Norderstedt. Werner und Tobias Schilling wollen am Hummelsbütteler Steindamm bis zu 300 Wohnungen bauen.
Sie sind so etwas wie die Bauerschließungs-Löwen von Norderstedt. Am Hummelsbütteler Steindamm planen Werner und Tobias Schilling auf einer 9,1 Hektar großen Fläche ihr siebtes Baugebiet in Norderstedt. 2008 hatten sie am Feldweg ganz im Norden der Stadt auf zwei Hektar Land ihr erstes Bauprojekt für 28 Einfamilienhäuser geplant und erschlossen. Nächstes Jahr sollen gleich drei Projekte am Richtweg, Glashütter Damm („Sieben Eichen“) und in der „Grünen Heyde“ zwischen Harckesheyde und Mühlenweg in Bau gehen, wo zusammen um die 2000 Wohneinheiten entstehen werden.
Soweit ist es am Hummelsbütteler Steindamm noch lange nicht, betonen Vater und Sohn Schilling. Gerade ist erst der Bebauungsplan von der Stadtvertretung aufgestellt worden für die ehemals landwirtschaftlich genutzte Fläche zwischen Hummelsbütteler Steindamm, Segeberger Chaussee, Fuchsmoorweg und Glashütter Kirchenweg. „M5“ heißt die Fläche im Flächennutzungsplan, weil hier ein Mischgebiet für Wohnen und Arbeiten realisiert werden soll. Es ist die letzte größere Freifläche für Wohnbebauung im gültigen F-Plan.
Zahlreiche Gutachten müssten noch erstellt, Behörden und andere Träger öffentlicher Belange gehört werden, sagen die Schillings. Etwa 800.000 Euro investierten sie dafür, bis der Erschließungsvertrag mit der Stadt abgeschlossen sei. Voraussichtlich im Frühjahr 2021 würden die Bürger und Anwohner beteiligt und könnten ihre Wünsche, Anregungen und Kritik äußern. Baureife werde wohl erst 2025 erreicht, glaubt Werner Schilling. Aber je nach Vorgabe und dem Willen der Stadt könnten hier zwischen 250 und 300 Wohnungen plus „leises Gewerbe“ entstehen.
Für das Solardorf gab es den Nachhaltigkeitspreis
„Wir wollen hier nicht den letzten Quadratmeter bebauen, sondern planen lieber offener, freier und grüner, damit die Akzeptanz in der Bevölkerung groß ist und die Menschen sich hier wohlfühlen“, sagt Tobias Schilling über die eigene Firmen-Philosophie des Projektentwicklers aus Leopoldshöhe in der Nähe von Bielefeld.
Und sie planen und erschließen ihre Baugebiete in Norderstedt auch gern umweltfreundlich, innovativ und nachhaltig. So wie damals vor acht Jahren das Baugebiet in der Müllerstraße, wo 28 Einfamilienhäuser jeweils mit einer 25 Hektar großen Fotovoltaikanlage auf dem Dach ausgerüstet wurden, in denen der eigene Solarstrom gleich zum Aufladen des Elektroautos in der Garage genutzt werden kann. „Für dieses Solardorf haben wir 2013 den ersten Nachhaltigkeitspreis vom damaligen Umweltminister Robert Habeck erhalten“, sagt Werner Schilling und fügt hinzu: „Der Verkauf lief super. Aber am Ende war es etwas holperig.“
So stellte sich heraus, dass der Solarstrom des einen Hauses nicht vom anderen genutzt werden durfte. Und auch für die planerisch mögliche Rückführung des Solarstromes vom aufgeladenen E-Fahrzeug in den Haushaltsstrom wäre eine EEG-Gebühr fällig geworden, erklärt Schilling. Diese Hindernisse und Unwägbarkeiten wurden dann mit den Stadtwerken ausgeräumt, in deren Netz auch der Solarstrom aus der Müllerstraße eingespeist wird. „Da mussten wir etwas Lehrgeld zahlen.
Wir waren etwa zehn Jahre zu früh mit unserer Planung.“ Aber all diese Erfahrungen kämen jetzt den aktuellen Projekten zugute. So werden am Glashütter Damm demnächst Einfamilien-, Reihen-, Doppel und Mehrfamilienhäuser in aufgelockerter Bebauung entstehen. Auf einen hohen Energiestandard und Lärmschutz haben die Stadtplaner dort Wert gelegt.
All das können sich Schillings auch am Hummelsbütteler Steindamm vorstellen
Ähnlich ist es an der „Grünen Heyde“ im Norden, wo die Stadt eine Art „dörfliches Stadtbild“ mit Kaffeehaus-Charakter schaffen möchte, wie Stadtsprecher Fabian Schindler sagt. Dazu gehörten ein gut ausgestattetes Fuß- und Radwegenetz sowie Nextbike- und Carsharing-Angebote, also Fahrrad- und Pkw-Ausleihstationen. Zudem soll es in den Wohnquartieren Dienstleistungsangebote für Friseure oder Fußpfleger sowie Treffpunkte für die Bewohner und Innenhöfe geben, die einen nachbarschaftlichen Charakter vermittelten, sagte Stadtplaner Mario Helterhoff bei der Vorstellung der Projekte im Rathaus.
All das können sich die Schillings auch am Hummelsbütteler Steindamm vorstellen. Die Politik hat ihnen im Juni schon mal den Auftrag mitgegeben, mehr Wohnraum als Gewerbeflächen zu schaffen. Die Hälfte der Wohnungen soll zudem öffentlich gefördert sein. Die Gewerbebetriebe dürfen nichts produzieren, was Krach macht, stinkt oder Emissionen erzeugt.
Sie sollten also am liebsten Büroflächen für Ärzte, Anwälte oder Steuerberater sein. Nachhaltige Baumaterialien wie Holz, Solarstromerzeugung, Energiespeicherung, E-Carsharing, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Wärmerückgewinnung, Regenwassernutzung und Wasserspeicherung sind sicherzustellen, heißt es in dem Ratsbeschluss dazu. Die abgestellten Fahrzeuge sollen möglichst in Tiefgaragen verschwinden. „Wir sind da völlig offen. Die Planungshoheit liegt bei der Stadt“, sagt Werner Schilling.
In Glashütte kostet der Quadratmeter 400 Euro
Aktuell plant seine Firma weitere Wohnbauprojekte in Rendsburg, Kellinghusen und Lüneburg. „Wir sind vor allem in Norddeutschland tätig.“ Insbesondere in Norderstedt, wo „die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung hervorragend“ sei, wie Werner Schilling sagt. Für das Solardorf in der Müllerstraße wurde der Erschließungsvertrag nicht einmal mehr notariell beglaubigt. So sehr vertrauten sich beide Seiten.
Aber die Baulandpreise verändern sich. Schilling rechnet damit, dass die künftigen Häuslebauer am Hummelsbütteler Steindamm wohl 400 Euro für den Quadratmeter des fertig erschlossenen Baulandes zahlen müssten. In der Feldstraße, vor zwölf Jahren, waren es noch 240 Euro je Quadratmeter. „Wer selber baut, spart sich die Grunderwerbssteuer für das Haus“, rät der Projektentwickler aus Bielefeld.