten gemeldet wurden – im Gegenteil. „Die Gesamtzahl von 34,5 Vögeln pro Garten bedeutet den zweitniedrigsten Wert seit Beginn der Aktion im Jahr 2011, das sind zwölf Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt“, so Nabu-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. „Nur im Januar 2017 waren die Zahlen noch etwas niedriger. Auch damals fehlten besonders die typischen Futterplatzbesucher, nämlich sämtliche Meisenarten, Kleiber, Gimpel und Kernbeißer – alles Arten, deren Winterbestände auf den Zuzug von Artgenossen aus dem Norden angewiesen sind. Dieser ist im bis kurz vor der Zählung europaweit sehr milden Winter wohl teilweise ausgeblieben.“

Standvogelarten erreichen Rekordwerte

Rekordwerte erreichten dagegen Standvogelarten wie Haussperling und Stadttaube sowie Arten, die grundsätzlich mildere Winter bevorzugen – wie beispielsweise das Rotkehlchen und die Ringeltaube. Lachmann: „Seit 2011 nehmen die Winterbestände von Vogelarten, die auf Zuzug aus dem Norden und Osten angewiesen sind, ab. Im Winter standorttreue Arten und solche, die teilweise aus unserer Region nach Süden ziehen, zeigen dagegen stabile oder gar wachsende Winterbestände.“

Dies sei Ausdruck einer Entwicklung, die mit einigen harten Wintern begann und zuletzt eine lange Reihe milder Winter aufwies. Daraus lässt sich folgern: Je milder die kalte Jahreszeit, desto geringer die Neigung der Vögel, in wärmere Regionen im Süden und Westen auszuweichen.

Naturschützer sorgen sich um den Grünfink

Ein besorgniserregend schwaches Ergebnis, das nicht mit den Witterungsbedingungen erklärt werden kann, liefert der Grünfink. Sein Abwärtstrend setzt sich leider unverändert fort. Diesmal wurden nur noch 0,9 Grünfinken pro Garten gemeldet. Damit gibt es mittlerweile nur noch ein Viertel der Grünlinge, die 2011 noch die Gärten bevölkerten. Als Ursache gelten vor allem Infektionen mit Trichomonaden an sommerlichen Futterstellen.

Die fünf am häufigsten gemeldeten Arten waren der Haussperling (mit 6,87 Vögeln pro Garten), die Kohlmeise, der Feldsperling, die Blaumeise und die Amsel. Im Vergleich zum Vorjahr haben nur Feldsperling und Blaumeise die Plätze getauscht.

Nächste Vogelzählung findet vom 13. bis 16. Mai statt

Erfreulich: Die Amsel erholt sich – wenn auch nur langsam – von ihren Tiefstwerten nach der schweren Usutu-Epidemie des Sommers 2018. Besonders niedrig waren dagegen die gemeldeten Zahlen der Blaumeise, wobei unklar bleibt, ob fehlender Zuzug aus dem Norden oder die Folgen einer Bakterien-Epidemie im vergangenen Frühjahr die Hauptursache dafür sind.

Die nächste bundesweite Vogelzählung findet anlässlich der „Stunde der Gartenvögel“ vom 13. bis 16. Mai statt. Und noch bis zum 19. März läuft die Wahl des Vogels des Jahres. Zehn Kandidaten sind vorab in einer öffentlichen Online-Wahl bestimmt worden, nun kann jeder seinen Favoriten wählen.