Norderstedt. Oberbürgermeisterin, Landrat und die Landtagsabgeordnete Rathje-Hoffmann fordern Kiel auf, doch noch ein Impfzentrum in Norderstedt zu genehmigen.

Mit Unverständnis und zum Teil deutlicher Kritik reagieren Politik, Verwaltung, aber auch die Bürgerinnen und Bürger von Norderstedt auf die Entscheidung der Landesregierung, wonach in der Stadt kein Impfzentrum aufgebaut werden soll. Stattdessen befinden sich die beiden für den Kreis Segeberg geplanten Standorte in Kaltenkirchen und Wahlstedt.

Für Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD) ist das nicht nachvollziehbar. „Seitdem das Land am Dienstagnachmittag die Standortentscheidungen bekanntgegeben hat, erreichen uns fortlaufend Anrufe, E-Mails und andere Nachrichten von Menschen aus Norderstedt, die nicht verstehen können, dass keines der Impfzentren in die fünftgrößte Stadt des Landes kommen soll. Und ich persönlich kann dieses Unverständnis sehr gut nachvollziehen.“ Sie hat in einem persönlichen Schreiben Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) dazu aufgerufen, die Entscheidung zu überdenken. Laut Roeder habe die Stadt verschiedene Standorte und Immobilien geprüft. „Land und Kreis haben immer wieder betont, dass gerade die ÖPNV-Anbindung ein wichtiges Kriterium sei.“ Diese sei bei der „TriBühne“, die von der Stadt als möglicher Ort für ein Impfzentrum benannt wurde, in hervorragender Form gegeben. Das städtische Veranstaltungszentrum ist sowohl mit der U 1 als auch mit der AKN und per Auto gut zu erreichen.

Für Peter Holle (CDU) ist es „fast schon ein Skandal“

Dass Norderstedt kein Impfzentrum bekommt, das sei auch dem „Zeitfaktor“ geschuldet, wie Kreissprecherin Sabrina Müller mitteilte. „Die Suche nach geeigneten Standorten für die Impfzentren in kurzer Zeit war für alle Beteiligten ein neuer und daher auch sehr dynamischer Prozess.“ Die Rahmenbedingungen, die das Land vorgegeben hatte, hätten sich fast täglich geändert, so Müller weiter. „Täglich gab es neue Informationen, sodass der Kreis ständig Anpassungen am Konzept vornehmen musste. Ausschlaggebend für die Entscheidung war hier unter anderem auch der Zeitfaktor.“

Das Land hat in weiteren Planungen festgestellt, dass nur zwei statt der zunächst drei angedachten Impfzentren im Kreis ausreichen würden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Immobilien in Wahlstedt und Kaltenkirchen bereits gesetzt. „Letztlich hat das Land entschieden, dass es bei den zwei Impfzentren bleibt und es in Norderstedt aufgrund der Nähe zu Kaltenkirchen, zu Hamburg und auch zum Kreis Pinneberg kein Impfzentrum geben wird“, so Müller. Jeder Einwohner aus dem Kreis Segeberg kann sich in jedem Impfzentrum in Schleswig-Holstein sowie in Hamburg impfen lassen. Mit der U-Bahn braucht der Norderstedter von der Stadtmitte aus allerdings gute 40 Minuten bis zu den Messehallen, Hamburgs einzigem Impfzentrum. Im Kreis Pinneberg wird in Elmshorn (eine Stunde mit U-Bahn und AKN) und Prisdorf (eine Stunde mit Bus und Regionalbahn) geimpft.

Die Stadtpolitik hatte bereits am Montagabend im Hauptausschuss von der Entscheidung erfahren. Peter Holle (CDU), Vorsitzender des Gremiums, sagt, es sei „fast schon ein Skandal“. Man habe sich auf die ursprüngliche Aussage verlassen, wonach es pro 70.000 Einwohner ein Zentrum geben werde. Nun gilt: ein Standort pro 100.000. „Auch wenn es schade ist, müssen wir das akzeptieren“, sagt Marc Muckelberg von den Grünen, die übrigens die Moorbekhalle vorgeschlagen hatten. Nicolai Steinhau-Kühl (SPD) wird deutlicher. „Norderstedt spielt in der Wahrnehmung von Kiel keine Rolle, wir sind am Rande Schleswig-Holsteins und weit weg.“ Für Christian Waldheim (AfD) sei es zumindest „jedem zumutbar, 20 Kilometer nach Kaltenkirchen zu fahren.“ Reimer Rathje von der WiN sagt: „Wir haben vielleicht keine Persönlichkeiten, die Verbindungen haben nach Kiel.“ Was er andeutet: Wäre Hans-Joachim Grote noch Innenminister, hätte die Stadt „ihr“ Zentrum bekommen. Und Miro Berbig (Linke) meint, „in Anbetracht der Tatsache, dass wir keine Spielzeit für Musik und Theater haben“, wäre die „TriBühne“ geeignet gewesen.

Gewerbehalle in Kaltenkirchen wird zum Impfzentrum

Die Landtagsabgeordnete Katja Rathje-Hoffmann (CDU), zu deren Wahlkreis Norderstedt gehört und die nach eigenem Bekunden „entsetzt“ ist, kündigte an, sich gemeinsam mit der Oberbürgermeisterin und dem Segeberger Landrat Jan Peter Schröder für ein Impfzentrum einzusetzen. „Es besteht Hoffnung, dass Norderstedt nachgemeldet werden darf. Die Zentren müssen dahin, wo die Menschen wohnen. Nichts gegen Kaltenkirchen und Wahlstedt, aber in Norderstedt wohnt ein Drittel der Bevölkerung im Kreis. Im Ballungsraum mit Tangstedt sind das 90.000 Menschen.“

Indes hat der Kreis Segeberg den genauen Ort für das Impfzentrum in Kaltenkirchen bekanntgegeben. Die Stadt hatte „Lazos Eventcenter“ am Kisdorfer Weg als Standort vorgeschlagen, doch der Kreis entschied sich dagegen und wählte die Gewerbehalle an der Borsigstraße 1 aus. Davon erfuhr die Stadtverwaltung erst am Mittwochnachmittag. Die Halle wurde auf Immobilienportalen zur Vermietung angeboten.

In Wahlstedt wird die Einfeld-Tennishalle in der Nordlandstraße zum Impfzentrum umfunktioniert. Da der TC Rot-Weiss Wahlstedt über weitere Hallenplätze verfügt, wird der Spielbetrieb nicht beeinflusst.