Norderstedt. Türkisch-Islamische Gemeinde baut in Garstedt einen Sakralbau – „Symbol für Toleranz und Vielfalt“. Grundstein gelegt.

Es ist alles andere als einfach, in dieser Zeit eine Moschee in Deutschland zu bauen. Mehr als zehn Jahre redet die Türkisch-Islamische Gemeinde Norderstedt vom Bau eines zeitgemäßen, würdigen Sakralbaus für ihre Gläubigen.

Garstedt: Muslime beteten in ehemaliger Kneipe

Aber auf dem Grundstück In der Tarpen 122, dort wo die Moschee entstehen soll und wo die Muslime seit 1990 in einer zuletzt baufälligen ehemaligen Kneipe beteten, geschah viele Jahre nichts.

Doch jetzt ist das alte Gebetshaus weg, und in einer tiefen Baugrube liegen auf einer nahezu quadratischen Fläche von exakt 998,5 Quadratmetern mehr als 80 Tonnen Bewehrungsstahl verteilt, über den demnächst 400 Kubikmeter Beton gegossen werden.

„Das wird das Fundament unserer neuen Eyup Sultan Moschee“, sagt Selçuk Ünyilmaz. Der Architekt aus Hamburg ist der Kopf hinter der Planung.

Der Montag ist für ihn und die Norderstedter Muslime um den Gemeindevorstand Kemal Özer ein großer Tag: Grundsteinlegung. Endlich nimmt Formen an, was für die vielen türkischstämmigen Norderstedter Muslime seit Jahrzehnten ein Traum ist. Angeblich 4 Millionen Euro will die Gemeinde an Spenden auftreiben, um die Moschee mit 1850 Quadratmetern Nutzfläche entstehen zu lasen.

Minarette mit integrierten Windkraftanlagen

Der Entwurf von Selçuk Ünyilmaz ist modern und sucht seinesgleichen in Deutschland: Die Moschee wird ein Kubus, durchzogen in seinem Dach von einer Träne aus Glas. Da wird viel ornamentiertes Glas sein, versehen mit den Worten Friede, Reue und Glaube in deutscher, englischer und arabischer Sprache, eine Kuppel zum Himmel, unter der 200 Menschen gleichzeitig beten können und zwei 21 Meter hohe Minarette mit integrierten Windkraftanlagen.

Transparent und technisch innovativ: Der Entwurf der Norderstedter Eyup Sultan Moschee. Bis 2023 könnte der Sakralbau stehen.
Transparent und technisch innovativ: Der Entwurf der Norderstedter Eyup Sultan Moschee. Bis 2023 könnte der Sakralbau stehen. © HA | AGP

Dazu kommen Nebengebäude mit einer Imam-Wohnung, Schulungs- und Projekträume für die Jugend und den Frauenrat, ein Supermarkt und – als Begegnungsort für alle Norderstedter – die Cafeteria einer Kaffeehaus-Kette.

Kemal Özer spricht am Montag von der Moschee als einem Symbol für Toleranz und Vielfalt in Norderstedt. „Viele von uns Türken wurden vor 50 Jahren nach Deutschland und auch in diese Stadt eingeladen. Nun dürfen wir unsere Moschee hier bauen, und Norderstedt heißt uns erneut willkommen.“

Sedat Simsek, Vorstandsvorsitzender des Moscheeverbandes Ditib Hamburg und Schleswig-Holstein, zu dem die Norderstedter Gemeinde gehört, sieht in dem Neubau einen „Grundstein für das Angekommensein“ eingewanderter Türken in der deutschen Gesellschaft. Wobei Yonca Sunel, die Generalkonsulin der Türkei aus Hamburg, betont, die Moschee sei ein Ort, an der die Religion, aber auch die türkische Kultur und Sprache nicht vergessen würden.

Wunsch nach Toleranz und Akzeptanz

Norderstedts Erste Stadträtin Anette Reinders spricht von der wachsenden Stadt Norderstedt, die auch durch den Zuzug der Menschen aus aller Welt zu dem geworden ist, was sie heute ist: Eine vielfältige und offene Kommune. „Wir haben in den vergangenen 50 Jahren unserer Stadtgeschichte einige Kirchen gebaut – aber noch keine Moschee“, sagte Reinders. „Aber die Muslime sind gekommen, um zu bleiben. Und ich kenne viele von Ihnen, die aktiv bei der Gestaltung des Zusammenlebens in Norderstedt sind.“

Gerd Faber, ehemaliger Besitzer des Grundstücks In de Tarpen 122, und Architekt Selçuk Ünyilmaz.
Gerd Faber, ehemaliger Besitzer des Grundstücks In de Tarpen 122, und Architekt Selçuk Ünyilmaz. © Andreas Burgmayer | Andreas Burgmayer

Die Mitglieder der Eyub Sultan Moschee betonen in Gesprächen immer, dass sie Norderstedter muslimischen Glaubens seien, die endlich ein würdiges Gotteshaus haben wollen, die zwar im Ditib Nord organisiert sind, aber deswegen noch lange keine Kohorte der türkischen Religionsbehörde Diyanet seien. Man stehe für Offenheit, lehne jeglichen Radikalismus ab und wünsche sich Toleranz und Akzeptanz.

Muslimische Gemeinde erfuhr Kritik und Ablehnung

Doch Kritik und Ablehnung begleitet die Gemeinde in all den Jahren, in denen sie ihre Moschee plant. „Baufirmen für den Rohbau sind abgesprungen, weil sie keine Moschee bauen wollen oder weil sie von Mitarbeitern oder den Gemeinden, aus denen sie stammen, so viel Druck bekommen haben“, sagt Architekt Ünyilmaz.

Doch schließlich habe man Firmen aus Norderstedt und Hamburg gefunden, die sogar die Lohnkosten deckeln und die Baustoffe zu Einkaufspreisen weitergeben. „Sie wollen an dem Bau nicht verdienen, für sie ist es eine Ehre, dabei zu sein. Das ist motivierend für uns, und so können wir es auch schaffen, den Kostenrahmen von 4 Millionen Euro zu halten. Wenn alles gut laufe und die Spenden weiter fließen, rechnet Ünyilmaz mit der Fertigstellung bis 2023.

Aus Geschäftspartnern wurden Freunde

Wie tief die Türkisch-Islamische Gemeinde in der Stadt verwurzelt ist, zeigt auch der Besuch des Garstedters Gerd Faber bei der Grundsteinlegung. Er war es, der einst dem Gemeindevorstand Mikail Akkol das Grundstück samt der Bebauung verkauft hatte.

„Früher war das die Tarpenkate, eine traditionelle Kneipe, da habe ich als junger Kerl noch ausgeholfen.“ Über den Verkauf sind Gerd Faber und Mikail Akkol Freunde geworden – bis heute. „Wir trinken Tee und reden über die Türkei – ich selbst bin viel in das Land gereist und liebe es sehr.