Wenn es in Deutschland überhaupt einen Ort gibt, der als Stadt der Zukunft gelten kann, dann ist es Norderstedt.
Norderstedt. Welcher Ort im Hamburger Umland ist am attraktivsten für umzugswillige Großstädter? Diese Frage klärte das F+B-Forschungsinstitut im Auftrag eines Hamburger Nachrichtenmagazins. Mit dem Ergebnis: Norderstedt. Weil nämlich dort alle Haushalte ans ultraschnelle Glasfaser-Datennetz angeschlossen sind. Was wiederum der Tatsache zu verdanken ist, dass die Norderstedter, diese Füchse, diesen Netzausbau schon Ende der Neunziger geplant und beschlossen hatten – zu einer Zeit also, in der man andernorts noch Bakelit-Wählscheibentelefone mit handverlöteten Hängeleitungen für die Krönung neuzeitlicher Kommunikationsmittel hielt. Während man mittlerweile derart museales Equipment nur noch in Gesundheitsämtern und Polizeibehörden vorfindet, surft man in Norderstedt heutzutage mit Datengeschwindigkeiten von 1000 Megabit pro Sekunde durchs weltweite Netz. Und deshalb will man hier wohnen. Nicht wegen der Stadt an sich, wegen dem Umfeld, der Kultur oder netter Menschen.
„Die Leute“, erklärt Manfred Neuhöfer vom F+B-Forschungsinstitut, „fragen nicht mehr nach der Anzahl der Kitas oder Einkaufsmöglichkeiten, sondern wie viel Gigabit sie im neuen Zuhause bekommen.“ Bedeutet: viel Gigabit, dazu günstigere Miete – auf nach Norderstedt. Die Pandemie befeuert diese Entwicklung ungemein. Denn mehr Homeoffice bedeutet mehr Datenfluss und mehr Platzbedarf daheim. Kitas? Braucht keiner mehr, die Kiddies sitzen eh zu Hause vorm Laptop. Erst ein bisschen E-Learning und dann zocken bis zum Sandmännchen – falls es das auf Netflix überhaupt noch gibt, keine Ahnung. Einkaufsmöglichkeiten? Wer braucht die noch? Die Onlinebestellungen rauschen so schnell durch die perfekte Norderstedter Leitung, dass die Lieferanten kaum nachkommen. Die leeren Läden und Kitas bauen wir zu Wohnungen um, weil ja sicher noch mehr Leute herziehen wollen. Wir lassen bei Um- und Neubauten gleich alle Fenster weg. Ist günstiger im Preis und Sonne auf dem Monitor nervt sowieso nur. Und anstelle der Haustüren installieren wir Laderampen für den täglichen Lieferverkehr.
Übertrieben? Kaum, schätze ich. Corona lässt uns nicht bloß Abstand halten, Maske tragen, möglicherweise erkranken und im schlimmsten Falle sterben. Corona baut unsere Städte um, unsere Gesellschaft und unser Leben. Vieles davon werden wir erst 2021 so richtig registrieren. Und dann erbitte ich die Gelassenheit, mit der mich derzeit die diversen 101-Uralten angesichts ihrer Erstimpfung beeindrucken. „So weit gekommen – das schaffe ich auch noch“, steht ihnen ins Gesicht geschrieben, wenn sie gelassen ihren Arm hinhalten.
Diese Haltung und die Impfung – genau das wünsche ich Ihnen fürs neue Jahr.