Tangstedt. Um die Krise zu überstehen, hat Sascha Basler das „Don Basili“ zur Manufaktur umgebaut. Supermärkte verkaufen seine Produkte.
Im März hat sich Sascha Basler zwei Tage lang in seinem Haus verkrochen, sich vors Kaminfeuer gesetzt und seine Verzweiflung in einer Flasche Havana Club ertränkt. Das Darlehen für sein italienisches Restaurant Don Basili in Tangstedt ist noch nicht mal abbezahlt gewesen, da musste der 52-Jährige seinen Laden auf unbestimmte Zeit dichtmachen. Lockdown. Nichts ging mehr. Das Leben in Deutschland stand still.
Als Basler den ersten Schock verdaut hatte, wagte er sich zum Einkaufen in den Supermarkt um die Ecke. Fassungslos blieb er vor der Tiefkühltruhe stehen. Was er sah, war: Leere. Wo sich sonst Pizzakartons stapelten, war plötzlich nichts mehr drin. Alles weggehamstert.
Tangstedter Gastronom: "Aufstehen und Krönchen richten"
In derselben Nacht lag der Gastronom wach, drehte sich im Bett und dachte über dieses Erlebnis nach. Es ließ ihm einfach keine Ruhe. Und dann kam ihm eine Idee. „Pizza können wir auch backen – sogar besser“, sprach er sich Mut zu. Am darauffolgenden Morgen begann Basler, in der Küche mit Zutaten zu experimentieren. „Aufstehen und Krönchen richten“, wie der gebürtige Münsteraner es nennt.
Gute drei Wochen dauerte es, bis er den perfekten Teig für seine Tiefkühlpizza kreiert hatte. Im Gegensatz zu den Pizzen, die er in seinem Restaurant am Dorfring angeboten hat, sind die tiefgekühlten Produkte nur halbgebacken. Sie müssen auch noch lecker schmecken, wenn der Konsument sie zu Hause ein zweites Mal in den Backofen schiebt. Mit Tiefkühlpizza durch die Krise – so lautete von da an Baslers Devise.
Edeka bestellte gleich 200 der Pizzen
Zunächst hat der Restaurantbesitzer die Pizzen nur sonntags im Don Basili verkauft. Weil sie so gut ankamen, fragte Basler beim benachbarten Edeka-Markt in Tangstedt an, ob sie seine Tiefkühlpizzen ins Sortiment aufnehmen würden. An diesem Ort hatte er auch die leeren Truhen zum ersten Mal gesehen.
„Wir waren ganz mutig. Edeka wollte gleich 200 Stück haben“, erzählt Basler heute. Fast eine ganze Woche hat die Produktion gedauert. „Ich weiß noch, als ich sie ausgeliefert habe, dachte ich: Wer soll diese ganzen Pizzen bloß kaufen?“ Nach einer Stunde bekam Sascha Basler einen Anruf von der Filialleiterin: Die Tiefkühltruhe sei leer und alle Kartons vergriffen. Ob er Nachschub liefern könne.
Produktion von 200 Tiefkühlpizzen pro Tag
Inzwischen stellt Basler mit einem dreiköpfigen Team 200 Tiefkühlpizzen am Tag her. Sieben verschiedene Sorten bietet er an – von der klassischen Margherita bis zur Speziale, belegt mit einem Mix aus Kochschinken, Salami und Champignons.
„Wir verwenden nur italienische Zutaten bester Qualität“, verspricht der Koch, während er einen Bissen seiner eigenen Kreation probiert. „Schön knusprig“, murmelt er und zeigt auf den Pizzaboden: „Der ist schön aufgegangen.“ Eine regelmäßige Qualitätskontrolle gehört quasi zum Job dazu.
7,90 Euro kostet die Don-Basili-Tiefkühlpizza
Drei Tage lang ruht Baslers Pizzateig. „Das will sich die Industrie nicht leisten. Sie lässt den Teig höchstens vier Stunden ruhen“, sagt er. Wegen der hohen Produktionskosten beträgt der Preis für seine Pizza stolze 7,90 Euro.
