Kreis Segeberg. Die Geflügelpest grassiert in Schleswig-Holstein: Im Kreis sind über 1500 Geflügelzüchter und -halter betroffen.
An der Götzberger Straße in Henstedt-Ulzburg sind die freilaufenden Hühner längst eine kleine Attraktion geworden. In zwei mobilen Ställen hält Frauke Gülk etwa 500 Hühner, deren Eier begehrt sind, weil die Hennen auf einem großen Areal frei herumlaufen können. Von 10 Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang können sie nach Herzenslust picken, scharren und glücklich sein. In diesen Tagen aber sind keine Hühner zu sehen: Sie müssen im Stall bleiben, weil die Geflügelpest ausgebrochen ist.
Im Kreis Segeberg sind nach Angaben des Kreises Segeberg 1543 Geflügelhaltungen mit etwa 1.072.000 Stück Geflügel registriert. Es könnten allerdings auch mehr sein: Das Veterinäramt geht davon, dass es vermutlich weitere Geflügelhaltungen gibt, die nicht bekannt sind. Eine Meldepflicht gibt es bereits ab der Haltung eines einzigen Huhns. Sie alle dürfen nicht mehr frei herumpicken: Nach einem Erlass des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministeriums gilt im ganzen Land die Stallpflicht. Nach aktuellen Untersuchungsergebnissen sind vor allem Wildenten und -gänse betroffen. Daneben liegen auch wieder Nachweise bei Greifvögeln, aktuell bei einem Sperber, einem Seeadler, einem Uhu sowie zwei Mäusebussarden vor.
Erste Fälle im Kreis Segeberg in Heidmühlen
Nach aktuellen Zahlen des schleswig-holsteinischen Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz wurden entlang der Westküste knapp 6000 verendete Wildvögel gezählt. Aber auch in anderen Landkreisen und Gemeinden im Landesinneren habe die Geflügelpest bei Wildtieren nachgewiesen werden können.
Im Kreis Segeberg sind erste Fälle in Heidmühlen bekannt geworden: Ein aufmerksamer Tierhalter hatte sich an den amtstierärztlichen Rufbereitschaftsdienst gewandt, da innerhalb von drei Tagen mehr als 30 Prozent seiner Hühner verendet sind. Zuvor war eine Wildente im Gehege gelandet und gestorben.
Für wie lange die Federvieh-Stallpflicht gilt, kann zurzeit niemand sagen. Frauke Gülk, die in ihren mobilen Hühnerställen pro Tag etwa 400 Eier einsammelt und auf dem gemeinsam mit ihrem Mann bewirtschafteten Bauernhof verkauft, geht von einer längeren Zeit aus: Vier Monate, so schätzt sie, könnte die Quarantäne andauern. Für Hühner bedeutet das: Sie müssen im Stall bleiben. Um ihnen wenigstens etwas Auslauf bieten zu können, hat sie hinter den Ställen längliche Zelte aufgestellt, in denen die Tiere picken können. Den kleinen Zeltauslauf können die Hühner von den beiden Ställen aus selbst erreichen und bei Bedarf wieder in die Ställe zurückschlüpfen – zum Fressen oder zum Eierlegen.
Auch in Norderstedt leben Tiere in mobilen Hühnerställen
Der Norderstedter Landwirt Michael Drube hält in zwei mobilen Hühnerställen 760 Hühner, die pro Tag etwa 600 Eier legen. Einen Auslauf haben die Tiere nicht, sie können die Enge des Stalls aber verlassen und im abgesperrten Bereich unter dem Stallwagen picken. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Tiere in den nächsten Wochen wieder auf das Freiland dürfen“, sagt der Landwirt. Aggressivität unter den Tieren haben bisher weder er noch Frauke Gülk in Götzberg festgestellt. Bisher sind sie entspannt und reagieren auch nicht aufgeregt, wenn der Stall von Menschen betreten wird. „Die Ruhe ist erstaunlich,“ sagt Michal Drube. „Ob das aber auch nach Wochen noch so bleibt, müssen wir sehen.“
Menschen müssen angesichts der Geflügelpest, die landläufig auch als Vogelgrippe bekannt ist, keine Angst vor Ansteckungen haben: Das Friedrich-Loeffler-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, bestätigt in seiner aktuellen Risikobewertung, dass es derzeit keine Hinweise auf ein zoonotisches Potenzial gibt. Die Krankheit könne also nicht auf den Menschen übertragen werden können.
Trotzdem ist Vorsicht geboten: Halter von Katzen und Hunden, deren Tiere regelmäßig Kontakt zu Nutzgeflügelbeständen haben könnten, werden vom Veterinäramt des Kreises Segeberg darauf hingewiesen, dass durch ihre Tiere, ebenso wie durch Menschen, die Kontakt zu Wildvögeln und anschließend zu Nutzgeflügel haben, das Virus der Geflügelpest übertragen werden könnte. Das Veterinäramt rät dringend, solche Kontakte zu unterbinden, um eine Ausbreitung der Geflügelpest auf diesem Weg zu verhindern.