„Das ist die teuerste am Markt“, weiß der Tangstedter, der seit zehn Jahren in der Gemeinde lebt. „Gleichzeitig ist sie aber wesentlich günstiger als vom Bringservice oder im Restaurant.“ Basler setzt darauf, dass die Leute bereit sind, mehr Geld für ein hochklassigeres Produkt auszugeben.
Fünf Supermärkte in Schleswig-Holstein bieten „Dons“ Produkte bereits an. Dazu gehören die Edeka-Märkte in Sülfeld und Tangstedt sowie Famila in Kaltenkirchen, Quickborn und Norderstedt. Auch die Markthalle „Hobenköök“ in der HafenCity verkauft die Pizzen. Ganz frisch dabei sind ab nächster Woche vier weitere Edeka-Märkte in Hamburg. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Pizzen so gut ankommen.“
Gastronom investierte in Schockfroster und Verpackungsmaschine
Sein Restaurant hat Basler komplett zur Manufaktur umgebaut. Für 40.000 Euro hat er sich Schockfroster, Verpackungsmaschine und weitere Geräte angeschafft. Seine gesamten Reserven hat der Unternehmer in seine Idee investiert. „Ich habe alles auf eine Karte gesetzt“, sagt er.
Und bis jetzt goldrichtig damit gelegen. Während des zweiten Lockdowns steigen die Umsatzzahlen massiv. „Wenn wir diese Entscheidung im März nicht getroffen hätten, würde es uns heute nicht mehr geben.“
Und das macht Basler demütig. Er ist dankbar dafür, dass seine Perspektive nicht so düster aussieht wie die einiger anderer Gastronomen. Das hänge aber auch damit zusammen, dass er nur einen kleinen Laden führe, sagt der Wirt. „Ein Ruderboot bekommt man schneller herumgerissen als einen großen Dampfer. Wer eine Pacht von monatlich 10.000 Euro zahlen muss und 30 Angestellte hat, kann nicht mal eben sagen, er verkauft jetzt Tomatensoße in Gläsern.“
Arbeitspensum von 17 Stunden hat Basler täglich
Ob Basler jemals wieder Gäste im Don Basili empfangen wird, weiß er nicht. Eventuell will er den Außenbereich im kommenden Sommer wieder für einige Wochen öffnen. Drinnen dürften laut Hygienevorschriften nur sieben Gäste sitzen. Das lohnt sich nicht.
Ein Arbeitspensum von 17 Stunden hat Basler täglich vor sich. Nicht nur Pizza backt er – er berät auch andere Restaurants und Firmen, wie sie einen Weg aus der Krise finden können. Kreative Lösungen zeichneten den Tausendsassa schon immer aus.
Gastronom entdeckte Rockband Rammstein
Ursprünglich kommt Sascha Basler nämlich aus der Künstlerbranche: Fast zwei Jahrzehnte war er im Musikbusiness tätig, gilt als Entdecker von Rammstein, einer der erfolgreichsten Rockbands überhaupt.
Als Manager scoutete er Bands und Songs, arbeitete mit Künstlern wie Nina Hagen und Bellini zusammen. Als Ausgleich zu kräftezehrenden Arbeitstagen begann er mit dem Kochen. „Ich habe schon immer gern gegessen. Wenn andere ins Fitnessstudio gegangen sind, habe ich gekocht.“
Schließlich wechselte Basler die Seiten. 2007 eröffnete er seinen Feinschmecker-Imbiss „Curry Queen“ in Eppendorf, wurde als erster Wurstgrill weltweit vom einflussreichen Restaurantführer „Gault-Millau“ ausgezeichnet.
Dann kochte er als Tour-Caterer für die Band Gregorian und die britische Sopranistin Sarah Brightman. Seit zwei Jahren ist das Don Basili sein Lebensmittelpunkt. Und die Musik sein Ausgleich. „Tiefkühlpizzen machen mich nicht reich“, betont Basler. Aber sie bringen ihn gut durch die Krise. Und das zählt gerade.